Sonntag, 15. Oktober 2023

Gliederung

1 EINLEITUNG 


2 GESELLSCHAFT UND IDENTITÄT 

2.1 INDIVIDUALISIERUNG ALS MAßGEBENDE GESELLSCHAFTLICHE TENDENZ 

2.1.1 Freisetzung... 5

2.1.2 ...und neue Abhängigkeit 11

2.2 FLEXIBLER KAPITALISMUS UND FLEXIBLE IDENTITÄT 16

2.3 DIE RESSOURCENPROBLEMATIK 18

2.4 GEFAHREN DER INDIVIDUALISIERUNG 22

2.5 ÄSTHETISIERUNG DES ALLTAGSLEBENS 27


3 INDIVIDUUM UND IDENTITÄTSBILDUNG ODER IDENTITÄT IST KOMMUNIKATION
35

3.1 BEGRIFFLICHE ABGRENZUNGEN VON IDENTITÄT 35

3.2 IDENTITÄT UND GESUNDHEIT 38

3.3 IDENTITÄTSBILDUNG GESCHIEHT IM DIALOG 39

3.3.1 Kollektive Identität 42

3.3.2 Identifizierung versus Abgrenzung 44

3.3.3 Identität ist situationsspezifisch 47

3.3.4 Narrative Identität 49

3.4 AKTIVE IDENTITÄTSARBEIT 50

3.4.1 Identität als Prozeß 50

3.4.2 Identitäts-Balance 52

3.4.3 Die Bastel-Mentalität 53

3.4.4 Authentizität als Meßlatte für den Erfolg 55

3.4.5 Interaktion und erfolgreiche Identitätsbildung 57

4 KONSUM IST KOMMUNIKATION ODER IDENTITÄTSBILDUNG ÜBER KONSUM 59

4.1 KONSUM UND KULTUR 59

4.2 DIE MARKE 63

4.2.1 Die Marke als Bedeutungs-Träger 63

4.2.2 Bedeutungszuweisung durch Werbung 68

4.2.3 Narrative Marken-Identität 74

4.2.4 Die wahrgenommene Marken-Identität 75

4.2.5 Markenwelt und Lebenswelt 77

4.3 DER KONSUMENT 83

4.3.1 Produkterlebnisse konstruieren narrative-Identität 83

4.3.2 Markenbindung 87

4.3.3 Soziale Verortung über Konsum 88

4.3.4 Marke- Identität und Interaktion 98

4.3.5 Konsumnormen und Selbstwahrnehmung 106

4.3.6 Konsum und Kontrollverlust 110

4.3.7 Kaufentscheidung und Risiko 112

4.3.8 Konsum als Spiel 119

5 RESÜMEE 123

6 LITERATURVERZEICHNIS 126

Donnerstag, 12. August 2010

Die Marke: ein identitätsbildender Faktor

Einleitung
Grundsätzlich ist das marktwirtschaftliche System das Gesellschaftssystem, das sich weltweit gesehen durchgesetzt hat. Den Erhalt des marktwirtschaftlichen Systems garantiert die Nachfrage nach Konsumgütern und umgekehrt. Konsum ist also demnach ein integraler Bestandteil unseres Lebens.
Aus soziologischer Sicht mag man einwenden, daß es sich hier um ein Wohlstandsproblem handelt und z.B. das Nicht-konsumieren-können aufgrund von Armut weit schwerwiegendere Folgen hat, als die in dieser Arbeit behandelte Problematik. Das ist politisch korrekt, soll aber hier nicht Thema sein.
Das Konsumverhalten unterliegt selbstverständlich einer Reihe von verschiedenen Einflußfaktoren. Hier will ich mich auf einen beschränken.
Die Frage dieser Arbeit ist, auf welche Art Konsumverhalten und, im Speziellen, die Verwendung von Marken zur Identitätsbildung beitragen kann. Denn daß der symdolische Gehalt von Marken, mit denen wir uns umgeben eine Quelle unserer Identitätsarbeit sein kann, dürfte unstreitig sein. "In postmodern consumer culture individuals are engaged in a constant task of negotiating meanings from lived and mediated experience as they endeavour to construct and maintain their identity. As part of the resources for this task they utilise the symbolic meanings of consumer goods and through an understanding of the dynamics of the process of identity construction, opportunities can be identified for brands to play an important role in the symbolic project of the self.“

Die Thematik könnte man soziologisch folgendermaßen umreißen:
Der multioptionale und flexible Mensch in der individualisierten Risikogesellschaft mit dem Wunsch nach Erlebnisqualität unterliegt der Fragmentierung seines lebensweltlichen Kontextes und bedarf daher bei der Identitätsbildung der Identifikation mit dem Waren-Image.
Er versucht sich und seiner Umwelt Bedeutung zu verleihen über den Symbolischen Gehalt, der Produkte zu Marken macht. "The most powerful organizing forces in modern life are the activities and associated interpersonal relationships that people undertake to give their lives meaning.“
In welcher Qualität können Marken also etwas zur Identitätsbildung beitragen? Braucht der Mensch sie sogar dringend dabei? Was sollte eine Marke diesbezüglich auszeichnen und wie können die Konsumenten sie verwenden? Diesen Fragen will ich in meiner Arbeit nachgehen.


I Teil:
Zuerst möchte ich die für die Identitätsbildung relevante gesellschaftliche Bedingungen beleuchten. Individualisierung, die Fragmentierung der Lebenswelt und die Flexibilisierung von Lebensläufen sind hier die Stichworte. In dieser Arbeit orientiere ich mich an Beck und Sennett.
Es ist für die behandelte Thematik sehr wichtig und von grundlegender Bedeutung, zu verstehen, welche gesellschaftlichen Grundbedingungen unsere Identitätsarbeit beeinflußen.
Weiterhin möchte ich auf die für die symbolische Nutzung von Konsumprodukten bzw. Marken einflußreiche Tendenz zur "Ästhetisierung des Alltagslebens" eingehen.

II Teil:
Die Problematik, die sich aufgrund der oben beschriebenen gesellschaftlichen Tendenzen für den einzelnen bei der Entwicklung seiner Identität ergibt, ist Anlaß für mich, näher auf die Bedingungen gelungener Identitätsbildung einzugehen.
Deswegen wird sich der zweite Teil mit den individuellen Bedingungen von Identität befassen.
Grundsätzlich kann man Gesellschaft nicht an den Bedürfnissen der Menschen vorbei-konstruieren. Deshalb kann ein ideologieresistenter Ansatz bezüglich Konsum und Werbung nur kritisch mit der Behauptung umgehen, eine drohende Ästhetisierung der Alltagswelt sei eine große Gefahr für unsere Kultur und für unser demokratisches Gemeinwesen. Ein moderner Ansatz kann hier nur bedeuten, die Erfordernisse einer funktionierenden Marktwirtschaft zu akzeptieren und trotzdem den Bedürfnissen der einzelnen Menschen gerecht zu werden. Es geht darum Kapital und soziale Anliegen zu versöhnen - zumindest theoretisch.
Die Bereitschaft zu akzeptieren, daß Menschen nicht grundsätzlich an der Kultur leiden in der sie leben, sondern es schaffen können die vorhandenen Risiken in Chancen zu verwandeln, ist ein grundlegender Gedanke dieser Arbeit. Dies gilt auch für das in diesem Teil behandelte Thema.
III Teil:
Im dritten Teil möchte ich zuerst darauf eingehen, welche Voraussetzungen die Marke erfüllen muß, um symbolischen Konsum zu ermöglichen. Darauf folgt dann ein Perspektivenwechsel. Welche Chancen und Risiken ergeben sich beim Einsatz von Konsum für die Identitätsbildung aus der Sicht des Konsumenten. Das Ziel ist Konsumkompetenz als Kulturbewältigungsstrategie theoretisch zu etablieren.

Gesellschaftliche Bedingungen von Identität

Individualisierung als maßgebende gesellschaftliche Tendenz

Freisetzung...

Man könnte sagen, daß wir Augenzeugen eines Gesellschaftswandels sind, in dessen Verlauf die Menschen aus den Sozialformen der industriellen Gesellschaft - Klasse, Schicht, Familie, Geschlechtslagen von Männern und Frauen - freigesetzt werden. Hieraus ergibt sich ein gesellschaftlicher Individualisierungsschub. Die Menschen werden aus dem traditionellen lebensweltlichen Kontext herausgelöst und müssen nun verstärkt eine individuellere Form der Lebens und Alltagsbewältigung finden. Denn traditionelle, vorgegebene Muster verschwinden oder erfüllen nicht mehr die Aufgabe. Das heißt, die klassenkulturell geprägten Muster von Gestern passen nicht mehr für die Anforderungen einer Gesellschaft von heute. Es entstehen der Tendenz nach individualisierte Existenzformen und Existenzlagen, die die Menschen dazu zwingen, sich selbst - um des eigenen materiellen Überlebens willen - zum Zentrum ihrer eigenen Lebensplanungen und Lebensführung zu machen. Individualisierung läuft in diesem Sinne auf die Aufhebung der lebensweltlichen Grundlagen eines Denkens in traditionellen Kategorien von Großgruppengesellschaften hinaus - also sozialen Klassen, Ständen oder Schichten.“
Die Aufhebung klarer Kategorien in die ich mich einordnen kann, bzw. automatisch eingeordnet werde sorgt dafür, daß die vormals als so selbstverständlich erlebte und gelebte Identität ein verhandelbarer Faktor und damit zunehmend unsicher wird. Reifen bedeutet im Zeitalter der Individualisierung nicht mehr, daß man sich im Laufe seiner Entwicklung vervollständigt, sondern lediglich verändert, bzw. bestenfalls erweitert. Diese Nicht-Linearität von Entwicklung zwingt den einzelnen seine Unvollständigkeit zu akzeptieren. Identität wird so zu einem lebensgeschichtlichen Projekt und bedarf der Arbeit. Identität ist nicht einfach da, sondern muß aktiv gestaltet werden und verlangt daher nach mehr Aufmerksamkeit und Sorge. Das starke Interesse an der eigenen Identität rührt dabei hauptsächlich aus unserer modernen, säkularisierten Gesellschaft her, in der die Persönlichkeit dem einzelnen nicht mehr über religiöse Kategorien oder andere übergreifende Normen vorgegeben wird.
Daß dies von den Menschen durchaus auch als Verlust empfunden wird, zeigt das Aufkommen von solchen sinn- und identitätsstiftenden sozialen Bewegungen wie der Esoterik und dem Fundamentalismus. (Wie hellsichtig diese Erkenntnis, weit vor nine-eleven! Anm.d.Red.) Hier wird versucht, die durch die Individualisierung gerissene Lücke wieder aufzufüllen. Der einzelne begibt sich in einen sozialen und symbolischen Kontext, der ihm dabei hilft sich sozial zu verorten und Identität zu gewinnen. Noch viel mehr spiegelt sich diese Problematik im Aufkommen der sozialen Netzwerke im Internet, wie Facebook, myspace, Lokalisten etc. etc.
Der ungeheure Erfolg dieser Plattformen zur Persönlichkeitspräsentation und sozialen Verortung im virtuellen Raum zeigt, wie stark das Bedürfnis der Menschen nach wahrgenommener Identität ist. Dafür sind die Nutzer bereit Privatheit für Aufmerksamkeit zu opfern. Jeder ist seiner Identitäts Schmied, stellt sein Produkt ins Schaufenster der Öffentlichkeit. Der Netizen wird zur Mini-Celibrity und buhlt um Aufmerksamkeit, Gefolgschaft, "Freunde". Die Anzahl der Gefolgsleute ist der Gradmesser der eigenen Bedeutung und damit statusrelevant. Aufmerksamkeit wird so zur neuen Währung. Eine knappe Ressource, die sich nach ökonomischen Prinzipien verteilt.
„Die milieuspezifische Differenzierung von Prestigekriterien, das Verblassen von Statuskriterien, der Bedeutungsrückgang sozialer Ungleichheit tragen ebenfalls dazu bei, daß die soziale Wahrnehmung der Gesellschaft nicht mehr über eine Semantik der Großgruppen (Bürgertum und Arbeiterschaft) läuft, sondern über eine Semantik der Subjektivität“
Letztlich verliert sogar die Leistungsgesellschaft ihre stratifikatorische Qualität. Denn das strukturbildende Kriterium ist mittlerweile nicht mehr Leistung, sondern die Fähigkeit Gefolgschaft zu erzeugen. Und wenn ich nur mit der Zunge in der Nase bohren kann; wenn es genügend Leute interessiert und ich entsprechend medial versiert bin, kann ich dieses Aufmerksamkeitskapital in gesellschaftlichen, bzw. finanziellen Erfolg ummünzen. Das Internet befördert die Tendenz zur Individualisierung der Kommunikation. Der Kommunikationswissenschaftler spricht dabei von informationeller Differenzierung. Die Fragmentierung des lebensweltlichen Kontext, die der Einzelne in seiner sozialen Sphäre erfährt, findet seine Entsprechung in der ihn umgebenden Medienlandschaft.
"Damit stellt sich die informationelle Differenzierung einer Gesellschaft als ein Kommunikationsproblem dar, das mit der Motivierung zur Kommunikation in einem Feld offener, nicht gesicherter Mechanismen der Auswahl von Kommunikationen und den zu ihr passenden, epistemisch wirksamen Hintergründen konfrontiert ist.Uns interessieren die Ausdifferenzierungen der  Formen am Beispiel des Informationsbereichs. Nachrichten werden auf zum Teil hochgradig personalisierten Onlineportalen veröffentlicht und dort ausgetauscht. Das führt zu veränderten Anforderungen an die bisher weitgehend von Journalisten geprägte Praxis der Nachrichtenverbreitung. Die Nachrichtenmeldungen finden sich als Text-Bild und Videoclips auf Onlineportalen von  Nutzern mit ganz unterschiedlichen Motivationen und lösen Folge Kommunikationen in Emails, Chats, Blogs und Foren aus. Der Charakter der Nachrichten verändert sich in diesen Kommunikationsformen hinsichtlich seiner pragmatischen Implikationen und damit verbunden möglicherweise auch in seinen semantischen Ansprüchen. Die Kommunikation wird so systematisch ausgeweitet und verliert zugleich ihre Sicherheit, sie wird Risiko-behaftet."
Das Verschwinden von klassen- und ständegeprägten Strukturen bedeutet aber nicht gleichzeitig das gänzliche Verschwinden von sozialer Ungleichheit. „Wir stehen - marxistisch gedacht - mehr und mehr dem (noch unbegriffenen) Phänomen eines Kapitalismus ohne Klassen gegenüber mit allen damit verbundenen Strukturen und Problemen sozialer Ungleichheit.“ Soziale Ungleichheit pendelt sich nur insgesamt auf einem höheren Niveau ein wird durch die sozialen Sicherungssysteme als nicht mehr so schmerzvoll wahrgenommen und durch Individualisierung und Diversifizierung werden die Grenzen zusätzlich verwischt. Doch die Individualisierung von Lebenssinn und die Demokratisierung von Lebenschancen sorgt für mehr Durchlässigkeit und das Verschwimmen von ehemals staren und undurchläßigen sozialen Grenzen. „Im Ergebnis gehen so die Ungleichheiten ein Stück weit unter in dem soziokulturellen Wandel der Lebensstile und Lebensformen und der in ihm enthaltenen Fluktuation von Maßstäben.“ Das Ich wird so als gestaltbarer erfahren, wandelbar und freigesetzt von vorgegebenen Mustern. Auf der anderen Seite droht die Dynamik des Wandels das Ich zu zerreißen und erfordert eine möglichst spannungsfreie Anpassung der Identität.
„In den enttraditionalisierten Lebensformen entsteht eine neue Unmittelbarkeit von Individuum und Gesellschaft, die Unmittelbarkeit von Krise und Krankheit in dem Sinne, daß gesellschaftliche Krisen als individuelle erscheinen und in ihrer Gesellschaftlichkeit nur noch sehr bedingt und vermittelt wahrgenommen werden können.“ In der Wahrnehmung des einzelnen ist die Gesellschaft so zerklüftet und die Zusammenhänge nur so schwer erkennbar, daß er persönlichen Mißerfolg nicht mehr als Folge systemimmanennter Schieflagen erkennen kann und sich selbst für sein Versagen verantwortlich macht. Die Risiken die die postmodernen Lebensverhältnisse für den einzelnen bereithaltenwerden als individuelle Risiken erkannt und müssen selbstverantwortlich bewältigt werden. Scheitern bedeutet hier immer gleich persönliches Scheitern. Dies gilt auch in puncto Konsumverhalten bei der Kaufentscheidung, denn das Risiko der Wahl birgt auch ein Risiko für die Identität. „The possibility of judgement depends intrinsically on the premise that people are responsible for their own selves. Actors have to be deemed to have chosen their self-images before they can be held to account for the end result.“
Sehr schematisch gesprochen: an die Stelle von Ständen treten nicht mehr soziale Klassen, an die Stelle sozialer Klassen tritt nicht mehr der stabile Bezugsrahmen der Familie. Der oder die einzelne selbst wird zur lebensweltlichen Reproduktionseinheit des Sozialen. Oder anders formuliert: die Individuen werden innerhalb und außerhalb der Familie zum Akteur ihrer marktvermittelten Existenzsicherung und der darauf bezogenen Biographieplanung und -organisation. Identität ist nicht mehr durch Geburt zugewiesen, sondern muß erst erarbeitet und erworben werden. Der einzelne ist hier gefordert die Mittel für seine Alltagsbewältigung selbständig zu wählen und einzusetzen. Er muß sich seine Ziele erarbeiten und entscheiden in welche Richtung seine Entwicklung laufen soll. Gerade in Punkto Identitätsbildung bedeutet dies erhöhte Anforderungen, die an den einzelnen gestellt werden. Wer bin ich und wo gehöre ich hin? Der einzelne hat die Möglichkeit und den Zwang seine Identität frei auszuwählen. Sie wird ihm nicht mehr automatisch bei seiner Geburt zugewiesen, sondern er muß aktiv seine Identität entwickeln. „Increasingly unanchored in tradition, religion, law etc., idenity can only emerge from choice.“ Natürlich handelt es sich hier um eine Tendenz, denn sicherlich haben die Lebensumstände in denen der einzelne aufwächst Einfluß auf dessen Möglichkeiten. Wenn jemand als Kind einer türkischen Familie in Neuperlach zur Welt kommt, die von der Sozialhilfe lebt und ein anderer Sproß einer reichen Unternehmers-Familie in Grünwald ist, dann werden sich ihnen unterschiedliche Optionen bieten. Bewußt oder unbewußt sind hier Beschränkungen vorhanden, die manche Entwicklungslinien von vornherein sehr unwahrscheinlich machen, weil sie erst gar nicht ins Blickfeld des einzelnen geraten.
Trotz aller Beteuerungen der Politik ist die vertikale Mobilität in Deutschland immer noch eingeschränkt.
Aus dem Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland 2008:
"Die Herkunft aus einer bestimmten sozialen Klassenlage hat trotz der Betonung von Chancengleichheit im Bildungswesen und der Hervorhebung des Leistungsgedankens in der Berufswelt nach wie vor einen starken Einfluss auf die spätere Klassenposition von Männern und Frauen in Deutschland. Viele Personen, die heute eine bestimmte Klassenposition innehaben, kommen aus Familien, in denen bereits der Vater die gleiche Klassenposition hatte."
Mehr Lebenszeit, mehr Freizeit, immer größerer Wohlstand, vorausgesetzt man hat einen Job: Die neuen Handlungsspielräume ergeben sich für den einzelnen vor allem in den Lebensbereichen außerhalb der Erwerbsarbeit. Gerade hier kommt es zu einem Freisetzungsschub. „Die neuen materiellen und zeitlichen Entfaltungsmöglichkeiten treffen zusammen mit den Verlockungen des Massenkonsums und lassen die Konturen traditionaler Lebensformen und Sozialmilieus verschwinden.“ Um in den Genuß der Segnungen der Konsumgesellschaft zu kommen, muß ich aber wie gesagt die nötigen materiellen Mittel zur Verfügung haben, sprich im Erwerbsleben stehen. Wie überhaupt die erfolgreiche Bewältigung des Alltags und damit auch eine erfolgreiche Lebensführung insgesamt entscheidend von dem Vorhandensein der nötigen Ressourcen abhängt. Siehe das Kapitel: „Die Ressourcenproblematik“(siehe Bourdieu: Ressourcen) Und hier deutet sich schon eine weitere Problematik an: Die fortschreitende Rationalisierung vernichtet Arbeitsplätze. Immer weniger Menschen haben also die Möglichkeit Identität über ihren Beruf zu gewinnen. DER SPIEGEL zitiert hier den französischen Sozialphilosophen André Gorz: „Das Kapital, nationalpolitischer Kontrolle enthoben, schaffe Arbeit im herkömmlichen Sinne schlicht ab, erklärt Gorz. Die gegenwärtige Arbeitslosigkeit sei da nur ein Vorgeschmack. Der Mensch als Globalwesen müsse seine Identität und Selbstachtung in Zukunft anderswoher beziehen (...)“
Der traditionell wichtigste Faktor in Bezug auf Identitätsbildung, der Beruf, verliert zunehmend an Bedeutung. Vermehrter Job-Wechsel und die geringer werdende Zeit, die man am Arbeitsplatz verbringt sorgen für eine Verschiebung des Standortes an dem identitätsbildende Interaktionen stattfinden. „Im Zuge der aufgezeigten Entwicklung verlieren Betrieb und Arbeitsplatz als Ort der Konflikt- und Identitätsbildung an Bedeutung, und es bildet sich ein neuer Ort der Entstehung sozialer Bindungen und Konflikte heraus: die Verfügung und Gestaltung der privaten Sozialbeziehungen, Lebens- und Arbeitsformen; entsprechend kommt es zur Ausprägung neuer sozialer Netzwerke, Identitäten und Bewegungen.“ Der Lebensschwerpunkt des einzelnen und damit auch die Einflußfaktoren bezüglich seiner Identität verlagern sich vom Arbeitsplatz und Betrieb hin zur aktiven Gestaltung und Erprobung neuer Lebensformen und Lebensstile. Die Freisetzungsprozesse der Individualisierung schaffen ein Experimentierfeld des Ichs.

„Diese durchaus ambivalente, über Kultur- und Freizeitindustrie forcierte Entfaltung der Privatsphäre ist nicht nur eine Ideologie, sondern ein realer Prozeß und eine reale Chance der Selbstgestaltung von Lebensbedingungen.“ Ambivalent deswegen, weil das nicht eingebettet-sein in eine vorgegebene Identitätsstruktur für den einzelnen eben auch zu einer Belastung werden kann. Es wird zu einem selbstgestalteten Projekt das auch Scheitern kann. Selbstbefreiung und in die Pflicht-Nahme sind zwei Seiten einer Medaille. Das bedeutet: „In der individualisierten Gesellschaft muß der einzelne entsprechend bei Strafe seiner permanenten Benachteiligung lernen, sich selbst als Handlungszentrum, als Planungsbüro in bezug auf seinen eigenen Lebenslauf, seine Fähigkeiten, Orientierungen, Partnerschaften usw. zu begreifen.“
Politisch würde das bedeuten, den einzelnen zu befähigen die Möglichkeiten der Individualisierung zu erkennen und damit nutzen zu können; aber auch die neuentstandenen Abhängigkeiten zu entlarven und somit ihres Stachels zu berauben. „Gefordert ist ein aktives Handlungsmodell des Alltags, das das Ich zum Zentrum hat, ihm Handlungschancen zuweist und eröffnet und es auf diese Weise erlaubt, die aufbrechenden Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten in bezug auf den eigenen Lebenslauf sinnvoll kleinzuarbeiten.“
Die Risiken erfordern neue institutionelle Bewältigungsstrategien; das ist die Herausforderung die die Individualisierung an die Gesellschaft stellt. „Aus den damit (mit der Individualisierung d.Verf.) verbundenen sozialen und kulturellen Erschütterungen und Verunsicherungen werden über kurz oder lang neue Anforderungen an die gesellschaftlichen Institutionen in Ausbildung, Beratung, Therapie und Politik entstehen.“
Die Ergebnisse der Sinus-Marktforschung bestätigen diese grundlegenden gesellschaftlichen Entwicklungs-Tendenzen:
"Seit drei Jahrzehnten erforscht das Sinus-Institut den Wertewandel und die Lebenswelten der Menschen. Daraus entstanden sind die Sinus-Milieus, eines der bekanntesten und einflussreichsten Instrumente für die Zielgruppen-Segmentation. Die Sinus-Milieus 2010 bilden die neue, durch den beschleunigten Wandel im letzten Jahrzehnt geprägte, Alltagswirklichkeit in unserer Gesellschaft ab."


...und neue Abhängigkeit
Die Betonung der Freisetzung des Individuums im Zuge der Individualisierung kritisiert Alan Warde folgendermaßen: „To This extent, Beck`s account is wanting, for he is in no position to appreciate the sort of discipline that is applied in such situations. He has almost entirely failed to recognise the counter-tendencies of imagined communities and stylisation.“ Diese Kritik scheint mir nicht ganz zutreffend, denn Beck erwähnt durchaus, daß die Ausdifferenzierung der Markt-Möglichkeiten nicht gleichzeitig die endgültige und totale Emanzipation des Individuums bedeutet. Klassenspezifische Unterscheidungskriterien verschwinden zwar, aber es entstehen neue Formen der Distinktion. „An ihre Stelle treten umgleiche Konsumstile (in Einrichtung, Kleidung, Massenmedien, persönlicher Inszenierung usw.), die aber - bei aller demonstrativer Unterschiedlichkeit - die klassenkulturellen Attribute abgelegt haben.“
Der Markt, also sowohl der Arbeitsmarkt, auf dem der Konsument seine Arbeitskraft anbietet, als auch der Waren-Markt bieten dem einzelnen zwar mehr Auswahlmöglichkeiten, zwingen ihn aber auch zu seiner Wahl entsprechenden standardisierten Verhaltensweisen. Im beruflichen bereich wären dies standardisierte Lebensläufe. Wenn jemand Metzger werden will, besucht er die Hauptschule und macht eine Lehre. Wenn jemand Lehrer werden will besucht er das Gymnasium und macht ein Studium etc..“Die entstehenden Individuallagen sind durch und durch (arbeits)marktabhängig.“ Beck spricht in diesem Sinne von ‘institutionellen Lebenslaufmustern’.
Die neugewonnene Freiheit ist also nur eine scheinbare. Die Zwänge die auf den einzelnen wirken verschieben sich lediglich, hin zu einer Institutionalisierung und Standardisierung von Lebenslagen. Ähnlichkeiten,Übereinstimmungen hinsichtlich der jeweiligen individuellen Lebenswelt ergeben sich nun jenseits der traditionellen Klassen und Schichten. Es entstehen neue soziokulturelle Gemeinsamkeiten. „Die freigesetzten Individuen werden arbeitmarktabhängig und damit bildungsabhängig, konsumabhängig, abhängig von sozialrechtlichen Regelungen und Versorgungen, von Verkehrsplanungen, Konsumangeboten, Möglichkeiten und Moden in der medizinischen, psychologischen und pädagogischen Beratung und Betreuung.“
Die Widersprüchlichkeit des Individualisierungsprozesses zeigt sich in der Form, daß sich traditionelle vorbestimmte - also nicht-selbstgewählte - Zwänge in selbstgewählte Zwänge ‘verwandeln’. Wenn ich mich für etwas entschieden habe muß ich mich auch den dazugehörigen Mechanismen unterwerfen. „Der einzelne wird zwar aus traditionalen Bindungen und Versorgungsbezügen herausgelöst, tauscht dafür aber die Zwänge des Arbeitsmarktes und der Konsumexistenz und der in ihnen enthaltenen Standardisierungen und Kontrollen ein. An die Stelle traditionaler Bindungen und Sozialformen (soziale Klasse, Kleinfamilie) treten sekundäre instanzen und Institutionen, die den Lebenslauf des einzelnen prägen und ihn gegenläufig zu der individuellen Verfügung, die sich als Bewußtseinsform durchsetzt, zum Spielball von Moden, Verhältnissen, Konjunkturen und Märkten machen.“
Die Standardisierungen ergeben sich aus den Anforderungen, die die globalisierte Wirtschaft an die Arbeitskraft und die Kaufkraft der Mitglieder des (auch im Hinblick auf den globalen Konkurrenzkampf) zu erhaltenden Systems hat.
„Individualisierung bedeutet Marktabhängigkeit in allen Dimensionen der Lebensführung. Die entstehenden Existenzformen sind der vereinzelte, sich seiner selbst nicht bewußte Massenmarkt und Massenkonsum für pauschal entworfene Wohnungen, Wohnungseinrichtungen, tägliche Gebrauchsartikel, über Massenmedien lancierte und adoptierte Meinungen, Gewohnheiten, Einstellungen, lebensstile. M.a.W., Individualisierungen liefern die Menschen an eine Außensteuerung und Standardisierung aus, die die Nischen ständischer und familialer Subkulturen noch nicht kannten."
Die Individualisierung vollzieht sich auf der Basis einer globalen Vereinheitlichung von Lebensstilen und Lebensläufen. Der Mensch vereinzelt und nimmt doch über die ubiquitäre Medienmaschinerie nahezu gleichzeitig an den aktuellen Weltgeschehnissen und Weltkultur teil; die richtungsweisend von der effizientesten Marktwirtschaft der USA mitbestimmt wird. „Die Individualisierung - genauer: Herauslösung aus traditionalen Lebenszusammenhängen - geht einher mit einer Vereinheitlichung und Standardisierung der Existenzformen. Auf diese Weise entsteht das soziale Strukturbild eines individualisierten Massenpublikums oder - schärfer formuliert - das standardisierte Kollektivdasein der vereinzelten Massen-Eremiten. Dies geschieht gleichzeitig überkulturell, übernational.“ Die immer schnellere Übertragungsgeschwindigkeit von Informationen, die weltweite Vernetzung und die Allgegenwart der Medien macht die Welt kommunikationstechnisch gesehen zu einem globalen Dorf. Lebensstile, Moden und Konsumgewohnheiten verbreiten sich in Windeseile um den Globus. Dank MTV/Internet sehen Jugendliche in aller MTV/Internet-empfangender-Welt nahezu identisch aus. Wie oben in der Sinus-Grafik als One-World-Bewußtsein bezeichnet.
„Mit der Enttraditionalisierung und der Schaffung weltweiter Mediennetzwerke wird die Biographie mehr und mehr aus ihren unmittelbaren Lebenskreisen herausgelöst und über Länder- und Expertengrenzen hinweg einer Fernmoral geöffnet (...) Während die Regierungen (noch) im nationalstaatlichen Gefüge handeln, wird die Biographie schon zur Weltgesellschaft hin geöffnet.“ Mit den damit verbundenen standardisierenden und gleichmacherischen Tendenzen.
Haben wir es hier also mit einer modernen Version der Entfremdung zu tun, einer verborgenen Entfremdung. Weil es sich bei den Wahlmöglichkeiten nur um eine Pseudowahl handelt, die die das Individuum unterdrückenden Mechanismen nur vertuscht?
Die hier relevanten Kampflinien:
Entfremdung v.s.Selbstverwirklichung
Zwang v.s.Wahlfreiheit
Fremdbestimmtheit v.s. Selbstbestimmung
Außensteuerung v.s. Innensteuerung


Flexibler Kapitalismus und flexible Identität
Die Individualisierung bedeutet für den Einzelnen, daß er sich einem sehr breiten Feld von identitätsbildenden Einflüssen ausgesetzt sieht. Hat er sich nun seine Identität „zusammengebastelt“, steht er vor einem neuen Problem. Die prozeßhafte Struktur des modernen „flexiblen Kapitalismus“ verlangt von ihm die ständige Bereitschaft zur Umorientierung, um in einem sich ständig wandelnden Berufsumfeld erfolgreich bestehen zu können. „Die Betonung liegt auf der Flexibilität. Starre Formen der Bürokratie stehen unter Beschuß, ebenso die Übel blinder Routine. Von den Arbeitnehmern wird verlangt, sich flexibler zu verhalten, offen für kurzfristige Veränderungen zu sein, ständig Risiken einzugehen und weniger abhängig von Regeln und förmlichen Prozeduren zu werden.“
Der flexible Mensch ist auf vielfältiger Weise mobil, ja zur Mobilität verdammt. Nur so kann er den Anforderungen des Marktes gerecht werden. Der Markt zwingt die Arbeitnehmer zwischen verschiedenen Tätigkeitsfeldern und Beschäftigungsformen hin und her zu pendeln; die Menschen werden laut Beck zu Arbeitsnomaden. „Phasen der Erwerdsarbeit wechseln sich mit Phasen der Arbeitslosigkeit ab. In 10 bis 15 Jahren wird dann auch bei uns noch die Hälfte der Arbeitnehmer eine Festanstellung haben. Der Rest wird sich mit bunten, kurz- und mittelfristigen Jobs begnügen müssen.“
Und je mehr Arbeitslose es gibt, desto größer ist der Anpassungsdruck. Bin ich nicht absolut flexibel einsetzbar sinken automatisch meine Chancen auf eine Anstellung. Orientierungspunkte, Bezugspunkte für meine Identität können dabei nur schwer entstehen oder gehen verloren. „Soziale Mobilität - wie im übrigen auch geographische Mobilität, ja selbst die alltägliche Mobilität zwischen Familie und Arbeitsplatz - wirbelt die Lebenswege und Lebenslagen der Menschen durcheinander. Mit all diesen Arten von Mobilitätsvorgängen und insbesondere in ihrer Summe sind immer wieder Individualisierungsschübe relativ zu Familien- Nachbarschafts- Kollegen-, Berufs-,und Betriebsbindungen sowie Bindungen an eine bestimmte regionale Kultur und Landschaft verbunden. Die Lebenswege der Menschen verselbständigen sich gegenüber den Bedingungen und Bindungen, aus denen sie stammen oder die sie neu eingehen, und gewinnen diesen gegenüber eine Eigenrealität, die sie überhaupt erst als ein persönliches Schicksal erlebbar machen.“
Lebenswege sind nicht länger berechenbar, schematisch und geradlienig, sondern unberechenbar, offen und verzweigt. Da das individuelle Lebensschicksal vermehrt in den Händen des einzelnen liegt, kann jede jede Veränderung ein bißchen mehr an Selbstverwirklichung oder aber das Scheitern bedeuten. „Überspitzt (bewirkt) die beobachtbare Tendenz, daß die Lebensläufe mit der Individualisierung vielfältiger, gegensätzlicher, brüchiger, unsicherer, auch für katastrophale Einbrüche anfälliger, aber auch bunter, umfassender, widersprüchlicher werden (...)“ Diese widersprüchlichen Lebenssituationen wirken sich auch auf die Identität aus, die die dabei entstehenden widersprüchlichen Vehaltensmuster und die zugeordneten Repräsentanzen bzw. Persönlichkeitsteile integrieren muß. Diese Integration von widersprüchlichen persönlichkeitsteilen ist eines der Hauptprobleme der Identität unter den Rahmenbedingungen der Individualisierung. Und die marktmechanisem erhöhen den druck auf das Individuum hin zu immer größerer Flexibilität. Der einzelne hat veränderbar zu bleiben, eine Art unfertige Persönlichkeit. Das verwirrende und verunsichernde daran ist, daß der einzelne diese Veränderungen nicht aus freien Stücken in Angriff nimmt, sondern auf Druck durch die Verhältnisse. Das System offenbart hier ein Janusgesicht. „Mit dem Angriff auf starre Bürokratien und mit der Betonung des Risikos beansprucht der flexible Kapitalismus, den Menschen, die kurzfristige Arbeitsverhältnisse eingehen, statt der geraden Linie einer Laufbahn im alten Sinne zu folgen, mehr Freiheit zu geben, ihr Leben zu gestalten. In Wirklichkeit schafft das neue Regime neue Kontrollen, statt die alten Regeln einfach zu beseitigen - aber diese neuen Kontrollen sind schwerer zu durchschauen.“
Wenn man sich nun diesen Voraussetzungen zu stellen hat, wie kann man dann so etwas wie erkennbare Kontinuität der eigenen Identität erzeugen bzw. bewahren. Denn nur wenn ich berechenbar bin in meinen Verbindungen zu meiner Umwelt kann ich das nötige Vertrauen erzeugen, das Grundbedingung allen Zusammenlebens ist.
Der auf Flexibilität angelegte Kapitalismus der langfristige Ziele und dauerhafte Beziehungen erschwert, wirft dahingehend die Frage auf:
„Wie kann ein Mensch in einer Gesellschaft, die aus Episoden und Fragmenten besteht, seine Identität und Lebensgeschichte zu einer Erzählung bündeln? Die Bedingungen der neuen Wirtschaftsordnung befördern vielmehr eine Erfahrung, die in der Zeit, von Ort zu Ort und von Tätigkeit zu Tätigkeit driftet.“ Das führt unter anderem auch dazu, daß die berufliche Identität der Menschen schwach ist. Wenn sich zwangsweise, also aufgrund von notwendigen Arbeitsplatzwechseln meine Entwicklungslinie verändert und damit meine Identitätsstruktur, geschieht dies nicht selbstbestimmt, sondern marktabhängig und ist damit nicht Teil meiner Selbstverwirklichung und kann so auch nur bregrenzt positiv auf meine Identitätsbildung auswirken.
Dieser Drift bedroht beim einzelnen das stabile Selbstgefühl, denn er lebt „in einer Welt, die von einer kurzfristigen Flexibilität und ständigem Fluß gekennzeichnet ist. Diese Welt bietet weder ökonomisch noch sozial viel Narratives.“ Ein Gefühl der Desorientierung macht sich breit und erschwert eine positive Selbstwahrnehmung und erfolgreiche soziale Verortung. Sich immer wieder auf etwas Neues einlassen zu müssen, bedeutet auch jedesmal aufs neue ein weiteres Risiko auf sich zu nehmen. Der zeitliche Ablauf folgt keinem roten faden einer stringenten Entwicklung. Es handelt sich lediglich um eine Aneinanderreihung von singulären nicht-verbundenen Ereignissen. „Anders ausgedrückt, dem Eingehen von Risiken fehlt mathematisch die Qualität einer Erzählung, bei der ein Ereignis zum nächsten führt und dieses bedingt.“
„Unser Werk auf der Welt ist es, zu schaffen, und die größte Schöpfung ist die Gestaltung unserer eigenen Lebensgeschichte."
Doch wie erzähle ich die Geschichte? Wo sehe ich die Verantwortlichkeiten in meiner Version? Gibt es tatsächlich einen Ablauf aufeinander aufbauender Ereignisse mit einem klar umrissenen Ziel? Einen sinnhaften Gehalt? Oder ist nicht die Diskontinuität bezeichnender für unsere Zeit? Sennett verweist hier auf Autoren wie Joyce und Calvino, die sich von der linearen Erzählform abwandten und so zu einer charakteristischeren Beschreibung modernen Lebens fanden.
„Die Psyche befindet sich in einem Zustand endlosen Werdens - ein Selbst, das sich nie vollendet. Unter diesen Umständen kann es keine zusammenhängende Lebensgeschichte geben, keinen klärenden Moment, der das ganze erleuchtet.“
Dabei ist es für die Selbstvergewisserung so wichtig, daß man seine Geschichte anderen erzählt und so auch sich selbst erzählt. Ich stimme so meine Selbstwahrnehmung mit meinem Umfeld ab. Ich kläre ab, ob das Bild das ich von mir habe, mit dem übereinstimmt das die anderen von mir haben. Dieses Bild in einer konsistenten Weise aus einer linearen (Lebens)-Geschichte heraus zu konstruieren wird immer schwieriger. Denn die Bedingungen des Systems erfordern einen anderen Identitätsentwurf. Nämlich: „Ein nachgiebiges Ich, eine Collage aus Fragmenten, die sich ständig wandelt, sich immer neuen Erfahrungen öffnet - das sind die psychologischen Bedingungen, die der kurzfristigen, ungesicherten Arbeitserfahrung, flexiblen Institutionen, ständigen Risiken entsprechen.“
Verlust von Gewohnheit
Gewohnheiten schaffen einen festen Bezugsrahmen für die Bewältigung des Alltags und sind damit auch ein wichtiger Bestandteil eines jeden Identität. „Wir erproben Alternativen nur in bezug auf die Gewohnheiten, die wir bereits übernommen haben. Sich ein Leben vorzustellen, das ganz aus momentanen Impulsen besteht, ohne stützende Routine, ohne Gewohnheiten, heißt tatsächlich sich ein haltloses Leben vorzustellen." Gewohnheiten geben dem Leben erst Rythmus und Struktur. Sie sind wichtig für die soziale Verortung des Individuums und der Stabilisierung seiner Identität. Nur so kann der Einzelne Verhaltenssicherheit gewinnen. Eine Welt ohne Gewohnheiten ist eine Welt ohne Gewißheiten. Es droht ein Zustand der uns handlungsunfähig zurückläßt. Dies befördert auch die Erosion der Verantwortlichkeit individuellen Handelns und behindert so die Nachhaltigkeit gesellschaftlichen Wirkens. Der Manager trägt zwar Verantwortung ist aber nicht verantwortlich, ruiniert  im schlimmsten Fall ganze Wirtschaftszweige im Dienste der Profitmaximierung, ist aber dann weg, wenn die Scherben zusammengekehrt werden müssen, incl. goldener Handschlag.(Siehe Anthony Giddens)
Die Ressourcenproblematik
Ungeachtet der Unterschiede zwischen dem neoliberalem Modell Angelsächsischer Prägung und dem Rheinischen Staats-Kapitalismus - handelt es sich bei den gesellschaftlichen Formationen in Marktwirtschaften westlicher Prägung vorrangig um flexible Netzwerke. Flexible Netzwerke sind durchläßiger und bieten dem einzelnen mehr Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung. „Ungewißheiten in einem Netzwerk steigert die Bewegungsmöglichkeit.“
Nur ob der einzelne es schafft davon zu profitieren, die Chance die sich ihm bietet zu nutzen steht auf einem anderen Blatt. Denn man kann sagen, „(...)daß Menschen einen Grundstock sozialen Kapitals besitzen - geteilte Erfahrungen aus der Vergangenheit ebenso wie individuelle Leistungen und Fähigkeiten, die ihnen helfen, sich durch das Netz zu bewegen; die Bewegungsfähigkeit, sagt er, hängt von den Talenten des Individuums genauso ab wie von den Gelegenheiten zur Veränderung.
„Im Idealfall sollte menschliches Verhalten dieselbe Dehnfestigkeit haben, sich wechselnden Umständen anzupassen, ohne von ihnen gebrochen zu werden.“
Wer in der neuen Wirtschaftsordnung überleben bzw. erfolgreich sein will, der muß solche Charakterzüge aufweisen, die ihn dazu befähigen auch ohne feste Ordnung eine stabile Identität herauszubilden. „Die wahren Sieger leiden nicht unter der Fragmentierung, sie regt sie vielmehr an, an vielen Fronten gleichzeitig zu arbeiten; das ist Teil der Energie, die den irreversiblen Wandel antreibt. Die Fähigkeit, sich von der eigenen Vergangenheit zu lösen und Fragmentierung zu akzeptieren, ist der herausragende Charakterzug der flexiblen Persönlichkeit.“ Doch hierbei handelt es sich lediglich um die Gewinner. Und um zu den Gewinnern gehören zu können benötigt der einzelne entsprechende Voraussetzungen:
Materielle Ressourcen:
„Ohne Teilhabe am gesellschaftlichen Lebensprozeß in Form von sinnvoller Tätigkeit und angemessener Bezahlung wird Identitätsbildung zu einem zynischen Schwebezustand, den auch ein postmodernes Credo nicht zu einem Reich der Freiheit aufwerten kann.“ Die Situation am Arbeitsmarkt und die damit einhergehende zunehmende Spaltung der Gesellschaft bedeutet für breite Bevölkerungsteile, daß sie eben nicht über die nötigen materiellen Ressourcen verfügen.
Soziale Ressourcen:
„Wenn wir die sozialen Baumeister unserer eigenen sozialen Lebenswelten und Netze sind, dann ist eine spezifische Beziehungs- und Verknüpfungsfähigkeit erforderlich...“ Zur Ausbildung dieser Fähigkeiten ist von entscheidender Bedeutung in welchem Ausmaß der einzelne Zugang zu den dafür notwendigen sozialen Ressourcen hat. Der Zwang zur ständigen Mobilität entwurzelt die Menschen und bedroht ihre Fähigkeit zum Aufbau stabiler sozialer Beziehungen.
Fähigkeit zum Aushandeln:
„Wenn es in unserer Alltagswelt außer einigen Grundwerten keine unverrückbaren allgemein akzeptierten Normen mehr gibt, wenn wir keinen Knigge mehr haben, der uns für alle wichtigen Lebenslagen das angemessene Verhalten vorgeben kann, dann müssen wir die Regeln, Normen, Ziele und Wege beständig neu aushandeln.“ Das bedeutet vor allem auch konfliktfähig zu sein, um Meinungsunterschiede und Streit aushalten zu können. Die Keimzelle für das Funktionieren und die Reformfähigkeit eines jeden demokratischen Gemeinwesens.
Urvertrauen zum Leben und seinen ökologischen Voraussetzungen:
„Das Gegenbild ist die Demoralisierung, der Verlust der Hoffnung, in der eigenen Lebenswelt etwas sinnvoll gestalten zu können. Die Welt wird als nicht mehr lenkbar erlebt, als ein sich hochtourig bewegendes Rennauto, in dem die Insassen nicht wissen, ob es eine Lenkung besitzt und wie diese zu betätigen wäre.“ Dieser Hilflosigkeit gegenüber steht das Gefühl, sein Leben gestalten zu können, der Schöpfer seiner Lebensgeschichte zu sein.
Individuelle Gestaltungskompetenz:
„Gesellschaftliche Freisetzungsprozesse bedeuten einen objektiven Zugewinn individueller Gestaltungskompetenz, aber auch deren Notwendigkeit. Sie erfordern vom Subjekt vermehrt die eigenwillige Verknüpfung und Kombination multipler Realitäten.“ Keupp spricht hier auch von ‘Ambiguitätstoleranz’ „Sie meint die Fähigkeit, sich auf Menschen und Situationen offen einzulassen, sie zu erkunden, sie nicht nach einem ‘Alles oder nichts’ - Prinzip als nur gut oder nur böse zu beurteilen.“ Eine gesunde Neugierde und die Bereitschaft gegenüber Neuem aufgeschlossen zu sein.
Dem untergeordnet würde ich noch gerne eine weitere Ressource hinzufügen, der in unserer Informations- und Wissensgesellschaft eine immer wichtigere Bedeutung zukommt:
Medienkompetenz:
Damit meine ich die erworbene Fähigkeit sich in der modernen Medien-Landschaft zurechtzufinden und zu behaupten. Hierbei liegt es vor allem an der Erziehung durch die Eltern und die Schule, den Heranwachsenden für die Bewältigung dieser Aufgabe das nötige Rüstzeug zu vermitteln. Die nötigen Verhaltensweisen und Strategien, um die vielfältigen Medienangebote gewinnbringend nutzen zu können. Zum Beispiel die Fähigkeit, vor der schieren Fülle nicht zu kapitulieren und sich lediglich passiv berieseln zu lassen, bis alles zu einem einzigen großen Rauschen verschwimmt. Sondern zu versuchen, einen groben Überblick zu bewahren, eine ganz individuelle Orientierung zu behalten und aktiv eine eigene Linie zu finden. Eben zu lernen bzw. einen Sinn dafür zu entwickeln, für einen selbst Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden zu können. Neben der Informations-Selektion ist auch noch die Informations-Bewertung von entscheidender Bedeutung. Die Fähigkeit die präsentierten Inhalte reflektieren zu können, hinsichtlich der dahinterstehenden Werte und Normen. Sind die dargebotenen Strategien zur Bewältigung des Alltags für mich relevant oder gar bindend? Gerade im Bereich der Werbung tun sich hier problematische Felder auf. Verführt die Werbung zu verantwortungslosem und damit selbstzerstörerischem Konsumismus? Haben die propagierten Schönheitsideale eine negative Wirkung auf meine Selbstwahrnehmung? Wie weit kann ich mich der Beeinflußung entziehen? Hier bedarf es der nötigen Distanz als Voraussetzung für die gelungene Reflexion der Medien-Inhalte. Nur so kann ich diese entsprechend ihrer Bedeutung für mich einordnen.
Und in Bezug auf die hier bearbeitete Problematik:
Konsumkompetenz
Der primären Sozialisationsinstanz: dem Elternhaus obliegt in erster Linie die Aufgabe zu unschädlichen Konsumverhalten zu erziehen. „The influence of the family is important from a consumer sozialization perspective, since most consumer behavior is learned as a child.“
Wie man die nötige Distanz in Bezug auf den Gebrauch von Marken als identitätsbildenden Faktor herstellt und die Versprechungen der Werbung relativiert.
Wie man die sozialen Risiken des Konsums klein hält, Stichwort peer-group-pressure.
Wie man vermeidet in die Mühlen des Kompensationskonsums zu geraten, mit seiner süchtigmachenden Wirkung.
Wie man vermeidet seine Identitätsbildung zu sehr von Konsum abhängig zu machen.

Gefahren der Individualisierung
„Flexibilität schafft Unterschiede zwischen Oberfläche und Tiefe; die weniger mächtigen Untertanen der Flexibilität sind verurteilt, an der Oberfläche zu bleiben.“
Die Vielzahl der Möglichkeiten kann eine Chance sein, kann aber umgekehrt für das Postmoderne Individuum auch zur Last werden. „Die unaufhebbare Reflexivität unseres Alltags, in dem alles so, aber auch ganz anders sein könnte, in dem ich permanent zwischen Alternativen abzuwägen und mit den damit verbundenen Ambivalenzen und Widersprüchen zu leben habe.“ Man hat zwar die Wahl, aber keine Entscheidung, die man trifft ist letztgültig, sondern bleibt widerrufbar und bietet so nicht den nötigen Halt. Die Befreiung aus dem Korsett festgelegter Lebensläufe schlägt um in ihr Gegenteil die haltlose Identität. Freiheit wird so zu einem Risiko, gerade wenn man nicht die nötigen Ressourcen zur Bewältigung der auftretenden Probleme zur Verfügung hat. „Freiheit gerät zur Beliebigkeit; das berühmte Zu-allem-Befähigen, für das sie hochgelobt wird, hat den postmodernen Identitätssuchern alle Gewalt eines Sysiphos verliehen.“
Die Wahlfreiheit birgt also die Gefahr der Beliebigkeit. Die scheinbare Toleranz der Postmoderne akzeptiert Lebensentwürfe jeglicher Art. Weil jeder einen Anspruch auf Gültigkeit einfordert ist keiner letztgültig, keiner besitzt Autorität. Statt Wahlfreiheit erlebt der einzelne Unsicherheit. „Modernity, then involves the vertiginous production, display and interaction of myriad possible ways of life, none of which has indisputable cultural authority or value. It is a recipe for identity-crisis on a mass scale.“ Fehlen die nötigen kulturellen Ressourcen um diese Aufgabe zu bewältigen können sich negative Folgen für die Psyche desjenigen ergeben. Gerade weil der Mensch ein unstillbares Bedürfnis hat die Welt als sinnhaft zu erleben. Sich selbst Sinn zu erarbeiten wird zu einem Projekt, das eben auch scheitern kann. Das bedeutet, daß man „die Symptome von Orientierungs- und Sinnverlust ernst nimmt, die als Resultat fortschreitender Individualisierung zum allgemeinen Erfahrungsbestand in der modernen Welt gehören. Seiner zeitdiagnostischen Kernthese, daß es Menschen unter Bedingungen der Moderne zunehmend schwerer werde, ein Bewußtsein von sozialer Zugehörigkeit und eine daraus erwachsende ‘Identität’ auszubilden, ist denn in dieser Allgemeinheit auch kaum zu widersprechen.“
„Individualisiert“ werden aber auch Verantwortlichkeiten. Die verbindlichen Muster für den persönlichen Lebenssinn verschwinden allmählich und der einzelne muß sich selbst seinen Lebenssinn basteln. Vorgeschriebene Kategorien, eindeutige Antworten, wie ein geglücktes Leben auszusehen hat gibt es nicht mehr
„Heute sprechen viele hier eine andere Sprache, die - zwangsläufig vage - um ‘Selbstverwirklichung’, die ‘Suche nach der eigenen Identität’ kreist, die ‘Entwicklung der persönlichen Fähigkeiten’ und das ‘In Bewegung Bleiben’ zum Ziel hat. (...) Die Konsequenz ist, daß die Menschen immer nachdrücklicher in das Labyrinth der Selbstverunsicherung, Selbstbefragung und Selbstvergewisserung hineingeraten. Der (unendliche) Regreß der Fragen: ‘Bin ich wirklich glücklich?’, ‘Bin ich wirklich selbsterfüllt?’, ‘wer ist das eigentlich, der hier ‘Ich’ sagt und fragt?’, führt in immer neue Antwort-Moden, die in vielfältiger Weise in Märkte für Experten, Industrien und Religionsbewegungen umgemünzt werden.“ Sinnsuche wird so zu einem Marktfaktor. Die Marktwirtschaft ist dabei zugleich Nutznießer und Motor der Individualisierung. Der Boom bei esoterischen Pauschalreisen ist ein Beleg dafür. Bei ‘Wassershiatsu’, ‘Rebalancing’ oder ‘Mondschein-Trommeln auf einem Burghof’, sollen die Teilnehmer tiefergehende Ich-Erfahrungen sammeln und dabei sich selbst finden. „Die Nachfrage nach derartigen Angeboten steigt, sagt Roland Streicher, Vorstandsmitglied des Alternativverbandes ‘forum anders reisen’“ Sinnsuche - betont Beck muß dabei nicht in eine egoistische und narzistische Selbstbespiegelung ausarten, sondern kann durchaus einen Sozialcharakter bewahren. Vielmehr sei das Ziel „(...) die Selbstaufklärung und Selbstbefreiung als eigenständigen lebenspraktischen Prozeß; dies schließt die Suche nach neuen Sozialbindungen in Familie, Arbeit und Politik mit ein.“
Neben dem Sinnverlußt stellt die Freisetzung aus den traditionelle Sozialstrukturen eine weitere Gefahr dar. Wie erschaffe ich mir in einer auseinanderfallenden Gesellschaft, die immer weniger Zeit für private Sozialkontakte läßt (Statistik)mein identitätsstabilisierendes Umfeld? Und das vor dem Hintergrund sich ständig verändernden Lebensgeschichten die immer haltloser und löchriger werden und gerade darum kontinuierlicher Bestätigung bedürften, gleichzeitig aber immer weniger Zeit dafür da ist dies zu tun.
Auch Slater sieht die Ambivalenz der Postmoderne. Die Freisetzung des Subjektes aus den Identitäts-zuordnenden traditionellen Strukturen und die damit verbundene vergrößerte Chance zur Selbstbestimmung. Auf der anderen Seite vergrößert sich für den einzelnen eben auch das Risiko diese Aufgabe nicht zu bewältigen. „Or this liberation can be seen as anomic to the point of schizophrenia.“ Dieses Projekt der Identitätsbildung ist so schwierig und komplex, daß das Gelingen und psychische Stabilität nicht weit vom Scheitern und psychischer Instabilität entfernt ist. Erschwert wird dieses Projekt auch durch die zunehmende Informationsüberlastung, die eine Orientierung zusätzlich komplizierter macht. „Der amerikanische Sozialpsychologe Kenneth Gergen spricht von einer regelrechten ‘Multiphrenie’ unseres Seelenlebens - einer gleichzeitig übervölkerten und entkernten Seele.“ Immer wichtiger wird die Fähigkeit die Myriaden an Informationen und Eindrücken zu filtern. Wenn alles erlaubt ist und nichts verbindlich vergrößert sich der Möglichkeitsraum immens und zwingt mich einerseits zur Wahl, gleichzeitig wird dem einzelnen aber keine Lösung geboten. Ehe er sich versieht wird er vom Strom mitgerissen. „There can no longer be foundations, values, truth, authenticity, real needs or real objects; by the same token there can be no critique, and the unhinged individual ( no longer an ego, but a fragmented subjectivity) is merely constituted through the flow of codes constructed by the system and ist agents.“
Individualisiert erscheinen für den einzelnen auch die mit der Bewältigung oder Nicht-Bewältigung dieser Aufgabe verbundenen sozialen Risiken. „In der Konsequenz schlagen gesellschaftliche Probleme unmittelbar um in psychische Dispositionen: in persönliches Ungenügen, Schuldgefühle, Ängste, Konflikte und Neurosen.“ Krise und Krankheit wird als etwas individuelles selbstverschuldetes wahrgenommen und deren Gesellschaftlichkeit gerät in den Hintergrund. Diese Betonung individueller Verantwortlichkeit forciert ein vermehrtes Leistungsdenken und erhöht bei Versagen die Belastung für den einzelnen.
Jede Epoche bekommt die psychischen Krankheiten die sie verdient. Um die Jahrhundertwende war es z.B. die Hysterie. Im Falle der Individualisierung ist bemerkennswert wie ein Krankheitsbild, das vor Jahrzehnten noch relativ unbekannt war immmer mehr um sich greift. Amerika hat hier wie bei den meisten negativen Folgen der ‘Modernisierung-um-jeden-Preis’ die Vorreiterrolle inne. Das Krankheitsbild der multiplen Persönlichkeit greift die Gesellschaftentwicklung der Pluralisierung und Individualisierung auf und spiegelt so die möglichen negativen Auswirkungen im Individuum wider. Gerade der Bereich des Konsumverhaltens erzeugt hier Gefährdungen. „Schizophrenia becomes a perennial condition for the postmodern consumer.“ (Siehe auch Kapitel ‘Konsum und Kontrollverlust’.)
Ein Scheitern der Vergesellschaftung bedeutet hier, daß die verschiedenen Repräsentanzen dissoziert sind. Ich will hier nicht behaupten, daß die Individualisierung ursächlich ist für das vermehrte (STATISTIK nachschauen) Auftreten von multiplen Persönlichkeits-Störungen. Wobei das Krankheitsbild als solches umstritten ist.
Wobei man nicht außer Auge verlieren darf, ob der ganzheitliche Identitätsbegriff nicht schon immer eine simplifizierende Reduktion der Komplexität und Getrenntheit menschlicher Erlebnisse und Erfahrungen war und ist und daß sich lediglich das Ausmaß dieser Getrenntheit zunehmend steigert und somit Aufmerksamkeit erregte und Eingang in das Bewußtsein der Menschen fand. „Thus, the coherent ego or self, the natural body, reason, needs, identities such as gender and ‘race’, all emerge as fictitious unities, bolted together by and on behalf of forms of social power, which unities must be dissolved into their component processes, discourses and practices.“
So gesehen stellt sich der Wunsch nach Einheitlichkeit und natürlicher Ganzheit als mystifizierende Rückwärtsgewandheit dar. Der Mensch besaß nie eine gänzlich widerspruchsfreie, einheitliche Identität und wird auch nie eine haben. Hierbei handelt es sich um eine realitätsferne Illusion, die auf Wunschdenken basiert. Schon der Begründer der Psychoanalyse erkannte die Geteiltheit der Psyche in der Form: Es, Ich und Über-Ich. Analog zur Geselschaftsentwicklung wurde die Kenntnis der ‘inneren Pluralität’ erweitert. Begriffe wie Bastel-Existenz und Patchwork-Identität illustrieren dies.
Siehe auch: das innere Team
„At the limit point postmodernism argues that social subjects are being liberated from the (false) certainties which modernity offered, much as modernity offered liberation from the certainties of traditional society. This parallel can place postmodernism very close to liberalism and neo-liberalism, and it is worth pursuing this parallel to get a better sense of what kind of liberation are on offer today.“
Wenn ein Vertreter des Establishments wie Edmund Stoiber eine Kultur offeriert die zwischen Labtop und Lederhose liegen soll, zeigt dies auch das Unbehagen über Orientierungslosigkeit und den Verlust von festen, allseits akzeptierten Werten.
Die Verunsicherung im Innern der Menschen erzeugt bei ihnen ein Gefühl der Unsicherheit nach außen. Es macht sich eine irrationale subjektive Angst breit, Opfer eines Verbrechens zu werden, obwohl die Verbrechensstatistiken in Wahrheit leicht (Statistik Anhang) zurückgehen. „Die individualisierte Gesellschaft sucht angesichts der Werteverluste Halt am Gesetzbuch - von der dritten Gewalt erwarten die Bürger Maßstäbe und Regeln.“ Hier bricht sich die Sehnsucht nach geordneten Verhältnissen Bahn.
Ästhetisierung des Alltagslebens
Die protestantische Wirtschaftsethik postulierte Arbeit und Leistung um seiner selbst willen als obersten Wert, was eine starke Selbstkontrolle und Unterdrückung der Triebe zu Folge hatte.Schlecht sollte sich fühlen, wer zuviel Spass hat. Heute erleben wir in der Fun-Gesellschaft das Gegenteil. Ein schlechtes Gewissen bekommt der, der zuwenig Spass hat. „Whereas gratification of forbidden impulses traditionally aroused guilt, failure to have fun now lowers self-esteem.“
Es etabliert sich eine Lebenseinstellung die mehr Wrt auf Bereiche jenseits der Arbeitswelt legt, also in Richtung Freizeit und Konsum. Die ‘Fun-Gesellschaft’ will in möglichst vielen Lebensbereichen ein Höchstmaß an Spaß erleben. Die Erlebnisindustrie erwidert und heizt dieses Bedürfnis an, indem es auch immer mehr Lebensbereiche entsprechend aesthetisiert.(..) everyday reality in Western cultures becomes aestheticized, with objects and activities assuming the qualities of art and losing their functional and material bearings.“
Mit dem Phänomen der Ästhetisierung beschäftigt sich auch Gerhard Schulze in der Arbeit ‘Die Erlebnisgesellschaft’. Mit Erlebnisgesellschaft ist eine Gesellschaft gemeint, „die (im historischen Vergleich) relativ stark durch innenorientierte Lebensauffassung geprägt ist. Die Untersuchung der Erlebnisgesellschaft zielt auf Gemeinsamkeiten ab, die sich unter dem Einfluß innenorientierter Lebensauffassungen entwickeln.“
Die Grundlage seiner empirischen Arbeit ist Deutschland Mitte der 80ér. Sehr verkürzt dargestellt geht es um folgendes: Wir leben mittlerweile in einer Wohlstandsgesellschaft. Das bloße Überleben ist gesichert. „Ansteigen des Lebensstandards, Zunahme der Freizeit, Expansion der Bildungsmöglichkeiten, technischer Fortschritt, Auflösung starrer biographischer Muster - jener Wandel der Situation, der sich zusammenfassend als Vermehrung der Möglichkeiten bezeichnen läßt(...).“ Es heißt nicht mehr: ‘wie kann ich etwas bekommen?’, sondern: ‘was will ich eigentlich?’ Der Einzelne hat die Wahl zwischen unzähligen Möglichkeiten sein Leben einzurichten. Er kann sich sein Leben selbst zurechtschneidern. Nach dem Imperativ ‘Erlebe dein Leben’ versucht er sein Leben so zu gestalten, daß die erlebten Situationen bei ihm etwas Positives auslösen. „Der kleinste gemeinsame Nenner von Lebensauffassungen in unserer Gesellschaft ist die Gestaltungsidee eines schönen, interessanten, subjektiv als lohnend empfundenen Lebens.“ Schulze bezeichnet dies als das ‘Projekt des schönen Lebens’. Dies bedeutet, daß außenorientiertes Handeln immer mehr zurückgeht und einer innenorientierten Lebensauffassung Platz macht. „Bei einer außenorientierten Lebensauffassung gilt beispielsweise das Ziel, Kinder zu haben als erreicht, wenn die Kinder existieren, bei einer innenorientierten Lebensauffassung erst dann, wenn sie die Eltern glücklich machen oder ihnen wenigstens nicht zu sehr auf die Nerven gehen.“ Auf die Welt der Produkte bezogen heißt das am Beispiel Auto:
Abb. 3 ã P. Dauer´95/Quelle: Schulze
Man könnte hier zwischen Grund und Zusatznutzen unterscheiden, aber die Grenzen sind fließend bzw. es kommt zu einer Überformung des Grundnutzens durch den Zusatznutzen. Weiter führt die Unterscheidung im Rahmen der Thematik dieser Arbeit meineserachtens zu keinerlei Erkenntnisgewinn, darum werde ich darauf verzichten. Beim innenorientierten Handeln wird das schöne Erlebnis zur Hauptsache, Brauchbarkeit zum Nebenaspekt, der für das Projekt des schönen Lebens wenig hergibt. Innenorientierung ist Erlebnisorientierung und wirkt auf alle Lebensbereiche ein. Und dies führt zur Ästhetisierung des Alltagslebens. Was nicht heißt, daß alles auf einen höheren Genuß in unserem Sinne hinausläuft. Es geht hier nur um das jeweilige subjektive Erleben. „Das Schöne ist in unserem Zusammenhang ein Sammelbegriff für positiv bewertete Erlebnisse.“ Für den Konsumbereich bedeutet dies: Produkte müssen nicht nur funktionell sein, sondern vor allem ein für den Verbraucher als schön empfundenes Erlebnis vermitteln. „Der Erlebniswert von Angeboten überspielt den Gebrauchswert und wird zum dominierenden Faktor der Kaufmotivation und der Kalkulation von Absatzchancen.“
Erlebnisse entstehen aber erst in der Reflexion und das Ergebnis der Reflexion ist in hohem Maße offen. „Daraus entsteht ein Orientierungsbedarf, der die Gemeinsamkeiten der Erlebnisgesellschaft erst erklärbar macht.“ Diesen leisten kollektive Schematisierungen; das sind intersubjektive Muster, die der Einzelne übernehmen kann. (Berghütte = gemütlich; Rolls-Royce = hoher Prestigewert) Schulze nennt diese: alltagsästhetische Schemata. Welches Schema dann letztendlich als Bewertungsmaßstab dient, hängt vom jeweiligen sozialen Milieu ab, dem sich der Erlebnisträger zugehörig fühlt. „Soziale Milieus sind überregional und bilden sich durch Beziehungswahl, orientiert an den Zeichenklassen von Alter, Bildung und Stil. (...) Soziale Milieus bilden sich als Erlebnigemeinschaften.“ An anderer Stelle nennt Schulze sie auch Geschmacksgruppen. Speziell in Bezug auf Produkte ist es neben den sozialen Milieus die Werbung, die versucht Orientierungshilfen für die Bewertung zu liefern. „Die Überlebensfähigkeit der Werbung trotz aller Enttarnungen weist auf ein Orientierungsbedürfnis hin, das Züge von Angst und dadurch bedingter Glaubensbereitschaft wider besserer Einsicht trägt.“ Diese vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe sind unverzichtbar, denn „ohne kollektive Muster wären viele durch das Problem, so zu leben , wie sie wollen philosophisch überfordert.“ Die grundlegende Tendenz zur Innenorientierung bestimmt hierbei auch die Inhalte der Werbung. „Ihre Erlebnissuggestionen (der Werbeverantwortlichen, Anm. d. Verf.), unverzichtbares Beiwerk der Erlebnisangebote, appellieren überwiegend an die Bedeutungsebene des Genießens beim Erlebnisverbraucher.“ Das hat zur Folge daß erlebnisbezogene Werbung die bestimmende Werbeform darstellt. „Unübersehbar dominieren psychische und physische Formen des Genusses: gute Laune, Entspannung, Erregung, Unterhaltung, Gemütlichkeit, Coolness, Sensationen der Sinne - nie Gesehenes, nie Gehörtes, unvergleichliche Gefühle usw.“ Und nach Schulze ist auch haupsächlich die Werbung für unsere Konsum-Motive verantwortlich. „Der wichtigste Impuls für die relative Karriere eines Genußmotivs geht vom Verhalten der Anbieter auf dem Erlebnismarkt aus.“ Ich würde hier die Betonung auf den Begriff Impuls legen, da das persönliche Umfeld des Konsumenten ein entscheidendes Korrektiv für die Herausbildung von Konsum-Motiven dazu bildet.

Jenseits der Ästhetisierung
Ästhetisierung ist zuerst einmal etwas, das sich an der Oberfläche abspielt. Aber um den Kunden besser erreichen zu können, versuchen die Produzenten den Prozeß von außen nach innen zu kehren. Je weiter ich die Wahrnehmung, je größere Teile der Identität und damit auch der Verhaltensweisen ich über Konsum beeinflußen kann, desto mehr wird sich der Konsument mit meinen Produkt identifizieren. Je stärker die Marke in das Leben des Kunden eingreift, desto stärker wird auch die Bindung an die Marke sein.
„Indeed, the process of aestheticization is sometimes held to have culminated in ‘total environments’, such as theme parks, holiday worlds or tourist bubbles, small, enclosed, self-contained worlds which overload the senses.“

Kultur als gemeinsamer Hintergrund
„Der ‘Kulturpluralismus innerhalb der Individuen selbst’ und die wachsende Differenzierung und Verselbständigung von Gruppenkulturen erlauben es immer weniger, die gesellschaftliche Mikroebene als Spiegel des ‘großen Ganzen’ zu nehmen.“
Kultur stellt Inhalte zur Verfügung
Seit den Höhlenmalereien versuchen wir unserem Leben sinnhaft zu gestalten, ihm Bedeutung zu geben und uns mit Bedeutung zu umgeben Es geht darum, Inhalte zu schaffen auf deren Basis wir über unsere Existenz verhandeln können. Je weniger wir mit der bloßen Existenzsicherung beschäftigt sind, desto größer wird dieses Bedürfnis. Wir gestalten unser Heim, wir kleiden uns modisch und wir benutzen Konsumprodukte/Marken, die Ausdruck unserer persönlichen Identität sind. „Material objects are and have always been central to human communication. We communicate through words, but we also communicate through body language and manners, through gifts, through clothes, through food and through innumerable items which we use, display and discard every day.“ Unsere Kultur bietet uns einen breiten Fundus an Kulturelementen mit denen wir unsere Identität ausdrücken können. Und da Identität erst in der Interaktion bzw. Kommunikation gewonnen wird ist dies ein wichtiges Kommunikationsmittel. Die Geschichte, die wir von uns erzählen speist sich aus diesem gemeinsam geteilten Hintergrund unserer Kultur. „Thus, consumers’ narratives of personal history are situated in a broader cultural system of meanings that have been diffused through advertising, mass media, educational curriculum, and the ‘collective meanings’ used to create a sense of a shared social identity among individuals.“
Die Bildung der Identität hat wesentlich mit einem Spiegelungsprozeß im Ich zu tun. „Das Selbst spiegelt mittels des Ichs seine Selbst-Repräsentanzen im intermediären Raum in ‘von außen hereingeholten’ Identitätselementen (zum Beispiel eine Berufsvorstellung oder die Vorstellung vom eigenen Mutter- oder Vater-Sein). Dabei pendelt das Ich von zentralen Selbst-Repräsentanzen, die das Identitätsgefühl vermitteln, hin zu der Repräsentanz, die in Frage steht, um diese im Sinne einer inneren Probesetzung mit der zentralen Selbst-Repräsentanz zu vergleichen und zu prüfen, wie weit und bis zu welchem Grade sich dabei das Identitätsgefühl herstellen läßt.“ Ein Kulturelement wird so in einem kommunikativen Übertragungsprozeß zu einem Identitätselement. Die von unserer Kultur bereitgestellten Inhalte muß der einzelne sich also in einem symbolischen Prozeß aneignen. „(...) a symbolical project, which the individual must actively construct out of the available symbolic materials, materials which the individual weaves into a coherent account of who he or she is, a narrative of self-identity.“
Die von der Kultur bereitgestellten Inhalte bieten dabei dem einzelnen unendlich viele Möglichkeiten der individuellen Neu-Interpretation und Umdeutungen. „Cultural knowledge is by no means a monolithic and internally consistent system. Rather, it is heterogenous network that offers a multitude of interpretive positions and endless opportunities for context-specific combinations, juxtapositions, and personalized transformations of established cultural meanings.“
In unserem Fall würde das bedeuten, daß ich zuerst im intermediären Raum bzw. in der Phantasie visualisiere, ob die angebotenen und mit dem Produkt verbundenen Zuschreibungen mit in meine Identität integrierbar sind. Sehe ich mich nun tatsächlich als den sportlichen Fahrer, wie es die tragende Produkt-Botschaft von BMW verheißt, wird es mir gelingen diese Integrationsleistung durchzuführen. Man könnte auch von einer gelungenen Passung oder Adaption des Marken-Images sprechen. Maßgebend ist dabei aber eben auch das soziale Umfeld, das diesen Passungsprozeß bewertend begleitet und so schon im Vorfeld bei der Entscheidung hilft, ob eine Annäherung identitätsadäquat stattfinden kann, oder nicht. Nach der realen und psychischen Aneignung wird hier dann auch überprüft, ob hier eine authentische Identitätsgestaltung stattgefunden hat. Ein Öko-Bäcker wird unter Umständen, auch wenn er sich es leisten kann, Schwierigkeiten haben einen BMW zu fahren und dabei authentisch zu bleiben, weil dieses Verhalten möglicherweise einen Kernbereich seiner Identität betrifft.
Dieser Aneignungsprozeß der erfahrenen Interaktionen mit dem betreffenden Kulturelement vollzieht sich in sogenannten episodic memories. „Es handelt sich dabei um Speicherungen von Interaktionen, die mit zunehmender Erfahrung generalisiert werden. Selbst, Objekt, die Art der Interaktion und die Situation werden zusammen mit den beteiligten Affekten zu Bestandteilen der Erinnerung.“ Ein Bündel von Geschichten, Erlebnissen Erfahrungen, die sich um dieses Element gruppieren und zusammen in einer Art Meta-Erzählung einen generalisierten Kontext bilden, der Teil der Identität wird.
Kultur und Werbung
Die Inhalte der Werbung werden dann vom Konsumenten in einem positiven Sinne angenommen, wenn sie sich an dem Wertesystem des jeweiligen kulturellen Kontextes orientieren. „Past research also suggest that advertising themes that are consistent with cultural values of the intended audience are more desirable than ads that reflect values that are inconsistent.“
Die inhaltlichen Verknüpfungen, die zwischen Kultur und Werbung bestehen sind wechselseitiger Natur. Zum einen benutzt Werbung Kultur, um sie darzustellen so wie sie ist, zum anderen nimmt Werbung Kulturelemente und schafft damit etwas Neues, das wiederum vom Konsumenten übernommen und in die bestehende Kultur integriert wird. Konsum-Kultur und Konsument sind hier beide Teil eines Systems. „The relationship between advertising and the consumer is dialectical: advertising not only helps in creating, modifying and transforming cultural meanings for the consumer, but also represents cultural meanings taken from the consumer`s world view and invested into the advertised product.“ Werbung wird aus Kultur konstruiert und der Konsument konstruiert mit Werbung Kultur - ein Zirkelschluß.
Werte und Motive in Bezug auf Identitätsbildung
Die Freisetzungsprozesse der Individualisierung und die Erweiterung des individuellen Möglichkeitsraumes durch die Pluralisierung beeinflussen natürlich auch die Werthaltungen und Motive der Menschen. Ich kann, ich darf etwas anders machen, also mache ich es auch anders. So wächst natürlich auch der Anspruch an mich. Es bietet mir die Chance zu vermehrter Reflexion und damit intellektueller Selbstbestimmung. Der Wertewandel beschleunigt sich mit der Expansion des Möglichkeitsraumes. Die lebbaren Handlungsmotive vervielfachen sich mit zunehmender Aufsplitterung unserer Kultur. Die verbindliche Form der Lebensplanung wie noch in den fünfziger und sechziger Jahren wich einem vagen Projekt namens Selbstverwirklichung. Heute sprechen viele hier eine andere Sprache, die - zwangsläufig vage - um ‘Selbstverwirklichung’, die ‘Suche nach der eigenen Identität’ kreist, die ‘Entwicklung der persönlichen Fähigkeiten’ und das ‘In-Bewegung-Bleiben’ zum Ziel hat.“
Prolog/Zusammenfassung/Zwischenkapitel
Aesthetisierung: die Suche nach dem schnellen Kick. Wo bekomme ich möglichst schnell die nötigen Anerkennung, Bestätigung, das gute Gefühl das ich brauche um meine Identität zu stabilisieren. Oberflächenreize werden unter dem Einfluß dieser Geisteshaltung immer wichtiger für die Menschen.
Individuelle Bedingungen von Identität oder Identität ist Kommunikation
Begriffliche Abgrenzungen von Identität
Im Rahmen dieser Frage sollte man einer Begriffsbestimmung nachgehen. So bezeichnet hier Persönlichkeit „das bei jedem Menschen einzigartige relativ stabile und den Zeitablauf überdauernde Verhaltenskorrelat.“ Es handelt sich hierbei um überwiegend vererbte Eigenschaften. Diese grundlegenden Persönlichkeitsmerkmale sind weitgehend stabil. „Der Säugling verfügt über angeborene Muster sozialer Reaktionsbereitschaft.“ Sie sind zwar veränderbar, aber nur in einem gewissen Rahmen. Aus einem introvertierten Stubenhocker wird nie eine extrovertierte Frohnatur. Ähnlich gelagert ist der Begriff Temperament. Hierbei handelt es sich um „so etwas wie die Farbe der Persönlichkeit oder auch der Stil des Verhaltens.“ Zur Beschreibung von grundlegenden Temperaments-Arten dienen den Psychologen Faktorenmodelle(Graphik Faktorenmodell), die mit Gegensatzpaaren Verhaltensfärbungen zu beschreiben versuchen. Und wie sie mit dem Beispiel: introvertiert/extrovertiert oben schon erwähnt worden sind. Statt Temperament, könnte man auch sagen, „daß vor allem der von Geburt an gleichbleibende Affektausdruck (Freude, Ärger, Trauer etc.) unserem Selbst ein affektiv verankertes Kern-Identitätsgefühl ermögliche.“ Dieser Identitätskern wird auch primäre Identität genannt und sorgt dafür, daß wir uns trotz aller Veränderung uns stets als die gleichen fühlen und verankert sozusagen unsere Identität. Alle in Folge der weiteren gesellschaftlichen Individuation gebildeten Identitätsteile werden - analog dazu - sekundäres Selbst/Identität genannt. Der Charakter beschreibt so etwas wie die Selbstorganisation und die Fähigkeit die vorhandenen Eigenschaften einzusetzen und löst sich begrifflich etwas von der Sichtweise, die die genetisch determinierten Aspekte in den Vordergrund rückt. „Der Charakter hat die Fähigkeit, das Temperament abzuwandeln. Er ermöglicht es Menschen, aus den nützlichen Teilen des Temperaments einen Vorteil zu ziehen und die Bedeutung der weniger wünschenswerten biologischen Neigungen oder Instinkte zu verringern.“ Die in dieser Arbeit vorrangige Verwendung des Begriffes Identität speist sich aus dem Umstand, daß hier ein Spektrum von Eigenschaften und Verhaltensweisen beleuchtet werden soll, das in erster Linie im Austausch mit der Umwelt, also dem sozialen und kulturellen Kontext konstruiert wird und trotzdem mehr ist als nur ein Bündel von Verhaltensweisen. Im Unterschied zum Begriff Charakter soll der Begriff Identität auch der Wirksamkeit angeborener Eigenschaften im Rahmen der Identitäts-Entwicklung Rechnung tragen. Die dabei auftretenden Interdependenzen erschweren das Aufzeigen der Gerichtetheit von den in Aktion tretenden Einflußfaktoren. „Biologie und Psychologie, soziokulturelle Phänomene und historische Ereignisse - alles zusammen formt eine Persönlichkeit als ein dynamisches Ganzes. All diese Komponenten stehen in ständiger Wechselwirkung, stabilisieren und organisieren einander immer wieder neu - wie das chaotische Phänomen Wetter, das sich immer aus sich selbst erzeugt und das die Wissenschaft wohl nie völlig verstehen wird.“ Wichtig ist, zu akzeptieren, daß wir nicht als unbeschriebenes Blatt zur Welt kommen und ausschließlich das Produkt unserer Umwelt sind. Wir sehen also - grob gesagt - nicht nur aus, wie unsere Eltern, sondern auch im Bereich unseres Verhaltens gibt es mehr Gemeinsamkeiten als dem ein oder anderen vielleicht lieb ist. So gesehen ist es ebenso fragwürdig das Verhalten von Menschen nur aus deren Umwelt herzuleiten, wie es als vollständig von den Genen determiniert zu sehen. „Die meisten Psychologen und Genforscher, Pädagogen und Verhaltensgenetiker akzeptieren inzwischen die Faustformel fifty-fifty: Vergleicht man die Persönlichkeiten zweier Menschen, so gehen die Hälfte der Wesensunterschiede auf Vererbung, die andere Hälfte auf Umwelteinflüsse zurück. Bei manchen Eigenschaften, etwa Intelligenz, liegt der Anteil des Erbes ein wenig höher, bei anderen, etwa Schüchternheit, niedriger.“
Identität in verschieden Teil-Identitäten zu trennen ist spätestens seit freud ein bekanntes Erklärungsmodell. Trennen kann man z.B. zwischen personaler und sozialer Identität. „The personal identity includes specific attributes of the individual such as competence, talent and sociability. The social identity is defined as that part of an individual’s self concept which derives from his knowledge of his membership in a social group (or groups) together with the value and emotional significance attached to that membership.“
Ein weitere Unterscheidung wäre zwischen idealem und aktuellem Selbstkonzept. Der Begriff ideales-Selbst suggeriert meiner Ansicht nach eine Zielgerichtetheit von Identität auf ein klar umrissenes Idealbild, das so in seiner realitätstauglichkeit mitunter problematisch zu sehen ist, was die Integration in die Identität des einzelnen betrifft. Diese form der analytischen Trennung wird von verschiedenen Autoren vollzogen, ist durchaus möglich und wird hier in der Arbeit auch weiterhin zitiert ohne beanstandet zu werden. Ich aber möchte hier eher die Prozeßhaftigkeit von Identität herausstreichen. Kontinierliche Entwicklung und Identitätsarbeit kann auch Strategiewechsel beinhalten, die sich aber alle in der Interaktion bewähren müssen, um in die Identität integriert werden zu können. Ich bin also weniger was ich denke, sondern was ich tue, um nicht zu sagen: das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewußtsein.
Den Begriff Selbstkonzept möchte ich auch deshalb so weit es geht vermeiden, weil er in der Literatur auch dazu verwendet wird den Identitäts-Prozeß weiter analytisch auseinanderzudividieren, was meiner Ansicht nach nicht unbedingt zum Erkenntnisgewinn beiträgt. Z.B. Heath zu diesem Thema: „In the consumer behaviour literature self-concept has generally been identified as a multidimensional concept comprising five components: the ideal self, the apparent self, the social self, the percceived self, and the actual self. (...) ‘...the perceived self is how one sees oneself; the ideal self is the model person which one aspires to be; the social self is how a person thinks others perceive the; and the apparent self is how people actually view the individual. The actual self is a composite af all these concepts.“ .
Zusätzlich ist die Aufteilung in aktuelles und ideales Selbst-konzept für das Konsumverhalten mit Produkten von hohem symbolischen Gehalt möglicherweise nicht aussagekräftig. „Neither Ross nor this study found support for the proposition that ideal self-concept is a better brand predictor for conspicously consumed products.“
Weiter oben wird von Visualisierungen und intermediärem Raum die Rede sein, da ich die Wichtigkeit der sozialen Interaktion bzw. der Spiegelung für die Integration von Identitätselementen hervorheben möchte. Die Ausrichtung des Selbstkonzeptes an seinem sozialen Umfeld ist dabei für die psychische Stabilität des einzelnen von entscheidender Bedeutung. „Das ideale Selbstkonzept überschneidet sich mehr oder weniger stark mit dem aktuellen Selbstkonzept. Große Diskrepanzen führen tendenziell zu ausgeprägten Selbstzweifeln und Ängstlichkeit.“
Das Kapitel über Authentizität wird hiervon handeln.

Identität und Gesundheit
Wenn man über die bloße Beschreibung gesellschaftlicher Wirklichkeit einen normativen Ansatz verfolgt, also von „richtig“ und „falsch“ in Bezug auf Identitätsbildung spricht, benötigt man für das als erfolgreich bezeichnete Verhaltensmuster eine Argumentation jenseits argumentativer Beliebigkeit. Die klare argumentative Grundlage sei folgendes: Falsche Identitätsentwicklung macht krank.
Gerade die oben ausgeführten Auswirkungen der Individualisierung und des flexiblen Kapitalismus stellen erhöhte Anforderungen an die Fähigkeiten des einzelnen Identität zu gewinnen und zu stabilisieren. Hier bedarf es die verschiedenen Repräsentanzen in einem kohärenten Selbst zusammenzuhalten und gleichzeitig in den verschiedenen sozialen Kontexten ein Identitätsteil situationsadäquat, kongruent und damit authentisch zu leben. „Specifically, people tend to focus and rely on situational cues to gain approval and develop positive relationships, the achievement of which tends to increase self-esteem. In contrast, the inability to achieve these two goals by matching dispositional behavior to situational cues often results in aversive consequences for a person.“
Voraussetzung für eine starke Immunabwehr und damit eine intakte Gesundheit ist eine stabile Psyche anders könnte man auch sagen, „daß es auch gut sei, eine Identität zu bilden - gut zumindest in dem auch empirisch bestätigbaren Sinn, daß das Maß seelischer und körperlicher Gesundheit und subjektiven Glücksempfindens bei gelingender Identitätsbildung höher sei.“
Identitätsbildung geschieht im Dialog

Der Mensch ist ein soziales Wesen
Identität kommt nicht aus dem luftleeren Raum oder durch Überlegungen im stillen Kämmerlein. Wir brauchen den signifikanten anderen in dem wir uns spiegeln können und so das gewinnen, was gemeinhin als Identität bezeichnet wird. „Die Grundlage menschlichen Zusammenlebens ist eine zweifache und doch eine einzige: der Wunsch jedes Menschen, von den anderen als das bestätigt zu werden, was er ist, oder sogar als das, was er werden kann, und die angeborene Fähigkeit der Menschen, seine mitmenschen in dieser Weise zu bestätigen.“ Der Mensch kann nur in einem, wie auch immer gearteten sozialen Kontext existieren. Schon Aristoteles erkannte, „daß der Mensch ein von Natur auf die staatliche Gemeinschaft angelegtes Wesen ist, und deshalb verlangen die Menschen, auch wenn sie durchaus keiner gegenseitigen Hilfe bedürfen, nichtsdestoweniger nach dem Zusammenleben;" Zoon politikon: Der Mensch ist ein soziales Wesen. Das bedeutet: „die Anerkennung der Tatsache, daß man allein nicht in der Lage ist zu überleben.“
Die Abhängigkeit von sozialen Austauschprozessen und insbesondere von Kommunikation ist so stark, daß unser Organismus ohne sie nicht überlebensfähig wäre. Ein historisches Experiment, das Kaiser Friedrich II durchführen ließ beleuchtet diesen Umstand. „Nach der Chronik des Fraters Salimbene von Parma wollte Kaiser Friedrich II die Ursprache des Menschen dadurch feststellen, daß er mehrere Kinder von Geburt auf von Ammen aufziehen ließ, die den Auftrag hatten, sich der kinder in jeder Weise anzunehmen, doch nicht zu ihnen oder in ihrer Gegenwart zu sprechen. Auf diese Weise hoffte der Kaiser herauszufinden, ob sie spontan hebräisch, griechisch oder lateinisch zu sprechen beginnen würden. Leider führte das Experiment trotz der vorzüglichen Versuchsanordnung zu keinem Ergebnis, ‘es war verlorene Mühe, denn die Kleinen starben alle.“
Der Entwurf eines eigenen Selbst und damit die Kultur- und Lebensfähigkeit des Menschen ist untrennbar verbunden mit einem funktionsfähigen sozialen Umfeld. „Menschen ohne jede Sozialbindung, im buchstäblichen Sinne frei und unabhängig, jeder sein eigener und einziger Erfinder und Gestalter seines je eigenen Lebens, ohne Kriterien, ohne gemeinsame Maßstäbe und Normen, die ihn bei der Gestaltung leiteten - dies sind keine Menschen , sondern mythische Figuren.“ Analog dazu läßt sich beim Menschen ein Grundbedürfnis nach sozialer Nähe feststellen. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß „wir ein angeborenes Bedürfnis nach Liebe, Anerkennung und emotionaler Zuwendung haben.“ Das Verlangen nach Anerkennung könnte man als kulturanthropologische Konstante bezeichnen. Ein grundlegendes Merkmal das allen Menschen zu eigen ist, egal ob in einem traditionell lebenden Naturvolk oder in einer westlichen pluralistischen Gesellschaft. Man könnte sagen „es bestehe ein Zusammenhang zwischen Anerkennung und Identität, wobei ‘Identität’ hier das Selbstverständnis der Menschen bezeichnet, ein Bewußtsein von den bestimmenden Merkmalen, durch die sie zu Menschen werden. Die These lautet, unsere Identität werde teilweise von der Anerkennung oder Nicht-Anerkennung, oft auch von der Verkennung durch die anderen geprägt.“ Erst im Spiegel des anderen ist es mir möglich Identität zu gewinnen. Ich bin also auf mein Umfeld angewiesen . Nur inwieweit kann ich auf dieses Einfluß nehmen, es gestalten und das Bild, das hier von mir entsteht, in die gewünschte Richtung lenken? Hier liegt die Gefahr: beim Scheitern dieses Projektes, sei es aus eigener Schuld oder die der umgebenden Menschen, kann der einzelne Schaden nehmen und in eine deformierte und deformierende Lebenssituation hineinwachsen. Die Möglichkeiten, die hier vom Gelingen bis zum Scheitern reichen hängen also davon ab, ob mein Umfeld konstruktiv oder destruktiv zu meiner Selbstwahrnehmung beiträgt. Dies nennt Keupp den „dialogischen Charakter menschlicher Existenz“. Die Freisetzungsprozesse der Individualisierung sind es die dem einzelnen die Chance aber auch gleichzeitig den Zwang auferlegen sich das Umfeld zu schaffen, das ihm die für die Stabilisierung seiner Identität notwendige Anerkennung entgegenbringt. „Anerkennung muß auf der persönlichen und gesellschaftlichen Ebene erworben werden, und insofern ist sie prekär geworden.“ Und insofern erhöht sich für mich persönlich auch das Risiko. Wie könnte man dieses Risiko verringern? Normativ gesehen bedeutet dies für den einzelnen, daß er sich seiner Verantwortung und den damit verbundenen Abhängigkeiten bewußt ist. „Die wahrhaft selbständige Person erweist sich als keineswegs so unabhängig, wie es kulturelle Stereotypen voraussetzen.“ Für den Menschen in der postmodernen Unübersichtlichkeit ist das Projekt des eigenen Selbstentwurfes zum Scheitern verurteilt, wenn er sich nicht seiner Gemeinschaftsfähigkeit und -bedürftigkeit besinnt. „Ohne daß Menschen miteinander verbunden und füreinander verantwortlich sind, sind ‘Freiheit’ und ‘Gleichheit’ eben nicht zu haben.“ Unter Voraussetzung des Bewußtseins dieser Abhängigkeiten kann ich dieses Risiko in eine Chance verwandeln. Nämlich dann, wenn ich mein soziales Umfeld aktiv gestalte und so Einfluß auf den Prozeß der Konstruktion meiner Identität nehme. Es ist die Chance zu einem emanzipatorischen Akt, einem originär schöpferischen Prozeß. „Dieser richtet sich auf Selbstaufklärung und Selbstbefreiung als eigentätigen, lebenspraktischen Prozeß; dies schließt die Suche nach neuen Sozialbindungen in Familie, Arbeit und Politik mit ein.“ Der einzelne hält sich also nicht an präfabriziertes, vorgegebenes Identitätsmaterial, sondern versucht aus dem vorhandenen ein individuelles Muster zu formen, das so in der Gesellschaft noch nicht vorhanden war.
Kollektive Identität
Niemand lebt im luftleeren Raum. Die Eingebundenheit in eine bzw. mehrere soziale Gruppen ist menschliche Realität.
„Indeed (...) individuals are unable to form self-images in the absence of social identities derived from group affiliations. When people are asked to describe ‘who they are’, the answer invariably reflects group associations related to family, work, religious, political, and social organizations.“ . Das Gefühl der Zugehörigkeit ist eine basale Erfahrung die ein Mensch für seine Selbstwahrnehmung braucht. „(..) the way people identify themselves as group members (ingroups) and distinguish themselves from other groups (outgroups).“
Gruppen-Identität ergibt sich hier über Identifikation mit der Eigengruppe und Distinktion von der Fremdgruppe. Je stärker die wahrgenommenen Unterschiede sind, vor allem zu einer statushöheren Vergleichsgruppe und je geringer die Möglichkeit zu einem Gruppenwechsel (niedrigere Gruppenpermeabilität), desto höher die Identifikation mit der Eigengruppe. „In ihrem Streben nach sozialer Identität präferieren Gruppenmitglieder besonders solche soziale Vergleiche, die eine gute Unterscheidung zwischen ihrer Eigengruppe und einer relevanten Vergleichsgruppe ermöglichen.“
Gleichzeitig können die Schwierigkeiten des Individuums bei seiner sozialen Verortung es aber dazu veranlassen sein Heil in der uneingeschränkten, gänzlich distanzlosen und damit unkritischen Übernahme einer kollektiven Identität zu suchen, auch wenn die Auswirkungen dieser durch die Gruppenzugehörigkeit bestimmten Verhaltensweisen für das Individuum negativ sind. Ein Beispiel wären die Hooligans von Lens. „Group-derived behaviors are mandated because they are part of a social role that the individual has accepted, and not necessarily because they are intrinsically satisfying.“
Die Identifikation mit einer Nation oder einem Fußballclub oder eben auch als Anhänger einer Automarke sind hier Beispiele, die die mitunter negativen Auswirkungen einer Überidentifikation mit einer kollektiven Identität beleuchten. Stellt diese Form der Identitätsbildung den grundlegenden Rahmen bei seinem Selbstentwurf dar, so ist das eben durchaus problematisch zu sehen. Die Austauschbarkeit dieses Motivs läßt wenig Raum, um eine klar erkennbare eigenständige Identität zu entwickeln.
Deshalb kann man sagen, (...)daß es nicht dumpfe ‘Wir-Gefühle’ sind, die die Identitätsbildung als Basis braucht, sondern die Erfahrung der basalen Anerkennung der Person. Identität entsteht in einem dialogischen Prozeß,wird aber in unserer Kultur monologisch gedeutet und erzählt: ‘ Ich habe und ich bin...’ diese ideologische Ichbezogenheit und -befangenheit unterschlägt die große Bedeutung der anderen/des anderen und die Prozesse der dialogischen Anerkennung, die in Ich-Du- oder Ich-Wir-Bezügen begründet sind.“ Es bedarf also keiner Rückbezüge auf traditionelle Strategien der Identitätserzeugung. Das Aufgehen in einer kollektiven Identität kann nicht die Alternative zu einer autonomen und emanzipatorischen Identitätsarbeit sein, auch wenn diese sich gleichzeitig als schwierig und mit Risiken verbunden erweist. Dieses Projekt birgt für den einzelnen aber, wie erwähnt, nicht nur Risiken, sondern eben auch Chancen. Und unter Berücksichtigung der Anforderungen des flexiblen Kapitalismus kann die Auslegung seiner Identität auf kollektive Muster durchaus als regressive Tendenz bezeichnet werden, die zum Scheitern führen kann. Lantz und Loeb sprechen hier von Depersonalisation (Depersonalization). „The greater the similarities within the group and the greater the differences towards those outside the group, the greater the contrast. This leads to depersonalizing the individual’s identity in favor of the salient social category.“ Dieser Kontrast verschärft sich noch, wenn die Gruppe einen äußeren Feind besitzt. Der Kosovo-Konflikt hat gezeigt wie ein äußerer Feind - in diesem Fall die NATO - sämtliche inneren Differenzen beiseite fegt und selbst die Opposition mit dem ungeliebten Despoten auf Linie bringt. Auf diese Weise wird eine an sich fragile Volksgemeinschaft geeint und auf die bedrohte nationale Identität eingeschworen.
Gelungene Identifikation setzt also auch die nötige Distanz und Kritikfähigkeit zu der betreffenden Grupppe voraus. Wenn ich zu sehr in der Gruppenidentität aufgehe verliere ich meine personale Identität und damit meine individuelle Einzigartigkeit. „Depersonalization refers to the process of ‘self-stereotyping’ whereby people come to perceive themselves more as the interchangeable exemplars of a social category than as unique personalities defined by individual differences.“
Identifizierung versus Abgrenzung
Individuum und Gemeinschaft
Das dialogische Prinzip der Bildung von Identität bedingt, wie oben ausgeführt, daß der einzelne Teil irgendeiner Form von Gemeinschaft ist. Die innerhalb dieses Netzwerkes wechselseitig wirksam werdenden Mechanismen bilden heraus und verfestigen die Ausprägungen der Identität, die jeweils als Disposition im angeborenen Persönlichkeitsbild der einzelnen vorhanden sind. „Identität (...) konstituiert sich im Spannungsfeld kommunikativer Integrationsprozeduren von Gemeinschaften.“
Die Schwierigkeit besteht hierbei also in der Bewältigung der Aufgabe, gleichzeitig Teil eines Ganzen zu sein und trotzdem eine eigenständige Identität zu bewahren. Das Entwickeln einer eigenen Identität ist so gesehen ein Spiel von Zugehörigkeit und Abgrenzung. „Biographische Identität,(...) realisiert authentische Balancen von Nähe und Distanz.“
Das Individuum entwickelt sich also, was die Ausprägungen der Identität betrifft in einem Möglichkeitsraum, der theoretisch von totaler Unabhängigkeit bis zu totaler Anpassung an die Umwelt reicht. Wobei in der Realität keines der beiden Extreme zu erreichen sein wird. Man kann also sagen, „daß weder der einzelne seine Identität allein, sozusagen privat, definieren noch daß die Umwelt sie ihm zudiktieren kann. Jedes Individuum entwirft seine Identität, indem es auf Erwartungen der anderen, der Menschen in engeren und weiteren Bezugskreisen, antwortet.“ Wo und wann passe ich mich den Vorstellungen meiner Umwelt an und wo grenze ich mich ab. Wo gehöre ich dazu und wo unterscheide ich mich; hier fällt die Entscheidung zwischen Identifikation und Distinktion. Es ist also ein aktiver Vorgang und hängt daher von den Fähigkeiten des einzelnen Individuums ab; siehe Ressourcenproblematik. „Das Unterscheiden, das Spiel der Differenzen und Distinktionen ist keine Wissenschaft, sondern eine Geschicklichkeit.“ Diese aktive Rolle wird von dem einzelnen bereits von frühester Kindheit an wahrgenommen. Je nach Temperament üben die Kinder dementsprechend Einfluß auf ihr soziales Umfeld aus, gestalten aktiv ihre Umwelt mit. „Kinder mit unterschiedlichem Temperament Provozieren eine unterschiedliche Erziehung.“ Kinder haben also Einfluß auf den Erziehungsstil ihrer Eltern und steuern so in gewissen Grenzen ihre Erziehung und damit auch den Verlauf ihrer eigenen Entwicklung. Woraus sich folgender Zirkel ergibt: „Die Gene formen das Temperament, das Temperament formt die persönliche Umwelt, und diese Umwelt verstärkt wiederum die Entfaltung des Temperaments.“
Wie kann ich mein Selbstbild, also die Vorstellungen die ich selbst von mir habe und das Fremdbild, also die Vorstellungen meines Umfeldes von mir in Einklang bringen. Hier handelt es sich um einen Akt der Balance, um eine erfolgreiche Vermittlung zwischen den beiden Instanzen. „Identität entsteht also an den Schnittstellen von persönlichen Entwürfen und sozialen Zuschreibungen.“ Wie kann ich also meine Eigenständigkeit bewahren und dabei authentisch bleiben; was bedeutet, daß mein Selbstentwurf in der lebenspraktischen Umsetzung einer kritischen Überprüfung durch mein soziales Umfeld standhalten muß. Ein Verhalten das man als aktive Identitätsarbeit umschreiben könnte. Ich gestalte aktiv meine Identität im Austausch mit den anderen indem ich klar nach außen Position beziehe und mich so auch lokalisiere. Diesen aktiven Prozeß kann ich auch durch mein Konsumverhalten unterstützen. „The self is conceptualised in postmodernity not as a given product of social system nor as a fixed entity which the individual can simply adopt, but as something the person actively creates, partially through consumption.“ Mit der Art wie und vor allem was ich konsumiere, welche Marken ich bevorzuge, eben welchen Konsumstil ich nach außen lebe, sagt etwas darüber aus wie und zu was ich in dieser Welt stehe. Es hilft mir meinen ganz persönlichen lebensweltlichen Kontext zu kommunizieren und dabei meine soziale Verortung sowohl nach außen wie nach innen voranzutreiben. Ich sage wo und wofür ich stehe. „Distanzierung ist ohne Kommunikation, ohne den symbolischen Wechsel zwischen den Perspektiven der Teilnahme und denen der Beobachtung nicht möglich. In einer Perspektive teilnehmender Selbstbeobachtung erlernt man, sich und sein selbst auszudrücken.“ Dabei ist es auch von entscheidender Bedeutung, daß ich die Unterschiede, die für die Abgrenzung meiner Identität wichtig sind auch klar herausarbeite. Es handelt sich hierbei um einen originären schöpferischen Akt innerhalb der jeweils vorgegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. „Personale Identität setzt die Behauptung im Feld intersubjektiver Beziehungen voraus. Ohne die Fähigkeit, sich in wechselnden Kontexten und Beziehungen selbst als unverwechselbar zu behaupten, könnte von individueller Identität keine Rede sein.“ Woody Allen thematisiert diese Problematik in satirischer Form in dem Film „Zelig“. Unterhält er sich mit einem Rabbi verwandelt er sich in einen jüdisch Orthodoxen, im Umkreis von Nazis wird er zu einem von ihnen usw. In künstlerischer Überzeichnung illustriert er das Extrem der totalen Anpassung und deutet damit das Problem an, das mangelnde Abgrenzung für den einzelnen in der Realität bedeuten kann. Identitätsarbeit ist also ein Prozeß der je nach Fähigkeiten qualitativ unterschiedlich bewältigt werden kann. „Die Unfähigkeit also, die Grenzen des eigenen Daseins zu bestimmen und sich zu reflektieren, führen aus dieser Sicht zur Diffusion von Identitäten, zur Entgrenzung des Daseins als Unfähigkeit der Abgrenzung zu anderen Menschen und Dingen, die als gleichermaßen fließend aufeinandertreffen.“

Um eine klar erkennbare Identität sowohl für die Umwelt, als auch für sich selbst zu gewinnen, muß der einzelne deutlich für Inhalte stehen und zu kulturellen Elementen und den damit verbundenen Inhalten deutlich Stellung beziehen. Totale Unverbindlichkeit verhindert gesellschaftliche Wahrnehmbarkeit und beeinträchtigt die Kommunikationsfähigkeit. Es droht der Fall in die soziale Isolation und der damit einhergehenden psychischen Deformation.(Belegen!!!!)
Identitätsarbeit als Prozeß
„Jeder einzelne von uns kommt als Person auf die Welt - den Rest der Zeit in unserem Leben verbringen wir damit, herauszufinden wer diese Person ist.“ Gerade weil es sich in unserem Fall mit Identitätsarbeit bei Erwachsenen zu tun haben, sei hier noch einmal darauf hingewiesen, daß es sich bei der Identitätsentwicklung nicht um ein irgendwann abschließbares Projekt, sondern um einen fortlaufenden, nie zu einem Ende kommenden Prozeß handelt. Man kann also sagen, „daß die Entwicklung des Menschen keineswegs mit der abgeschlossenen Adoleszenzkrise endet, sondern, daß auf den Erwachsenen weitere Aufgaben warten, die ihm die Ausbildung neuer Dispositionen abverlangen.“
Die Aufgabe trotz ständiger Veränderung sich hinsichtlich seiner Identität ein Gefühl der Einheitlichkeit und Kontinuität zu bewahren zieht sich durch alle Lebensphasen. Trotz ständigem Wandel eine stabile, kohärente Identität zu entwickeln ist hier die Herausforderung. „Self-identity is a process of negotiating a fundamental existential tension between stability (i.e., the historical development of a person’s sense self-identity) and change.“ Die Kontinuität im Wandel ist der individuelle Lebensstil, die individuelle Lebensform, die der einzelne im Alltag pflegt, wie er die auf ihn eintreffenden Einflüße aus seiner Umwelt verarbeitet und daraus seine Identität formt. Einen Teil dieser Einflußfaktoren stellen dabei eben Marken und Markenwerbung dar. „(...) the self is continually defined and redefined through exposure to cultural symbolism and experience with products, including the advertising for such products.“
Der einzelne braucht dafür die nötige Anerkennung durch seine Umwelt und kann dieses Projekt nur erfolgreich bewältigen wenn er eine dementsprechende Abstützung in seinem sozialen Umfeld erfährt. „Die Ausbildung der Kompetenz, Identität zu entwickeln, zu verteidigen und zu revidieren, wurzelt daher in den Interaktionen und Beziehungen der eng in Familie, Schule und Beruf miteinander verbundenen Menschen, die gemeinsames Wohlergehen zu verwirklichen suchen und dabei gute und leidvolle Erfahrungen sammeln.“ Wenn wir davon sprechen, daß Identitätsarbeit ein aktiv zu gestaltender Prozeß ist, dann setzt das auch wie erwähnt dementsprechende Fähigkeiten voraus um an diesem Projekt weiterarbeiten zu können und es voranzutreiben. Die genetisch ererbten Eigenschaften und die durch das engere soziale Umfeld vorgegebenen Rahmenbedingungen haben den fundamentalsten Einfluß auf grundlegenden Orientierungen des einzelnen und sind so etwas wie die Modelliermasse mit der er dann den Prozess der Identitätsbildung sein Leben lang formt. „In this light, the self is regarded as relatively stable (consisting of a set of self-conceptions that are chronically accessible), while also being malleable (varying on the basis of self-conceptions that are made accessible in the social situation).“ Ein nie zu Ende führbares, echtes Lebenswerk- eine Baustelle. Trotzdem oder gerade deswegen bleibt Identität nie gleich sondern antwortet auf den altersadäquaten Entwicklungsstand. „Der jeweiligen Entwicklungsphase entsprechend, entstehen auch vor der Adoleszenz und ihr nachfolgend typische Identitätsformationen, die die jeweiligen kognitiven und sozialen Kompetenzen widerspiegeln.“ Falsch wäre aber hier eine Entwicklung mit Überbietungscharakter anzunehmen, in der eine Entwicklungsstufe von der nächsthöheren abgelöst wird. Vielmehr vereinen sich in einer Art Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigem entwicklungsgeschichtlich früher entstandene und später entstandene Ausprägungen von Identität zu einem vielschichtigen und vielfarbigen Identitäts-Bild, das den augenblicklichen Stand seiner diesbezüglichen Bemühungen darlegt - in einer Momentaufnahme.
Identitäts-Balance
Gerade die Anforderungen des flexiblen Kapitalismus bringen die Menschen im Laufe ihres Lebens in immer neue Situationen. In der Konfrontation mit diesen neuen Einflüssen entstehen neue Facetten der Identität, die erst integriert werden muß und gleichzeitig versucht der einzelne grundlegende Orientierungen beizubehalten. Dabei ist er einer Vielzahl von Einflüssen zur gleichen Zeit ausgesetzt und steht nun vor der Aufgabe hier eine Balance zu finden. „Dieses mühevolle Balancieren zwischen Erwartungen, Zuschreibungen und eigenen Interessen und Sehnsüchten ist kein Jonglieren aus Übermut, sondern entspringt der Not, seinen Platz in einer widersprüchlichen, sich wandelnden Gesellschaft zu bestimmen.“ Krappmann greift diesbezüglich einen möglichen Kritikpunkt auf. Dabei geht es um die Frage ob es sich bei dieser ständig formbaren ‘Plastik’-Identität überhaupt um eine tragfähige erwachsene Variante handele. Eine Variante die nur das ständige Aushandeln von Positionen kenne und so keinen Halt bieten könne und damit unreif sei. „Das Kindlich-Pubertäre werde heute in der Erwachsenenkultur verewigt. Das Konzept der balancierenden Identität liefere die ideologische Rechtfertigung.“ Aber, wie oben erwähnt, reagiert das Individuum nur auf die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse und versucht nicht aus Spaß so etwas wie eine Kultur der Unreife zu etablieren; denn Identität zu entwickeln ist eben auch ein gesellschaftlich erzwungener Vorgang.(KeuppS.114)
Ich muß eben auch eine Balance zwischen meinen vorstellungen und der gelebten Realität herstellen. Wenn sich die Realität nicht nach meinen Vorstellungen gestalten läßt muß ich umgekehrt meine Einstellung dazu ändern um wieder in balance zu kommen. In der Arbeitspsychologie gibt es dazu ein Beispiel. Resignative Arbeitszufriedenheit stellt sich dann ein, wenn z.B. ein BMW Fließbandarbeiter merkt, daß er keinerlei Aufstiegschancen hat, muß er eben seine Situation neu bewerten.
Die Bastel-Mentalität
Der Prozeß der Individualisierung erzeugt eine gesellschaftliche Wandlungsdynamik, die den einzelnen zwingt adäquat darauf zu reagieren. „Das Subjekt löst sich infolge dieses Prozesses immer mehr von den vorgegebenen biographischen Entwurfsschablonen und Schnittmustern und muß die Lebensentwürfe in eigene Regie nehmen. In diesen Erosionsprozessen verlieren die großen religiösen, philosophischen, kulturellen und politischen Deutungsmuster und Formationen ihre Konstruktionskraft. Auf sie kann der einzelne bei seiner eigenen Biographiebastelei und Identitätsarbeit immer weniger als ordnenden Rahmen zurückgreifen.“
Der einzelne ist gezwungen immer weitere Bereiche seiner Biographie selbst zu planen - Beck spricht hier von ‘selbstreflexiv’. In den verschiedensten Lebenslagen sieht er sich damit konfrontiert, Entscheidungen zu treffen mit deren negativen wie positiven Konsequenzen für seine Zukunft. Die Bedürfnisse des Marktes sind die Koordinaten für die Richtigkeit dieser Entscheidungen. „Dies bedeutet: durch institutionelle und lebensgeschichtliche Vorgaben entstehen gleichsam Bausätze biographischer Kombinationsmöglichkeiten. Im Übergang von der ‘Normal- zur Wahlbiographie’ bildet sich der konfliktvolle und historisch uneingeübte Typus der ‘Bastelbiographie’ heraus.“
Die individuelle Lebensgeschichte mit klarer zielgerichteter Strukturist ein überkommenes Modell. Kennzeichnend für Identität im Zeitalter der Individualisierung ist die nicht-Linearität von Entwicklung, was für den einzelnen bedeutet zu lernen seine Unvollständigkeit zu akzeptieren. Reifen heißt hier nicht: sich zu vervollständigen, sondern lediglich zu verändern oder bestenfalls sich zu erweitern. „Anstelle der bourgeoisen Idee der ‘Formation’, der Ausbildung, und der Sequenz verschiedener Lebensetappen tritt im Postmodernismus ein multiples Erleben vieler simultaner, unterschiedlicher oder gar dissonanter Geschichten.“ Unvollständigkeit statt Zielgerichtetheit, Widersprüchlichkeit statt Einheitlichkeit das sind Koordinaten an denen sich die Identität in der Postmoderne festmachen läßt. Das ergibt ein Nebeneinander von den unterschiedlichsten Identitätsbausteinen. Einerseits muß der einzelne diese vielfältigen Identitätsbausteine zusammenzufügen und zusammenzuhalten, andererseits aber immer auch offen und bereit sein neue zu integrieren.
„Wer sich in wechselnden Sinnsystemen bewegen, sich unter divergenten Lebensaspekten bewähren muß, der darf sich nicht mit zuviel ‘Identität’ belasten; das heißt er darf sich nicht festlegen, sondern muß beweglich bleiben, offen und anpassungsfähig.“
„Wir haben es nicht mit ‘Zerfall’ oder ‘Verlust der Mitte’ zu tun, sondern eher mit einem Zugewinn kreativer Lebensmöglichkeiten, denn eine innere Kohärenz ist der Patchworkidentität keineswegs abhanden gekommen. Aus der sozialepidemiologischen Forschung, genauer gesagt von dem israelischen Forscher Aaron Antonovsky, kommt die Annahme, daß ein ‘Gefühl der Koheränz’ die entscheidende Bedingung für psychische und körperliche Gesundheit sei.“ Diese Form der Identitätsarbeit ist ein kreativer Prozeß der Selbstorganisation, der nur in der Interaktion innerhalb eines sozialen Netzwerkes gelingen kann.
Das innere Team oder Identität ist situationsspezifisch
Ich möchte hier noch einmal die Thematik aus dem Kapitel Gefahren der Individualisierung aufgreifen. Die durch die Individualisierung bedingte Abnahme der Orientieungsverbindlichkeit und die damit verbundene verringerte Tragfähigkeit von Identitäts- und Lebensentwürfen bedeutet für den einzelnen eine Steigerung der Komplexität. Die Geteiltheit menschlicher Lebenswirklichkeit gibt es nicht erst seitdem der Begriff Individualisierung Eingang in die wissenschaftliche Diskusion fand. Es ist spätestens seit Parsons (NaChSchaUEn!!)allgemein bekanntesw Gedankengut,daß der Mensch in unterschiedlichen Lebenssituationen unterschiedliche Rollen ausfüllt bzw. ausfüllen muß, was wiederum Einfluß auf seine Identität hat. „A person can hold many different roles in life such as mother, teacher, part-time student, democrat and intellectual all at the same time. Each of these roles influences the self-concept.“
Er muß den Umgang mit damit einhergehenden Multiperspektivität lernen. Man könnte dies Patchwork-Identität oder eben auch das innere Team nennen. Die Gerichtetheit meiner Verhaltensweisen ist situationsabhängig. „Ständig selektiert unser Seelenapparat aus unzähligen möglichen Selbstsegmenten eine gerade angemessene Identität, ein Ich des Augenblicks. Die Folge: Wir sind eben nicht in jedem Moment derselbe Mensch. Wir sind wechselhafte, wandelbare Persönlichkeiten.“
Das heißt: Je nachdem in welchem System ich mich gerade befinde kann ich eine entsprechende Repräsentanz abrufen. Dies ermöglicht mir mich situationsspezifisch zu verhalten. Identität bzw. die einzelnen verschiedenen Identitätsteile funktionieren situationsabhängig. Je nach Situation wird ein erlerntes Set von Verhaltensweisen und damit verbundenen Emotionen in Gang gesetzt „(...) a trait becomes accesible if it was just activated before an event, if it was evoked by an experience or a memory, and if it has been elicited by the social situation at a particular point of time.“
Bedeutet aber gleichzeitig das Entstehen einer inneren Pluralität was zu einer Widersprüclichkeit der einzelnen Repräsentanzen führen kann. Dieses innere Team zusammenzuhalten, zu integrieren ist Voraussetzung gelungener Identitätsarbeit. Gelingt dies nicht, schaffe ich es nicht meine verschiedenen Persönlichkeitsteile zu integrieren, kann dies zu Kommunikationsstörungen führen. Die Interaktion mit dem sozialen Umfeld ist dabei von entscheidender Bedeutung. (Doppelbindung erklären) „Die Doppelbindung verursacht nicht Schizophrenie. Man kann lediglich sagen, daß dort, wo Doppelbindungen zur vorherschenden Beziehungsstruktur werden und wo sich diediagnostische Aufmerksamkeit auf den sichtlich am meisten gestörten Partner beschränkt, das Verhalten dieser Person den diagnostischen Kriterien des klinischen Bildes von Schizophrenie entspricht.“ Man könnte einwenden, daß dies zu abschweifend wäre, daß es sich dabei um Einzelfälle handelt, die gesamtgesellschaftlich nicht von Relevanz sind.. Aber es ist mir wichtig, daß hier noch einmal deutlich wird, daß man Identitätsbildung systemisch begreifen muß und wie der Interaktion dabei entscheidende Bedeutung zukommt. Das System in dem ich mich befinde kann unterstützend auf die Integration meiner Persönlichkeitsteile bzw. Repräsentanzen einwirken oder es behindern. Bin ich nun in einem System, das mir die für die Stabilisation meiner Identität nötige Anerkennung versagt, kann dies massive psychische Probleme nach sich ziehen.
Narrative Identität
Wie kann ich nun so etwas wie Kontinuität erreichen? Indem ich eine fortlaufende Geschichte mit einzelnen Episoden von mir erzähle, mir eine narrative Identität erschaffe. „Identity, then, can be seen as a story which a person writes and rewrites about him- or herself, never reaching the end until he/she dies, and always rewriting the earlier parts, so that the activity of writing becomes itself part of the story. In this sense, it is both reflexive and incomplete.“
Im Rahmen dieser Selbsterzählung setze ich mich in einem gesellschaftlichen Kontext und verbinde mich dabei mit einer Vielzahl von Rollen die nicht nur unterschiedlich sondern durchaus auch widersprüchlich sein können. Von der Schwierigkeit unter den Bedingungen der Fragmentierung der Lebenswelt des einzelnenseiner Lebenserzählung einen roten Faden zu verleihen war auch schon oben bei Sennett die Rede.Hier einen festen Rahmen ein Gefühl der Kohärenz zu entwickel ist die große Herausforderung der postmodernen Identität. „Although these narratological constructions may be marked by internal contradictions and compartmentalized beliefs, they nonetheless enable people to construct a sense of continuity and coherence among the flow of their life experiences."

Authentizität als Meßlatte für den Erfolg
Eine Eigen-Zuschreibung also die Einbindung eines Identitätselementes in die eigene Identität kann nur dann erfolgreich verlaufen, wenn sich diese Eigenschaft als authentisch erweist. „We must, in a word, be sincere or authentic. (...) This is a difficult or impossoble task in a pluralist world and one that requires inreasingly intrusive strategies for making a self which is fragmented across the social world cohere into a single, authentic story, and one accurately reflected through one´s appearance back to the social world.“ Die Schwierigkeit liegt darin, daß wir in unterschiedlichen Lebenszusammenhängen unterschiedliche Rollen annehmen, die mitunter mit widersprüchlichen Selbstzuschreibungen einhergehen. Diese authentisch zu leben und doch in einer kohärenten Identität zu integrieren verlangt vom postmodernen Menschen sich von überkommenen Strategien der Selbstzuschreibung zu lösen. Ich bin nicht entweder spontan oder organisiert, sondern eben möglicherweise beides, je nachdem in welchen Kontext ich mich befinde. Meine Vorstellung von mir muß in jedem Fall einer Überprüfung durch die Realität standhalten. „Individuals monitor their own conduct in order to determine wether their behaviour is consistent with the story that they currently tell about themselves.“ Ich kann nicht sagen ‘ich bin ehrgeizig’ und in meinem gelebten Alltag verhalte ich mich völlig konträr dazu. Diese Eigenschaft wird mir von meinem Umfeld nicht zugeschrieben werden. Da sich aber meine Identität nur im Spiegel der anderen verfestigen kann, wird es mir sehr schwer fallen, um nicht zu sagen unmöglich sein, diese Selbstzuschreibung in meine Identität zu integrieren. Es kommt zu einer kognitiven Dissonanz, d.h. Vorstellung und Wirklichkeit sind nicht im Einklang. Solche abstrakten Persönlichkeitsmerkmale längerfristig in die eigene Identität zu integrieren ist kompliziert und bedarf der kontinuierlichen Arbeit zur Aufrechterhaltung der Identitäts-Balance.
Eine einfachere Art der Zuschreibung bietet als Alternative der Konsum. Die Aussage: ‘Ich bin BMW-Fahrer.’ ist unter der Voraussetzung des Vohandenseins der nötigen materiellen Ressourcen leicht wahr zu machen. Allein schon die Entscheidung für das richtige Produkt und der Kauf an sich sind hier eine Leistung, die eine Übertragung wahrscheinlich machen. Die Authentizität ist ebenfalls leichter herzustellen, denn die Überprüfung dieser Selbstzuschreibung in der Realität ist ohne weiteres durchzuführen. Ich bekomme die Bestätigung von außen und so fällt es mir leichter dieses Identitätssmerkmal auch längerfristig in meine eigene Identität zu integrieren. Die mit dem Produkt verbundenen symbolischen Inhalte müssen dabei in der gelebten Realität als authentisch erfahrbar wahrgenommen werden und einer Bewertung und Überprüfung im sozialen Umfeld standhalten. Nur wenn diese Authentizität gewährleistet ist kann dieser symbolische Prozeß erfolgreich ablaufen und Teil der Identität werden. „In order for the meaning of brands to become fully concrete, the mediated meaning derived from advertising, and promotion must be negotiated with the lived experience of purchase and usage; and particularly for brands with social-symbolic positioning strategies these meanings must be validated through discursive elaboration in a social context.“ Konsum ist im Vergleich zu anderen Verhaltensbereichen generell nicht so streng normiert. Je nach Milieu steigt aber das Risiko und die Folgen eines Fehlverhaltens. Während der Biedermann von nebenan beim Kauf eines Alfa Romeos, ob seiner rührenden Bemühungen noch belächelt wird, kann in einer Jugengruppe die falsche Turnschuhmarke das Ansehen eines Mitglieds schwer beeinträchtigen.
Die Botschaft die ich nach außen sende wird überprüft und entweder gut geheißen oder verworfen. Mein soziales Umfeld wird bei der Konstruktion meiner Identität und damit auch der Wirklichkeitskonstruktion ein entscheidender Mitspieler. Eine stabile Identität setzt voraus, daß ich das Bild, das ich von mir selbst entwerfe und nach außen trage, sprich kommuniziere, auch der gelebten Realität entspricht. Ich darf mich also nicht zu weit von mir selbst entfernen. „The more notable the difference between a consumer’s actual and ideal self-concept, the smaller would be their self-esteem.“
Der Versuch Persönlickeitsentwicklung in zu großen Sprüngen voranzutreiben droht zu scheitern wenn meine Umwelt den Sprung nicht nachvollziehen kann. Das sein bestimmt eben das Bewußtsein und nicht umgekehrt. (Das Forum Scheich positiv denken macht krank) Ein interessantes Beispiel wäre diesbezüglich die Verwandlung von Joschka Fischer. Sein Imagewechsel war kein Problem, weil sein neues Outfit - der feine Zwirn - seiner bereits ausgeübten staatstragenden Funktion entsprach. Die teilweise überschwenglichen Kommentare beleuchten die Wichtigkeit solcher Äußerlichkeiten in unserer Gesellschaft. Hier geht es darum eine kongruente Botschaft zu versenden. Das heißt alle verbalen und non-verbalen Signale sollten in sich stimmig sein, um Kommunikation möglichst verständlich zu machen und Irritationen von vornherein zu vermeiden. Für solcherlei Irritationen sorgte Fischer noch als Minister in Turnschuhen. Welche kulturelle, ja gesellschaftspolitische Tragweite hier eine Konsumentscheidung hatte, zeigt die Tatsache, daß die Turnschuhe jetzt im Haus der deutschen Geschichte in Bonn ais bewundertes Exponat stehen.
Nur wenn ich also die Selbstzuschreibungen auch lebe, wird es mir gelingen den Persönlichkeitsteil in meine Identität zu integrieren. In einem sozialen Umfeld in dem eine offene Atmosphäre herrscht, die Persönlichkeitsentwicklung und Veränderung akzeptiert, wird mir diese Integrationsleistung natürlich leichter fallen, als in einer repressiven Umfeld, das am status quo festhält und Entwicklung verhindert. In jedem Fall muß ich meine Entwicklung mit dem betroffenen System abstimmen.
Interaktion und erfolgreiche Identitätsbildung
Die komplexe Wirklichkeit moderner Gesellschaften in denen es keine allgemeingültig festgelegten Ziele und Orientierungen mehr gibt stellen für den heranwachsenden keine verbindlichen Rollenmuster bereit. „Nicht Rollen, Positionen, Laufbahnen oder irgendwelche Requisiten der Selbstdarstellung garantieren also Identität, sondern vor allem die Kompetenz, Sinn mit den anderen beharrlich auszuhandeln, oft auch auszustreiten.“ Kommunikation ist also conditio sine qua non für gelungene Identitätsbildung in einer modernen Gesellschaft, die gekennzeichnet ist durch: die Auflösung traditioneller Rollen, Entnormativierung, Wertewandel, Unübersichtlichkeit, Pluralisierung und Individualisierung. Der Austausch , die Diskussion über Positionen führt im zwischenmenschlichen Bereich zwangsläufig zu Meinungsgegensätzen womit man sagen kann, daß Identitätsbildung krisenhaft verläuft.
Was kennzeichnet soziale Netzwerke in denen eine solcherart krisenhaft verlaufende Identitätsarbeit erfolgreich sein kann? „Die Fähigkeit zur Kohärenz ist keine Persönlichkeitsdisposition, sondern entsteht aus der gelungenen Verknüpfung einer Person mit anderen, aus den dadurch möglichen Solidaritätspotentialen. Soziale Netzwerke sind Gelegenheitsstrukturen dazu, Potentiale, die zu realisierten und vertrauensvollen Beziehungen werden können. Dies wiederum erfordert Subjekte, die ihr Leben nicht als dauerhaften olympischen Wettbewerb begreifen und leben müssen, in dem andere nur als zu besiegende Konkurrenten wahrgenommen werden.“
Über die Medien wird uns die Unfähigkeit zur produktiven Diskussion in den Talkshows und im politischen Tagesgeschäft vorgelebt. Die bloße Akklamation möglichst effektvoller Realitätsschnipsel herausgerissen aus ihrem sozialhistorischen und lebensgeschichtlichen Kontextes verschütten einen diskursiven und argumentativen Austausch über konkurrierende Lebensstile. „Neben den Werten der Toleranz fördert unsere Gesellschaft Individualität, Selbstverwirklichung und Erfolgsstreben. Die Kehrseite dieser Persönlichkeitsrechte ist das Bemühen, sich stets von der besten Seite zu zeigen, Schwächen sorgfältig zu verbergen und unter keinen Umständen sein Gesicht zu verlieren. Es gilt, im täglichen Daseinskampf wie ein Fels in der Brandung zu stehen. Wer auch immer seine Kräfte mit uns messen will, wir rücken keinen Zentimeter von der Stelle. Wer nachgibt, ist ein Verlierer. Kommt es zum Streit, entweder weil man nicht ausweichen kann oder von dem Thema der Auseinandersetzung zu stark betroffen ist, richten die meisten ihr Augenmerk darauf, ja keinen Punkt abzugeben. Nicht die Klärung des Problems steht im Vordergrund, sondern das Ziel, immer Sieger zu bleiben.“
Der Erfolgs- und Anpassungsdruck der Leistungsgesellschaft zwingt den einzelnen dazu Identität herauszubilden, koste es was es wolle. Identitätspositionen müssen ehrlich ausgehandelt werden, um eine authentische und damit bestandsfähige Identität zu gewährleisten. Da dies aber konfliktreiche und damit schwierige Kommunikation voraussetzt besteht die Gefahr, daß der einzelne dieser Belastung aus dem Weg geht und eigene Positionen schleift sich in vorauseilendem Gehorsam dem Anpassungsdruck unterwirft und einer oberflächlichen Lösung des Konfliktes den Vorzug gibt es also zu einem Schein-Konsens kommt. „Viele Konsensfiktionen, äußerliche Anpassungsvorgänge und oberflächliches Lernen bleiben unaufgedeckt und machen Interaktion von innen her brüchig. Es besteht der Verdacht, daß viel von dieser Fiktionalität und Fassadenhaftigkeit auch und gerade in den Institutionen erzeugt wird, die wir als Sozialisations- und Bildungseinrichtungen ansehen. Identität als Fassade ist die Folge, unauthentisch und damit in der Lebenspraxis eine Belastung für den Betroffenen und sein Umfeld. Da Identität in der Interaktion entsteht kommt es beim Temperament vor allem darauf an, wie der einzelne auf andere zugehen kann, also ob er gehemmt ist oder ungehemmt(Jerome Kagan)

Identität, Wahrnehmung und Wirklichkeit
Nicht nur Identitätsbildung selbst sondern auch wie ich meine Umwelt, wahrnehme geschieht in Wechselwirkung mit meinem sozialen Umfeld. „Individuals interacting together impose their constructions upon reality: the world is socially constructed.“ Mein Weltbild, wie ich die Wirklichkeit wahrnehme, also das was ich für die Realität halte und damit auch wie ich Marken wahrnehme ist also kontextabhängig. „Was ‘wirklich’ gilt, wird stets im Austausch und umgang mit anderen Menschen ausgehandelt. Subjektive Wirklichkeitskonstruktionen können sich nur durch soziale Interaktionen zu einer stabilen Erfahrungswirklichkeit entwickeln, d.h. durch Konfrontation und Austausch mit der Wirklichkeitskonstruktionen anderer.“ Wirklichkeitkonstruktionen sind also zum einen intraindividuell einzigartig und zum anderen interindividuell übereinstimmend. Maßgebend ist ihre Funktionalität. „Weltbilder sind so etwas wieWerkzeuge, die ihre Qualität im harten Test des tätglichen Gebrauchs erweisen müssen.“ Es handelt sich also im übertragenen Sinn um eine Landkarte, die genausowenig mit dem Land übereinstimmt wie meine subjektive Wirklichkeitskonstruktion mit der Wirklichkeit.
Schon Epiktet erkannte: (Eingangszitat??)„Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern die Vorstellungen von den Dingen.“
Medienvermittelte Identität
Neben den Identitätsangeboten, die wir in der alltäglichen direkten Interaktion mit unseren Mitmenschen erleben und denen die uns weniger unmittelbar unsere Kultur bereitstellt, gibt es noch den Bereich der medial vermittelten Inhalte. Die Medien und das was sie transportieren sind einerseits zwar Teil der Kultur; andererseits aber haben sie aufgrund des massiven Stellenwerts, den sie in unserer Gesellschaft spielen eine Eigendynamik entwickelt, auch in der Art wie sie gesellschaftliche Realität konstruieren. Begriffe wie Mediendemokratie oder Informationsgesellschaft illustrieren dies. Die Medienmaschinerie nimmt sich Mythen, Geschichten und andere Bestandteile unserer Kultur und transformiert sie in, dem jeweiligen Medium angepaßte, Realitätskonstrukte und Identitätsangebote, wobei die diesbezügliche Qualität je nach Medium und Macher stark variiert. Das sich ständig erweiternde Angebot an medialen Inhalten bietet dem einzelnen eine breite Auswahl an relevanten und weniger relevanten Identitätsangeboten. Hier besteht die Möglichkeit für den einzelnen sich diese anzueignen und in die eigene Identität zu integrieren. Wieweit er dies zwangsläufig standardisierten Angebote annimmt hängt von seiner ganz persönlichen Mediennutzungs-Strategie ab. „However, central to postmodern consumer culture is a growing range of opportunities for the use of mediated experiences in the project of the self, countless narratives of self-formation and countless visions of the world such that we may be encountering symbolic overload.“
Probleme medienvermittelter Identitätsangebote
Medial vermittelte Identitätsangebote sind generalisiert, unverbindlich und nicht in der gelebten Realität überprüfbar, denn es kommt zu keinem kommunikativen Austausch. „Kommunikation wird verstetigt, ohne daß sie noch als Austausch identifizierbarer Subjekte stattfindet.“ Das Aushandeln wandelbarer Positionen wird zu einem Kommunikationsvorgang, der auf den binären Code reduziert wird. Entweder ich nehme das Angebot an oder ich lehne es ab. Sie gaukeln Authentizität vor, die leicht übertragbar erscheint. „Biographische Authentizität, sozialgeschichtliche Kontextualität, die Variantenvielfalt medial nicht ersetzbarer kommunikativer Situationen in der Unmittelbarkeit der Begegnung je originärer Subjekte: all diese nicht auf binäre Codes reduzierbaren Kontexte konkreter Kommunikation kommen nicht mehr vor.“ Medien verstümmeln Kommunikation und berauben sie ihrer Identitätsstiftenden Funktion.
Die Frage ist nur, wie geht der einzelne mit den über die Medien verbreiteten Inhalten um. Das spielerische Aufnehmen der dargebotenen Inhalte das eigenständige Umformen und das im persönlichen Umfeld gemeinsam vorgenommenen kreative Umgestalten und um interpretieren bzw. neu-bewerten der Inhalte könnte einen anderen Weg aufzeigen, wie diese Inhalte konstruktiv verwandt werden könnten. Statt kritikloser Übernahme eine Bereicherung des Diskurses.



Identität im Internet
„Dies eröffnet die Möglichkeit, mit Identitäten zu experimentieren, die stark von der für die Person normalen Identität abweichen. Amy Bruckman hat für dieses Phänomen den treffenden Begriff „Identity Workshop“ gefunden. Virtuelle Rollenspiele können dabei sowohl starke sozialisatorische Effekte auf die netzexterne Persönlichkeit haben(...) (...)als auch intensive soziale und psychologische Prozesse innerhalb der virtuellen Gemeinschaft in Gang setzen. In den meisten Fällen der Konstruktion von virtuellen Identitäten kommt es zu sehr komplexen Interaktionen mit der Identität der „Real Life“-Person (RL-Person). Das Wissen um die Tatsache der Inszenierung macht die Kommunikation prekär und erhöht die kommunikative Unsicherheit, zumal nicht auf die leibgebundene para- und nonverbale Kommunikation Bezug genommen werden kann. Kommunikative Erwartungen und kommunikationsstabilisierende Erwartungserwartung können nur anhand von relativ dürren Texten gewonnen werden. Dies führt oft zu der Annahme, daß die virtuelle Medienidentität und die dahinterstehende RL-Person zumindest teilweise identisch sind.“

„In diesen virtuellen Öffentlichkeiten findet eine experimentelle Konstruktion von Identitäten statt und es kommt(...) (...)zu komplexen Interaktionen zwischen fiktiv-virtuellen und real-lebensweltlichen Identitäten. In diesem Zusammenhang entstehen auch normativ-praktischen Diskussionen im Sinne einer politischen Öffentlichkeit: Subjektive Identitäten und öffentliche Meinungen bilden sich hier in wechselseitiger Abhängigkeit.“

Prolog/Zusammenfassung/Zwischenkapitel:



Konsum ist Kommunikation 
oder 
Identitätsbildung über Konsum

Konsum und Kultur
Konsum ist eine, wenn nicht die tragende Säule unserer Kultur. Stark vereinfacht: Herrscht ein schlechtes Konsumklima, sinkt also die Binnen-Nachfrage, bedeutet dies möglicherweise Betriebsschließungen und Erhöhung der Arbeitslosenzahlen. Wird nicht konsumiert geht es der Wirtschaft schlecht und damit - grob gesagt - uns allen. Konsum ist das Schmiermittel unserer Gesellschaft und damit gleichzeitig ihr Urgrund, das systemerhaltende Element. Es wird produziert und es wird gekauft. Dieser Tatbestand ist so fest in unserer Gesellschaft verankert und auch so allgegenwärtig, daß man sich zwangsläufig damit auseinandersetzen muß. Konsumaktivitäten sind von Anbeginn Bestandteil unseres Lebens und sind damit als wichtiger Teil unserer Kultur allseits voll akzeptiert.
Die Bedingungen des Nachfragermarktes erzeugen hinsichtlich fast jeder Produktgattung eine nahezu unüberschaubare Markenvielfalt. Hier auf der funktionalen Ebene eine Einzelstellung zu erreichen ist nur bedingt möglich. Unterscheidbarkeit kann hier also vor allem auf der symbolischen Ebene erreicht werden. „As technological leap-frogging makes it more difficult to sustain functional competitive advantages, marketers recognize the benefits from augmenting their brands with psycho-social characteristics.“
Von einer Anthropologischen Warte aus betrachtet, hat Konsum neben der ökonomischen also auch immer eine kulturelle bzw. symbolische Bedeutung. „(...)consumption as it occurs in all societies is ‘beyond commerce’, that is, it is not restricted to commerce, but is always a cultural as well as an economic phenomenon. It is to do with meaning, value and communication as much as it is to do with exchange.“
Auch Gabriel weist darauf hin, daß es nicht nur die Anforderungen des Marktes sind, also Profitmaximierung, unbedingtes Wirtschaftswachstum die uns immer neue Marken beschert, sondern es für den Konsumenten eben auch eine Erweiterung seiner Möglichkeiten bedeutet, sich über die Symbolkraft der Marken auszudrücken. „Once we recognize that goods tell stories, that these stories resonate with symbolism and express meanings that connot be expressed effectively through language, consumption becomes strangely re-humanized.“
Der symbolische Gehalt der Marke wird im Sinne non-verbaler Kommunikation eingesetzt. Das Produkt wird zum Kommunikationsmittel, mit dem sich die Menschen untereinander verständigen., sich voneinander abgrenzen und Allianzen bilden. Das Produkt wird zu einem Instrument mit dem wir unsere Sozialität dokumentieren bzw. uns sozial verorten.. „This symbolic meaning is often social in nature. As such, goods and services are a type of social toolthat can serve as a means of communication between people. The essence of the product, then , becaomes not only the physical product itself, but also the relationship between the product, the owner and society as a whole.“
Abseits von rein utilitaristischen Konsummotiven, die aber hier nicht Thema sein sollen, hat Konsum also auch immer einen sozial und im weiteren Sinn kulturell motivierten Aspekt. „Central to postmodernism is the recognition that the consumer does not make consumption choices solely from products` utilities but from their symbolic meanings.“ Der Grad in dem Konsum dabei soziokulturell motiviert ist, ist dabei je nach Produktart graduell unterschiedlich. Im Gegensatz zum Kauf eines Pfund Butters ist der Kauf eines Autos beispielsweise hoch kommunikativ und daher auch hochgradig soziokulturell motiviert. Man kann also sagen, „daß sich weder bei uns noch in nicht-industrialisierten Gesellschaften ein Gebrauch von Waren nach rein utilitaristischen Kriterien nachweisen läßt. In den westlichen Industrienationen hat jahrzehntelange Marktforschung gezeigt, daß Konsumentenverhalten komplex, hoch symbolisch, sozial motiviert und kontextabhängig ist.“
Kontextabhängig in zweifacher Hinsicht. Der Konsument muß sich mit den von unserer Kultur mit dem Produkt verbundenen Inhalten auseinandersetzen. Gleichzeitig formt er diese in seinem persönlichen Umfeld bzw. für sich selbst noch einmal um. „Personalized consumption meanings then express a co-constituting (or dialectical) relationship between the social conditions and identity issues salient to a given consumer and a broader legacy of historically available frames of reference, rather than being purely subjective or idiosyncratic constructions.“ Neben dem symbolischen, kulturellen Kontext bildet auch der Verwendungszusammenhang des Produktes eine wichtige Rolle für seine Bedeutung. „Most material Objects receive meaning through association with specific use and contexts.“
Dabei sind es nicht nur die Konsumakte mit großer Außenwirkung im Sinne Veblens demonstrativen Konsum, die zur Identitätsbildung beitragen, sondern auch die vielen unsichtbaren Konsumakte, die jeder für sich dazu beitragen mein Selbstverständnis zu gestalten und zu stützen. Man denke nur an ökologisch motiviertes Konsumverhalten.
Da aber Identitätsbildung ein hochkommunikativer Vorgang ist, eignen sich natürlich dazu besser Produkte mit großer Außenwirkung. So erweist sich, „daß Konsumgüter von Menschen fortwährend für die Etablierung eines authentischen Selbst eingesetzt werden. Im sozialen Sinne bist du was du ißt. Konsum ist ein hochgradig symbolischer Akt, und eine Vielzahl von Ethnographien belegen, daß soziale Beziehungen nicht nur im gemeinsamen Trinken, Rauchen und Essen Ausdruck finden, sondern durch solche Akte überhaupt erst geschaffen werden. Der Genuß von Bier, Rindfleisch und Tabak führt zu Allianzen, Partnerschaften und Abhängigkeiten. Ebenso bildet sich die soziale Identität eines Menschen durch den Gebrauch von Konsumgütern. Durch Konsum werden Objekte Teil der eigenen Person; dies gilt im wörtlichen Sinn für Wein und Brot, im übertragenen Sinn für Kleidung, Einrichtungsgegenstände oder Bücher.“
In einem gewissen Sinn sind wir das was wir haben; zumindest wird das, was wir besitzen Teil unserer Identität. Belk spricht hier von einem erweiterten Selbst (extended self). „A key to understanding what possesions mean is recognizing that, knowingly or unknowingly, intentionally or unintentionally, we regard our posesions as parts of ourselves.“ Denn wir eignen uns die Welt an durch die Dinge die wir besitzen. Je mehr Dinge ich besitze, desto mehr nehme ich teil bzw. bin ich letztendlich Teil dieser Welt. Dabei werden die Dinge, die wir besitzen nicht nur Teil unserfer Identität, sondern sie helfen uns auch dabei Identität zu bilden. „(..) possessions are regarded not only as part of self, but also as instrumental to the development of self.“
Kritische Ansätze vermerken hierzu, daß es sich dabei nur um sehr oberflächliche Identitätskonstrukte handelt, die nicht dazu geeignet sind ein authentisches Selbst zu konstruieren. Dagegen läßt sich einwenden, daß Kommunikation und damit auch Identitätsbildung vielschichtig ist und sich nicht ausschließlich auf grundlegende Verhaltensweisen und den damit verbundenen Werten beziehen kann. Um Kommunikation und damit Identität zu ermöglichen braucht es auch weniger abstrakte und plakativere Inhalte. Konsum ist nonverbale Kommunikation und so Träger von Identität, nicht ausschließlich aber in einer ergänzenden Form. Am Beispiel einer Kunstsammlerin verdeutlicht dies Breidenbach folgendermaßen: „Durch das Sammeln von Kunst sowie unzählige andere alltägliche Konsumhandlungen (der morgendlichen Misosuppe, dem abendlichen Champagner, der Wahl des Haarshampoos) wird die Frau zu der Person, die sie in ihren eigenen Augen und denen ihrer Umwelt ist. Durch ihre Konsumentscheidungen lernt sie sich selbst als Person kennen und gibt diese Kenntnis an ihre Umwelt weiter.“ So werden Waren als Bedeutungsträger, als Kommunikatoren benutzt um Aussagen über meine soziale Situation zu machen. „It is in acquiring, using and exchanging things that individuals come to have social lives.“ Gabriel geht da in die selbe Richtung und beleuchtet in seiner Arbeit den kommunikativen Aspekt von Konsum in folgender Weise: „We want and buy things not because of what things can do for us, but because of what things mean to us and what they say about us.“

Die Marke

Die Marke als Bedeutungs-Träger
Kultur funktioniert nur über Kommunikation. Wir versehen die Dinge in unserer Umwelt mit einer Bedeutung einem Symbolischen Gehalt. „Unbelebte Gegenstände können genauso wie andere menschliche Organismen Teile des verallgemeinerten und organisierten - des gänzlich vergesellschafteten - Anderen für das jeweilige menschliche Wesen sein, insofern es auf solche Objekte gesellschaftlich reagiert (durch den Denkmechanismus, die innerliche Übermittlung von Gesten). Jeder Gegenstand - jedes Objekt oder jede Gruppe von Objekten, ob nun lebendig oder unbelebt, menschlich, tierisch oder einfach physisch -, im Hinblick auf den der Mensch handelt oder auf den er gesellschaftlich reagiert, ist für ihn ein Element des verallgemeinerten Anderen; indem er dessen Haltungen ihm gegenüber übernimmt, wird er sich seiner selbst als Objekt oder Individuum bewußt und entwickelt somit eine Identität oder Persönlichkeit.“
Diese schon etwas ältere Erkenntnis wird auch in der neueren Konsumentenforschung entsprochen. Wir sprechen den Dingen und insbesondere auch Marken Eigenschaften zu die wir auch im menschlichen Bereich verwenden. „The notion that inanimate objects such as brands can be associated with a set of human characteristics is well accepted by social psychologists, as well as advertisers.“ In der Auseinandersetzung mit den auf dem Markt befindlichen Marken und der damit verbundenen Werbung entwerfen die Konsumenten detaillierte und unterscheidbare Bilder von diesen. „There is no doubt that consumers (...) can paint detailed, clear and distinct pictures of brand charakters and personalities that reflect the cumulative experience of both the brand-as-product and ist communications.“ Dieser nicht-materielle Wert des Produktes könnte man als Marken-Wert (brand equity) oder schlicht als die Marke bezeichnen. „(...) the commonly used definition of brand equity as the added value endowed by the brand to the product.“
Der symbolische Gehalt, also die Bedeutung der Marke ist etwas das sich im Kopf der Konsumenten abspielt bzw. formiert. „(...) a brand exists within society, and in the minds of consumers: it is a construct of ist in-built physical characteristics and functional features, combined with intangible values and associations.“
Wir können also auch in der Interaktion mit materiellen Objekten, indem wir auf deren symbolischen Gehalt reagieren bzw. ihn als Kommunikationsträger verwenden, Identität entwickeln. Die uns umgebenden Dinge sind also mit Bedeutung aufgeladen. Die kommunikative Qualität der Dinge ist dabei unterschiedlich, der symbolische Gehalt variiert. „Material objects are and have always been central to human communication. We communicate through words, but we also communicate through body language and manners, through gifts , through clothes, through food and through the innumerable items which we use, display and discard every day.“ Gerade die Marke ist stark mit Bedeutung aufgeladen. Diesen symbolischen Gehalt als Zusatznutzen zu umschreiben und bei Konsumprodukten zwischen Grundnutzen und Zusatznutzen zu unterscheiden halte ich für wenig förderlich. Zum einen kann nach dieser Begrifflichkeit der Zusatznutzen den Grundnutzen unterlaufen oder gar ersetzen. Man denke nur an die Popularität von Geländewagen bei Stadtbewohnern.Wenn hier der Grundnutzen die Geländetauglichkeit darstellt und der Zusatznutzen das Flair von Freiheit und Ungebundenheit, wird hier im innerstädtischen Bereich, wo Off-road Einsätze sehr unwahrscheinlich sind, wohl eher der Zusatznutzen die grundlegende Kaufmotivation darstellen. Außerdem klingt in dieser Terminologie an, als würde der Zusatznutzen Bedeutung nicht bewußt gewählt. Dabei kann ich natürlich ganz bewußt den symbolischen Gehalt des Produktes in meiner Kaufentscheidung berücksichtigen. Wieweit ich den kommunikativen Aspekt eines Produktes in Anspruch nehme ist subjektiv unterschiedlich. Ein und dasselbe Produkt kann für verschiedene Menschen jeweils einen unterschiedlich hohen symbolischen Gehalt haben. Beispiel: Ein Ford Escort hat für einen Goldkettchen-tragenden türkisch stämmigen KFZ-Lehrling einen weit größeren symbolischen Gehalt, als für einen Unternehmensberater und Familienvater aus Grünwald, der dieses Auto als Zweitwagen nur zum Einkaufen benutzt. Jenseits dieser subjektiven Zuschreibung gibt es, da es sich um ein Kulturgut handelt, eine ungefähre allgemeingültige Übereinstimmung inwieweit ein Produkt eine kommunikative Funktion übernehmen kann. (SKALA!!!)
Dieses kulturelle Orientierungssystem erzeugen wir im täglichen Miteinander in einem fortlaufenden Prozeß immer wieder neu. „Consumption is an active process in which all the social categories are being continually redefined.“
Diese Orientierungssysteme unterscheiden sich in dem Grad ihrer Gültigkeit für eine Gesellschaft. Allgemeingültig dürfte sein, daß Mode, Schmuck und Autos einen höheren symbolischen Gehalt haben als Salz, Zahnstocher und Toilettenpapier. Weniger allgemeingültige Zuschreibungen wären z.B. der Unterschied zwischen Marken einer Produktgattung. Hier werden in den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen dann die Bedeutungsunterschiede verfeinert. Der Begriff subcultures of consumption umreißt, daß es sich hier um „Eingeweihte“ handelt, die dem Produkt bzw. der Marke einen gemeinsam geteilten Bedeutungshintergrund gewissermaßen erarbeiten bzw. verleihen. Es bedarf also der nötigen kommunikativen Kompetenz, um diesen Code zu dechiffrieren und entsprechend einsetzen zu können. Der Extremfall ist die Situation, wenn nur zwei Menschen mit einem Produkt eine gemeinsam geteilte Bedeutung verbinden, die nur sie kennen. Gerade im partnerschaftlichen Bereich kommt es oft vor, daß ein Stofftier oder eine Musik-CD eine bestimmte Phase der Beziehung symbolisiert. Die dem Produkt zugeschriebene Bedeutung ist also kontextabhängig.
Ein wichtiger Faktor ist auch, von welcher Konsumentengruppe die Marke verwandt wird. „In particular, the promotion of a consumer brand requires development of a strong consumer perception of the kind of people who own and use the brand.“
Fred Perry Hemden sind die bevorzugten Polo-Shirts von Skin-Heads; dies hat mit Sicherheit Einfluß auf das Kaufverhalten potentieller Käufer, vorausgesetzt sie sind im Besitz dieser Information. Die Auswahl der Kunden einer Diskothek durch einen Türsteher ist ein weiteres Beispiel hierfür.
Auch das Image der Herstellerfirma kann auf die Marke überstrahlen, wenn sie mit ihr verbunden werden kann. Was nicht immer der Fall sein muß. Wer weiß schon was Procter&Gamble alles herstellt. Kann diese Verbindung hergestellt werden, fließt sie in die Bewertung der Marke mit ein. Nach dem Brent Spar Desaster werden sich viele überlegt haben, ob sie jetzt bei Shell tanken oder nicht.
Und nicht zuletzt hat auch die Beziehung zu den anderen Marken der Produktgattung Einfluß auf deren Stellenwert. (Grafik Biel RC-9) Siehe auch: Die wahrgenommene Marken-Identität.
Man könnte die Bedeutung bzw. den Wert einer Marke in folgende Faktoren ausdrücken. „Brand equity (...) stems from the following sources: (1) brand loyality; (2) name awareness; (3) perceived quality; (4) brand associations in addition to perceived quality in the form of names, names, symbols, and slogans; and (5) other proprietary brand assets. (e.g., patents, trademarks, channel relationships).“
Problematisch ist auch, die Produkt-Palette unkontrolliert zu erweitern und den Marennamen auf Produkte zu übertragen die die Wahrnehmung der Markenidentität verwässern und ein in sich stimmiges Bild der Marke verhindern. „Taken too far, as did chocolate makers Cadbury’s in using their name on instant potatoes and synthetic meat products, symbiosis degenerates into parasitism and a loss of identity.“
Eine Erweiterung der Marke (brand extension) um zusätzliche Produkte empfiehlt sich vor allem dann, wenn die Marke in ihrem Ursprungs-Segment (Parent brand) ein starkes Image vorzuweisen hat und die Marke als kompetent den neuen Produkt-Bereich erachtet wird. „(...) evaluation is a joint function of how much the brand is liked in ist original category and the similarity between the original and extension categories.“ Der Erweiterung einer Marke muß eine langfristige Strategie zugrundeliegen. Der Kompetenz-Raum muß Schritt für Schritt ausgebaut werden. So kann die Erweiterung dann auch wieder positiv auf die Marke zurückwirken. „This finding suggest a clear long-term brand extension strategy, which both leverages and builds a brand’s strength.“
Die Erweiterung der Marke kann wiederum zu einer Veränderung der wahrgenommenen Marken-Identität führen. „In turn, the process of categorizing multiple products to a brand changes the meaning of the brand.“ Dies kann dazu führen, daß sich der symbolische Gehalt der Marken-Identität immer mehr abstrahiert und zu einem Identitätskern, Kern-Kompetenz oder Marken-Kern wird. „As this example illustrates, core brand associations can become abstracted through multiple extensions.“
Bedeutungszuweisung durch Werbung
Moderne Massenprodukte sind von ihrer Beschaffenheit her erst einmal austauschbar und geschichtslos. Das Produkt läßt sich nur schwer mit einer Person verbinden, die das Produkt hergestellt hat und Verantwortung dafür übernimmt. Die Herkunft des Produktes ist nicht nachvollziehbar; es ist einfach da und steht im Regal eines ebenso gesichts- und geschichtslosen Verkaufsraum. Dem Konsumenten würde es also schwer fallen das Produkt überhaupt in irgendeinen Kontext zu stellen. Diese fehlende Bedeutung zu sugerieren hift die Werbung; sie liefert die symbolische Modeliermasse anhand derer die Konsumenten dann letztendlich die wahrgenommene Bedeutung der Marke formen. Die Marke wird mit einem Code versehen.„The phenomenon of branding in advertising, whereby an aura of associations is attached to the product - for instance, sexuality to Levis jeans, rugged masculinity to marlnboro cigarettes, and a ‘hip’ lifestyle to raisins, is identified as an important site of the operation of this code.“ Dieser Code ist absolut künstlich, denn er hat nirgendwo einen Ursprung. Die Werbung versucht dem Konsumenten Bezugspunkte zu liefern und der Marke eine Geschichte zu verpassen. Herr Hipp und Herr Dittmeyer wären Beispiele, wie in der Werbung versucht wird Bezugspersonen zu etablieren. Dies kann auch über Vertreter von Bezugsgruppen geschehen. „Portraying products being consumed in socially pleasant situations, the use of prominent/attractive people endorsing products, and the use of obvious group members as spokespersons in advertisements are all evidence that marketers and advertisersmake substantial use of potential reference influence on consumer behavior in the development of their communications.“ Wichtig ist dabei, daß die Charaktere als authentisch und damit glaubwürdig wahrgenommen werden. „The results of the empirical analyses strongly support the importance of credibility for Chief executive officer (CEO) endorsers. Source credibility has a strong direct impact on beliefs about key product attributes and a significant indirect impact on purchase intentions.“
Eine andere Strategie ist diesbezüglich die Marke mit einem Lebensstil zu verbinden und so kulturell zu positionieren. „From a hermeneutic perspective, these forms of marketing communication provide more than entertainment or information; they offer cultural salient representations from which consumers can assess their own lives.“ Voraussetzung dafür ist Wieder-Erkennbarkeit. Die Werbung sollte hier einer langfristige Strategie verfolgen, eine eigenständige Marken-Identität entwickeln und häufige Image-Wechsel vermeiden. „Whenever possible, a strong and distinct image is essential.“ Die Botschaft, der symbolische Gehalt den die Werbung um die Marke aufzubauen versucht, muß klar erkennbar, prägnant und in sich stimmig sein. „Produkte sind dann erfolgreich, wenn es ihnen gelingt, ihre Botschaft richtig zu konstruieren und eine relevante Bedeutung aufzubauen. (...) Ein erfolgreiches Produkt ist ein geglückter Kommunikationsakt (zwischen Produzenten und Konsumenten Anm. d. Verf.).“  Die Werbung muß die Botschaft um die Marke herum stimmig zu den tatsächlichen Produkteigenschaften gestalten. „(...) brand personalities are built up, over time, by combination of positioning and consistent advertising with the brand’s physical characteristics.“
Erst durch die durch die Werbung hinzugefügte symbolische Bedeutung erreicht die Marke Unterscheidbarkeit. Diese Unterscheidbarkeit ist Voraussetzung dafür, daß der Konsument mit der Marke kommunizieren kann. „Enrobing brands with emotional values enables customers to perceive distinctive images being projected by competing brands.“
Unterscheidbarkeit erreicht man, indem man dem Produkt eine unverwechselbare Identität verleiht. „Making a brand distinctive through a clear personality is a route many marketers have followed in developing successful brands.“
Eine starke Marke löst beim Konsumenten eine Reihe von Zuschreibungen aus die dieser mit der Marke verbunden hat. Dies können (Hier bei Automobilen) sowohl ‘harte’ Eigenschaften, wie ‘technisch auf dem neuesten Stand’ oder ‘niedriger Verbrauch’oder auch ‘weiche’ wie ‘Spaß’ oder ‘Freiheit’ sein. Der Übergang von harten zu weichen ist dabei fließend. ‘Elegant’ könnte zum Beispiel eine Beschreibung des Designs, aber auch eine emotionale Zuschreibung zur Marke sein. „(...) strong brands are also more likely to have shape and substance. They evoke a more exstensive, richer set of associations.“
Biel zu den Charakteristika, die eine starke Marke auszeichnen: Sie sollte hervorstechen, Vertrauen erzeugen und eine reichhaltige Gestalt haben. Keller sieht die Charakteristika einer starken marke folgendermaßen: „Strong brands, in particular, come to be seen by consumers as highly familiar and characterized by strong, favorable, and unique associations.“

Werbung versieht die Marke mit den nötigen Assoziationen bzw. bietet den Konsumenten diese an und versucht diese Konstrukte in deren Gedächtnis zu verankern. „(...) once the brand is established, the advertising will be much more concerned with ensuring that the positioning becomes part of the target audience’s mental furniture, with appropriate imagery and assotiations.“ Werbung kann die Marke über ein einzigartiges Marken-Image gegen billigere Konkurrenz immunisieren. bzw. den Produzenten in die Lage versetzen bei seiner Preispolitik einigermaßen unabhängig zu agieren und nicht an Preiskämpfen teilnehmen zu müssen. „A clear implication of this research is that marketing communication activities do alter the firm’s subsequent ability to insulate itself from price competition.“
Die um die Marke aufgebauten Bedeutung braucht dabei nicht eine überprüfbare Produkteigenschaft sein, sondern es kann sich auch um einen nur scheinbaren Vorteil ohne tatsächlichen Wert, bzw. es handelt sich dabei um einen ‘irrelevantenWert’, der nur im Kopf der Konsumenten existiert. „(...) differentiation based on a unique, distinguishing, but irrelevant attribute, through the consumer inference process, can creates a relevant and valuable perceived difference, leading to a meaningfully differentiated brand.“
Der von den Produzenten bzw. von der Werbung um die Marke aufgebaute symbolische Gehalt kann dabei aber auch von den Konsumenten uminterpretiert werden und so in einen anderen als von den Produzenten gewünschten soziokulturellen Kontext geraten. „Producers can intend that products will acquire certain meanings, but they cannot control how consumers interpret the message or the ‘unintended meanings’ that may arise once the advertisement becomes diffused in the cultural symbol system.“
Die Konsumenten können die Bedeutung der Marke und damit ihre Positionierung verändern. „The abstracted, goal-derived, and experiental categories that consumers create for brands are not necessarily the same as the categories imposed by the marketers in charge of brand management.“
Biel sieht hierin - neben der, jede technische Veränderung überdauernden Gestalt der Marke, einen weiteren Vorteil darin, daß der Konsument mittels des, die Marke umgebenden, symbolischen Gehalts eine ganz individuell gestaltete Bedeutung formen kann. Ein aktiver Prozeß der eben auch zur Identitätsbildung beitragen kann. „A second advantage is that brand personality encourages more active processing on the part of the consumer, suggesting that he or she can interpret a brands image in a manner that is more personally meaningful.“
Marken-Identität als fortlaufender symbolischer Prozeß
Die Ansicht, daß das Lebensalter eines Produktes begrenzt sein muß erkennt eine Problematik, für das es durchaus eine Lösung gibt. Eine Produkt-Identität, die unverändert bleibt und sich nicht der kulturellen Entwicklung und der damit einhergehenden Veränderung der Wahrnehmung der Menschen anpasst, wird irgendwann in den Augen der Konsumenten nicht mehr zeitgemäß sein. Aber die Produkt-Identität kann auch etwas fließendes sein. Etwas das sich weiterentwickelt und doch es selbst bleibt. Das was wahrgenommen wird muß im Auge des Betrachters gleichzeitig Bestand haben und auf dem neuesten Stand sein. Kontinuität und Wandel als komplementäre Pole einer fortschreitenden Entwicklung. Dieser symbolische Prozeß der das Produkt sozusagen bedeutungsvoll umgibt, findet seinen Ausdruck in dem Begriff Marke. „(...) tracing the social and cultural movement of objects leads to a focus on the dynamic, processual aspects of material culture(...)“ Die öffentliche Wahrnehmung einer Marke ist ständiger Veränderung unterworfen.
Aber natürlich ist es auch möglich, daß eine Marke ihre Bedeutung nahezu vollständig verliert, sozusagen in die kulturelle Bedeutungslosigkeit versinkt. Das Tamagochi wäre so ein Beispiel.
Die Marke-Mensch Analogie(Organische Marken-Identität)
Genauso wie wir im symbolischen Austausch mit unseren Mitmenschen leben, so praktizieren wir dies auch mit den materiellen Dingen die uns umgeben. Wir geben ihnen Bedeutung, hauchen ihnen Leben ein und verändern laufend ihren symbolischen Gehalt, ihre Identität. Lury spricht davon, daß die Dinge ein ‘social live’ haben. Etwas lebendiges, das in ständiger Veränderung begriffen ist und mit seinem Umfeld in Interaktion tritt, zu Interaktion anregt. „(...) the weight and authority that objects can exert in our lives, almost as if they were people, with the power to influence our beliefs and direct our actions, able to give performances, extract obligations and give pleasure.“
In diesem Spannungsfeld entwickelt die Marke analog zur menschlichen Identität ebenso eine Marken -Identität. „Like a person’s self-concept, corporations, products, and retailers have their own personalities or images.“
Marke und soziokulturelles Umfeld, also Konsumenten, Medien Kultur, sind in einem ständigen Austausch begriffen. Ein kybernetisches System, das sich in ständigen Wechselwirkungen gegenseitig beeinflußt. Die Marken-Identität befindet sich genauso wie die menschliche Identität in einem kontinuierlichen Wandel und muß trotzdem so etwas wie Kontinuität vermittlen. „To maintain a career one must market one´s personality through the same kind of ‘product differentiation’ that characterizes commodities.“ Eine klar wahrnehmbare Identität zu entwickeln, Erkennbarkeit garantieren und dadurch Vertrauen schaffen und das alles glaubwürdig und authentisch in einer prägnanten Botschaft rüberbringen; das ist es, was Marke und Mensch im flexiblen Kapitalismus gleichermaßen auszeichnen muß, um sich am Markt durchzusetzen. „Nur, wenn ein Produkt Individualität aufweist und es gefällt, kann unser Verhhältnis zu ihm dauerhaft werden. (...) Individualität ist auch für Arbeitnehmer ein gutes Mittel gegen Absatzprobleme.“ Der Marktmechanismen regeln also wie Identität beschaffen sein muß; bei der Marke genauso wie beim Konsumenten. Die ständigen Veränderungen fordern eine flexible Anpassung eine lebendige prozeßhafte Identität. Ein schönes Beispiel für eine solche organische Identität eines nicht-menschlichen Objektes wäre der Baum. Er verändert sich ständig und bleibt im Auge des Betrachters doch immer derselbe. Ein Beispiel wie sich bei gleichbleibendem Produkt der symbolische Gehalt der Marke verändern kann lieferte Adidas. Mitte der Achtziger war Adidas eine verschnarchte Marke vollkommen untrendy und lediglich als Sportausrüstung tauglich. Dann zogen die Rapper von Run-DMC die Marke zu ihren Auftritten und im Fernsehen an. Ihnen folgte die sich mit diesem Musikstil identifizierende Szene und die Marke Adidas rehabilitierte sich mit etwas Verzögerung auch hierzulande wieder als tragbares und modebewußtes Statement. Ein etwas aktuelleres Beispiel, aber ein ähnlich gelagerter Fall ist die Marke Helly-Hansen. Hierbei handelte es sich um einen etwas angestaubten Bekleidungshersteller für Segler ebenfalls aus Deutschland. Auch hier war es ein Rapper (LL Cool J), der den symbolischen Gehalt der Marke veränderte oder mithalf ihn zu verändern, weil er in einem Videoclip eine Helly-Hansen Jacke trug. Daraufhin etablierte sie sich in Deutschland als angesagte Modemarke, v.a. unter Jugendlichen. Wie man sieht kann in der Dynamik der Wechselwirkungen des Systems ein kleiner Auslöser weitreichende Auswirkungen haben.
(Die Helly-Hansen-Story nachforschen)
Genau wie beim Menschen ist es auch bei der Marke wichtig , daß sie sich nicht zu weit von sich selbst entfernt. Wenn Entwicklungen im Markenbild vorangetrieben werden sollen, muß dies behutsam und im Einklang mit dem, was war geschehen. Ein zu großer und für die Konsumenten nicht nachvollziehbarer Sprung beim Imagewechsel könnte zu einem Bruch in der wahrgenommenen Marken-Identität führen. Der Konsument wird verunsichert und kann sich nicht mehr identifizieren. Beispiel: Camel. Hier hielt man den Camel-Mann nicht mehr für zeitgemäß und veränderte den Markenauftritt radikal. Weg von der kernigen Macho und Abenteuer-Anmutung, hin zur reflexiven selbstironischen Strategie. Ein Umsatzeinbruch war die Folge. Eine Rückkehr zum alten Image wurde vom Verbraucher nicht akzeptiert (Camel-Story nachprüfen) brachte dann auch nichts mehr. Eine in sich stimmige Marken-Identität nach außen zu tragen, bedeutet auch dem Konsumenten eine kongruente Botschaft zu übermitteln. Auch hier gilt: Authentizität ist das Kriterium für Glaubwürdigkeit und authentisch sein heißt, das was ich kommuniziere auch zu leben. Aber nur weil es nicht mehr darum geht, objektive Produktinformationen zu überprüfen, ist reflexive Werbung zwangsläufig erfolgreich. Jetzt werden eben emotionale Qualitäten überprüft. Ein weiteres Negativbeispiel wäre diesbezüglich C&A. Die Bekleidungskette verzeichnete Umsatzeinbußen und wollte ihr Image ändern. Hierauf entwarf der Werbefilmer Roman Kuhn preisgekrönte Spots, bei denen er sich einer sehr ästhetischen Bildsprache bediente. Die emotionale Botschaft war: romantisch, künstlerisch, edel, stimmungsvoll, modern, unkonventionell. Die Spots hatten nur ein Problem, sie stimmten nicht mit der Realität der tristen, fensterlosen C&A-Verkaufsbunker mit ihren Grabbeltischen überein. Deren Botschaft war: Billig, konventionell, bodenständig, altmodisch, farblos, bieder. Wenn der Konsument jetzt mit den Bildern der Werbung im Kopf in eine der C&A Filialen ging, kann man sich seine Enttäuschung vorstellen. Hier wurde nicht gelebt, was kommuniziert wurde. Fehlende Authentizität macht unglaubwürdig und erzeugt einen Bruch in der Identität. Wie soll ich in eine solche marke Vertrauen gewinnen? Der Umsatz der Kette ging weiter nach unten.
Die Marken-Identität droht auch dann Schaden zu nehmen, wenn es - wie weiter oben bereits beschrieben - durch unkontrollierte Erweiterung der Produktpallette (brand extension) zu einer Verwässerung der Marken-Identität kommt.
Narrative Marken-Identität
Das Konzept der narrativen Identität könnte so auf das Produkt übertragen werden. Das situatiosspezifische und episodenhafte von Identität bzw. der einzelnen Identitätsteile könnte beim Entwerfen einer Marken-identität ihren Widerhall finden. Werbung und Marketing könnte sich so als Ansammlung von Geschichten verstehen, die um das Produkt herum entstehen; im Spiegel seiner Umwelt, der Konsumenten. Eine Art Patchwork Produkt Identität, die sich aus den verschiedenen in der Öffentlichkeit kommunizierten Inhalten rund um das Produkt ergibt und sich in der Wahrnehmung der Konsumenten zu einem Gesamtbild verdichtet. Dabei spielt für dieses Bild natürlich die interpretative Konstruktionsleistung des einzelnen in seinem jeweiligen sozialem Umfeld eine entscheidende Rolle; denn nur im dialogischen Prozeß wird soziale Wirklichkeit symbolisch konstruiert. „Endeavours to create the consumer`s self-identity often involve the consumption of products, services and media, and there is always a tension between the meanings we construct for ourselves and those we are exposed to socially. This dialectical tension requires active negotiation of meaning.“ Jeder Kosument wird also die Produktidentität auf seine ganz individuell verschiedene Art und Weise interpretativ wahrnehmen. Der eine wird diesen der andere jenen Aspekt besonders betonen und sich je nach dem ein entsprechendes Bild von der Produkt-Identität konstruieren.
Gerade wenn man also die Marke in einem bestimmten Verwendungszusammenhang präsentiert sollte man sich der dabei auf den einzelnen wirkenden, kontext-spezifischen Mechanismen bewußt sein. „However, in cases in which a usage-positioning strategy is taken (e.g., Lowenbrau and good friends in a warm setting) or the product is used primarly in one usage situation (e.g., tennis shoes), the impact of the situation on consumer attitudes should be considered.“ Aaker setzt dies im Gegensatz zur situations-unabhängigen user positioning strategy.

Die wahrgenommene Marken-Identität
Wir die Konsumenten, die wir mit Werbung aufgewachsen sind, haben gelernt mit dem Zeichensystem der Werbung umzugehen. Wir erkennen die dargebotenen Idealisierungen und Chiffren als systemspezifisch und übersetzen sie in die Sprache des Alltags. Der Marlboro-Cowboy wäre ein Beispiel für einen solchen werbespezifischen Code. „It appears that these groups (die Rezipienten Anm. D. Verf.) do not view the character as a real person speaking for the brand, but as a symbol of the flavor and freedom given by the brand.“ Auch Gabriel traut den Konsumenten mehr zu als so mancher Konsum-Kritiker. Das Wissen um die Mechanismen des Werbesystems und den Strategien der Image-Produzenten nimmt dem Ganzen den Stachel - es ist eben ein Spiel mit Images und wird auch von den meisten als solches erkannt. „they are sophisticated enough to recognize that these images are only fleeting mirages, spawned in the imaginations of clever image-makers who want to sell them things. But they do not mind.“
Die Idealisierungen bzw. das von der Werbung entworfene rosarote Bild ist dabei Teil des Spiels. Konsumkompetenz würde hier bedeuten: jeder weiß, daß er sich harte, sprich objektive Informationen über das Produkt nicht über die Werbung einholt, sondern über Produkt-Tests und Vergleiche in den einschlägigen Zeitschriften (z.B. Stiftung-Warentest.)
Ohne diese Kompetenz, die sich in der nötigen Distanz zu den dargebotenen Inhalten manifestiert, könnten wir gar nicht konsumieren, denn wer kann sich schon mit den dargestellten Models identifizieren - die wenigsten.
Umgekehrt interpretiert der Rezipient das Werbesystem analog zu dessen Gerichtetheit - es werden hier grundsätzlich keine negativen Inhalte mit dem Produkt verbunden. In seiner Wahrnehmung blendet er alle möglichen negativen Aspekte automatisch aus. Bei der aktuellen Tag-Heuer Werbung werden dem Betrachter wohl kaum als erstes Boris Beckers Unannehmlichkeiten mit dem deutschen Fiskus in den Sinn kommen; viel eher wird er das erfolgreiche und charismatische Sportidol mit dem Produkt verbinden.
Erst in der Interpretation durch die Rezipienten/Konsumenten erhält die beworbene Marke den Stellenwert, den sie in der Bevölkerung hat. Die angebotene Marken-Identität wird dabei vom Konsumenten nicht 1:1 übernommen. Jeder einzelne hat entsprechend seiner durch seine Sozialisation vorgeprägte Wahrnehmung eine jeweils andere Interpretation dieses symbolischen Konstruktes. „Through the socialisation process consumers learn not only to agree on shared meanings of some symbols but also to develop individual symbolic interpretations of their own. Consumers use these symbolic meanings to construct, maintain and express each of their multiple identities.“ Werbung bzw. die gesamte Marketingkommunikation liefert also lediglich die Modeliermasse, aus der der Konsument dann intraindividuell sein ganz subjektives Bild von der Marke kreiert. „Upon interacting with advertising messages, the consumer interprets and assigns meaning to the product through the filter of self-concept. As such, the meanings attributede to the product will be based on consumer’s self-concepts.“
Gleichzeitig aber gibt es eine interindividuelle Übereinstimmung bezüglich dem symbolischen Gehalt der Marke. Erst durch diese von den Kommunikationspartner gemeinsam geteilte Bedeutung (Verdichtung:Bild!!) der Marke wird sie funktionsfähig. Erst dann kann ich mit der Marke kommunizieren.
Also kann auch ein und dasselbe Produkt in einem unterschiedlichen Kontext eine unterschiedliche Bedeutung haben. Um noch einmal das Helly-Hansen Beispiel zu verwenden: Für den Rentner, der die Jacke als seine Segel-Tracht benützt bleibt alles beim alten; für den Jugendlichen aber, ist sie mit einer ganz anderen neuen Bedeutung aufgeladen.
Wichtig für die Wahrnehmung der Marke ist auch in welcher Beziehung sie zu den anderen am Markt befindlichen Marken steht. Die Positionierung der Marke entsteht dabei in Wechselwirkung zwischen Marke und Konsumenten. „The idea that the meaning of a given relationship is inextricably entwined with other relationships in the portfolio is echoed in consumer research concerning the complementarity of consumption constellations and the cultural meaning of ‘brandscapes’ in materialist society.“ Die ‘brandscape’ ist dabei die ‘Landschaft’ in der die verschiedenen Marken in Beziehung zueinander positioniert sind. Ein Diagramm das den Marken mitunter anthropomorphe Zuschreibungen zuordnet und nach dem Grad des Zutreffens eine bestimmte Position darin zuweist. (Diagramm!!!!)
Markenwelt und Lebenswelt
Der symbolische Prozeß der Marke beeinflußt also nicht nur Verhaltensweisen, die direkt mit dem Produkt zu tun haben sondern auch solche die nur mittelbar mit dem Produkt verbunden sind. „Subcultures of consumption provide oppotunities for marketers to engage them in symbiotic relationships. Marketers who understand the structure and ethos of a subculture of consumption can profit from serving its needs. In addition to providing necessary objects for the functioning of the subculture marketers may also assist in the socialization of new membes, facilitate communications within the subculture, and sponsor events that provide havens for the activities of the subculture. In return marketers may accrue increased customer loyalty, publicity, and consumer feedback, among other benefits.“
Marken-Produzenten verfolgen dementsprechend eine Strategie, die darauf aufbaut den Konsumenten zur Marke noch ein Produkt-und Lifestyle-Umfeld dazuzuliefern.
Beispiele wären hier die Camel-Boots oder das West-Kultur-Sponsoring.
Am weitesten gediehen sind hier die Aktivitäten des Walt-Disney-Konzerns, der es nicht nur dabei beläßt das Lebensgefühl und die Weltsicht das über die Marke Disney tansportiert wird als symbolisches Angebot zu belassen, sondern bietet dem Kunden buchstäblich eine ganze Lebenswelt zur Übernahme an. In der Nähe von Orlando (Landkarte)wurde hier eine Retortenstadt aus dem Boden gestampft, die in städte baulicher Gestaltung und sozialer Struktur den Prinzipien des Disney konzerns entspricht. Konfliktfrei, sauber und immer guter Laune sind alle nett zueinander. Herausgekommen ist eine äußerst künstliche amerikanische Vorort-Mustersiedlung mit straffen Regeln. Von der Farbe der Gardinen über die Architektur der Häuser bis zu Grundzügen des Zusammenlebens ist hier alles vorgeschrieben. Die Einwohner verpflichten sich notariell zu deren Einhaltung. „Wie andere Leute mit ihren Jeans oder ihrem Auto oder ihrem Parfüm versuchen einen Lebensstil zu kaufen, tun es die Bewohner von Celebration mit einer ganzen Stadt. Selten hat der Kernsatz der markenbewußten neunziger Jahre, wonach das Design das Bewußtsein bestimme, besser gepaßt als in Disneys erster Siedlung:’Ich bin bei Walt, also bin ich’.“
(Vergleich Firmenpatriarchen die ihren Untergebenen einen Lebensstil verordnen verordneten z.B. C&A)



Marke und Moral?
Ein wichtiger Punkt, der hier aber nur am Rande behandelt werden soll ist die Frage, ob die Konsum-Kultur dem Menschen per se schadet. Wirken hier manipulative Mechanismen und Zwänge die den einzelnen zu willenlosen Opfern degradieren?
Inwieweit kann man Markenwelt und Werbung unter moralischen Gesichtspunkten sehen. Schnierer zitiert diesbezüglich eine Analyse von Hierseland zu einer Anzeige des Renault Clio Sondermodells Graffiti. Ich denke, daß niemand auch nur im entferntesten daran denkt ein teil der Graffiti subkultur zu sein, wenn er sich einen Clio graffiti kauft. Auch denke ich nicht, daß die Benutzung der Zeichen in der besagten Werbung zur Auflösung der Subkultur beiträgt. Plausibler erscheint mir, daß in diese Richtung eher Tendenzen der ‘Mainstream-Kultur’ wirken, die versuchen diese radikale kunstform in den Kunstmarkt einzubinden und damit gesellschaftlich zu institutionalisieren bzw. zu integrieren und ihr so ihre subversive und illegale Komponente und damit auch iheres subkulturellen Impetus zu berauben. Erst diese Versuche einer Teilintegration dieser Subkultur erzeugten auch bei den Werbetreibenden die nötige Akzeptanz, um sich dessen zeichensystems zu bedienen. Solange sie ausschließlich als ‘Schmierfinken’ galten und nicht auch irgendwo als Künstler konnte dies nicht geschehen. Das im weiteren Zusammenhang dieser Subkultur stattfindende S-Bahn-Surfen konnte so gesehen wegen der fehlende Möglichkeit zur Kommerzialisierung die Integration d.h. den Sprung in die Mainstream- Zeichen-Kultur nicht schaffen.
Der Drang das Zeichensystem der Werbung in moralischen Kategorien zu bewerten hat meiner Ansicht nach mehr mit politischer Korrektheit zu tun, als mit einer sinnvollen Auseinandersetzung, inwieweit der Konsument Markenwelt und Werbung konstruktiv einsetzen kann.
Konsum schafft Werte
Wir leben jenseits der Zeit, wo Autoritäten allseits akzeptierte verbindliche Werte festlegten. Beim vorliegenden Thema Identität kommt der Anerkennung durch dritte erhebliche Bedeutung zu. Anerkennung ist in westlichen, in marktwirtschaftlich orientierten Gesellschaften eng mit gesellschaftlichen Erfolg und Leistung verbunden. Die Insignien des Erfolges sind Konsumgüter; über sie kann ich symbolisch dokumentieren, daß ich Teil von etwas bin. Dies kann wie gesagt auch negativ geschehen, durch Abgrenzung/Distinktion. Die Masse der Leute bestimmt durch ihr Handeln, daß Konsum ein integraler Bestandteil unserer Kultur ist. Zwangsläufig muß sich also auch der Teil der Gesellschaft damit auseinandersetzen, der Konsum in irgendeiner Form ablehnt oder dessen Segnungen mißtraut (vgl. Öko-Konsum). Dies zeigt, daß Konsum und der durch Werbung um die Marke aufgebaute symbolische Prozeß auch Werthaltungen transportiert und transformiert. Werbung und Konsumenten bilden hier ein System, in dem die Werbung immer versucht dem Konsumenten einen Schritt voraus zu sein. Wie kann ich dem Konsumenten wirksam beeinflußen. Wie weit durchschaut der Konsument die Mechanismen? Eine Werbung mit einem Schatten als Sinnbild des schlechten Gewissens wie in einer früheren Waschmittelwerbung, würde heute wohl nicht mehr den gewünschten Effekt haben. Werbung ist ein Spiegel der Gesellschaft, zeitgemäße Werbung ist also im Sinne der reflexiven Moderne notwendigerweise tendenziell reflexiver und damit subtiler. Werbung stellt ein Labor dar, in dem vorhandene Werthaltungen aufgegriffen und künstlich überhöht werden und verstärkend zurückwirken, wie eine Art Durchlauferhitzer oder Turbolader. Dabei werden in erster Linie Werte behandelt, die im Sinne der Produzenten den Konsum ankurbeln; kontraproduktive Lebensbereiche werden ‘ausgeblendet’ (siehe Schnierer). Dabei spielt die oben angesprochene Tendenz zur Ästhetisierung eine wichtige Rolle. Das bei Schulze angesprochene ‘gute Gefühl’ stellt sich eben nur ein wenn ich dementsprechend ästhetische Bilder in der Werbung verwende, ästhetisch ist hier nicht gleichbedeutend mit schönen Menschen. Das kann auch ein witziger, erotischer, origineller, romantischer, oder ein Spot voller Action sein, bzw. eine Anzeige o.ä.. Das Werbesystem reproduziert hier die für das Werbesystem spezifischen symbolischen und ästhetischen Kategorien und Kriterien.Die Werbeästhetik läßt nur eine Weltsicht zu, die vielleicht dem Idealbild des Mainstreams entspricht, aber die auf jeden Fall im oben genannten Sinn ästhetisch sein muß. Aber erst in der Interpretation durch die Rezipienten/Konsumenten erhält die beworbene Marke den Stellenwert, den sie in der Bevölkerung hat.
Der momentane Körperkult und die damit einhergehende Veränderung der Selbstwahrnehmung mag als Beispiel dienen, wie sich Werbung und Medien hier den Ball gegenseitig zuspielen. Der aufkeimende Körperkult wird von der Werbung ausgebeutet und forciert. Die Medien antworten mit Erzeugnissen wie fit for fun, mens health und seit neuestem: Shape-für die Frau, die in Form sein will. So entsteht eine neue Plattform für zu diesem Lebensstil gehörige Produkte, die wiederum in diesen Erzeugnissen inserieren. Und für das Individuum bietet sich eine weitere Art der Distinktion und damit Identitätsbildung, denn mein Körper stellt einen Gradmesser für Erfolg oder Nicht-Erfolg dar. „In immerhin rund 700000 Exemplaren bieten sie inzwischen jeden Monat Lebenshilfe für die körperaktive Freizeit; das bringt den Verlagen 1999 vermutlich knapp 100 Millionen Mark an Anzeigeneinnahmen. Die Werbewirtschaft liebt junge konsumfreudige Großstadt-Singles, Hauptklientel der Körpermagazine.“
Wie gehabt: Das marktwirtschaftliche System muß sich erhalten. Das heißt die Binnennachfrage muß stimmen. Konsumwerte müssen also auf irgendeine Weise zum konsumieren anregen. Sie setzen Ziele, die durch Konsum erreicht werden können und diese Ziele werden immer wieder erneuert, damit sie wirksam bleiben. Diese Ziele sind so konstruiert, daß ich etwas leisten muß um sie zu erreichen. Der Markt verlangt nach Ausdifferenzierung, dies verstärkt die Tendenz zur Individualisierung, was wiederum die individuelle Verantwortlichkeit für den persönlichen lebens-Erfolg erhöht und somit den Leistungsgedanken befeuert. „“In demselben Maße gewinnt individuelles Leistungsdenken an Bedeutung, so daß man sagen kann, daß die Leistungsgesellschaft mit ihren Möglichkeiten der (Schein-) Legitimation sozialer Ungleichheiten sich in Zukunft erst in ihrer ganzen Problematik entfalten wird.“
Daraus entsteht kein einheitliches Weltbild, aber eine grundsätzliche Gerichtetheit von Verhaltensweisen, die so hinsichtlich spezieller Erfolgskriterien bewertet werden können - je nach Milieu unterschiedlich.
Es ist eine paradoxe Situation, ein Teufelskreis, der unsere Konsum-Kultur antreibt und zu keinem Ende kommen läßt. „This is the context of consumer culture: it floods modernity with a torrent of values, meanings, selves and others, both filling in the cultural deficits of the modern world and constantly intensifying and exploiting them.“ Ein perpetuierender Kreislauf, der nie zum Stillstand kommt und zu einem sich immer wieder erneuernden und damit selbst erhaltenden System wird. In diesem Sinne könnte man Konsum und die damit verbundenen Strukturen als autopoetisches System bezeichnen. „Das Konzept der Autopoiese beschreibt den selbstbezüglichen Prozeß, durch den lebende Systeme ihre Gestalt erhalten und aufrechterhalten. Die Handlungen, Tätigkeiten, Wirkungsweisen eines lebenden Systems wirken auf es selbst zurück. Das lebende System selbst, nicht die Umwelt oder irgendwelche Ursachen in der Umwelt, sorgt dafür, daß es seine Form erhält und behält. (...) Nicht nur körperliche Prozesse, sondern auch das Verhalten, die Wirklichkeitskonstruktionen eines Menschen und sein soziales System lassen sich jeweils als autonome, operational geschlossene und selbstorganisierende Systeme beschreiben.“
Werbung als Autorität?
Die Auflösung der traditionellen Lebenswelt und die Pluralisierung, hinterlassen ein Vakuum an Orientierung bietenden Institutionen. Es gibt keine Autoritäten mehr, die dem einzelnen verbindlich die Welt und die Bedeutung der Dinge erklären. Medien und Konsum werden als Ersatz immer mehr zum Lebensmittelpunkt der Menschen. (Statistik!!) Die Werbung bietet sich hier als Teil einer neuen Autorität an, dem Konsumenten dabei zu helfen den Dingen Bedeutung zu verleihen.
„(...) advertising provides ‘maps of modernity’, authoritative (if unstable) ‘discourses through and about objects’ which allow us to orientate ourselves to the social meanings of things in a commercial world. Advertising thus replaces traditional authorities about such meanings (e.g. religion and custom) with a modern information system.“
Die Glaubwürdigkeit der Werbung nimmt natürlich immer mehr ab, je weiter die Konsumenten deren Mechanismen durchschauen. Was früher bei Waschmittel-Werbung noch funktionierte: Das schlechte Gewissen empfiehlt/befiehlt der nicht sauber genug waschenden Hausfrau das richtige Waschmittel, würde heutzutage der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Werbungtreibenden können nicht mehr über reine Informationsvermittlung arbeiten, da ihnen hierfür die Glaubwürdigkeit bei den Rezipienten fehlt. Der Gehalt oder die Anmutung der Werbung verlegt sich also auf eine eher emotional, ästhetische Ebene. Dies spiegelt auch in diesem Bereich eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklungstendenz wieder, die Schulze als Ästhetisierung des Alltagslebens charakterisiert hat. Die Werbung wendet sich von ihrer ursprünglichen Zweck der Informationsvermittlung ab und vermittelt dem Betrachter lediglich ‘ein gutes Gefühl’. Sie versucht also beim Betrachter ein bestimmtes Gefühl anzusprechen: dies kann über verschiedenste Arten geschehen z.B. Sex, Liebe, Humor, Action o.ä..

Reflexive Werbung
Diese Künstlichkeit ist auch die Achillesferse der Marke. Deswegen gibt es Tendenzen in Richtung reflexive Werbung. „Many of these advertisements are intertextual, openly borrowing text or ideas from other advertisements and adding a twist. Alternatively, they are reflexive, being essentially advertisements about advertising.“
Es handelt sich hier um eine Art Metakommunikation. Es geht nicht mehr darum was gesagt wird, sondern wie es gesagt wird.
Marken-Identität und Marktforschung
Ein Produkt auf den Markt zu werfen, es mit der nötigen Werbepower zu versehen, heißt noch lange nicht, daß es sich auch erfolgreich am Markt durchsetzt. Es gibt kaum noch wirkliche Produktinnovationen und wenn doch werden doch in der nach kurzer Zeit Me-Too-Produkte als Konkurrenten nachfolgen. Es handelt sich also nicht um einen Angebots- sondern um einen Nachfrager-Markt, das heißt letztendlich entscheiden die Konsumenten, was sich am Markt durchsetzt und was nicht. Dies bedeutet für die Unternehmen einen erheblichen Unsicherheitsfaktor, ein Risiko, daß sie mit Hilfe der Marktforschung in den Griff zu bekommen versuchen. Sie soll dabei helfen, das maßgeschneiderte Produkt für eine bestimmte fest zu umreißende Zielgruppe zu entwerfen. Doch die Tendenz der Pluralisierung und der Fragmentierung der Lebensumstände verringert die Wahrscheinlichkeit von homogenen Zielgruppen. Notwendigerweise wird deshalb eine über Marktforschung entwickelte Werbebotschaft verwässern. Die Botschaft der Produktidentität kann nur dann einen eigenständigen, originären Charakter vermitteln, wenn es sich um eine Kreation sui generis handelt. „(...) brand strength depends far more upon developing a unique, vivid and meaningful identity for a brand.“
Alles was an Bildern und Zeichen um das Produkt herum entsteht, muß aus ihm selbst heraus erwachsen. Dahingehend könnte man die Methoden der Marktforschung durchaus kritisch sehen. Sollte zum Beispiel der Name eines Produktes über Marktforschung ermittelt werden? Bleibt die Frage ob die Ergebnisse der Marktforschung nicht lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellen und so eine Botschaft kreieren, die verwässert und unentschieden daherkommt.. Es fehlen die Ecken und Kanten, die es kenntlich machen und dem Produkt einen Platz im Marktgeschehen zuweisen. Wie hätte etwa die Milka Kuh über Marktforschung gefunden werden können ? Wichtiger könnte sein, daß sich die, die hinter dem Produkt stehen und es vorantreiben, voll damit identifizieren. Über diese Identifikation könnte die Energie entstehen, die nötig ist um das Produkt selbstbewußt im Markt zu positionieren. Im Prinzip die Umkehr dessen was Marktforschungs-orientierte Strategien intendieren. Also nicht zu versuchen ein maßgeschneidertes Produkt für eine dafür avisierte Zielgruppe zu entwerfen, sondern ein eigenständiges Produkt das sich an niemanden bestimmten wendet. Es gibt also nicht zuerst die Zielgruppe und dann das dazugehörige Produkt sondern zuerst das Produkt und dann die Käufer-Gruppe, die sich um das Produkt zu formieren beginnt, um dazuzugehören. Dies scheint auch die einzig erfolgversprechende Strategie zu sein. Denn aufgrund der Tendenz zur Fragmentierung der Lebenswelt wird es immer schwieriger unter den Konsumenten geeignete Zielgruppen zu finden, die eine homogene Masse mit gemeinsamen Eigenschaften darstellen für die sich ein maßgeschneidertes Produkt entwerfen ließe. Da es aber einen Bedarf nach solchen Klassifizierungen gibt, werden auch immer wieder scheinbar homogene Konsumentengruppen erfunden (ABB. West Typologie o.ä.), deren Existenz in der Wirklichkeit zumindestens fraglich ist, um nicht zu sagen ausgeschlossen. „Today , however, defining the consumer has become like a Rorschach Test, the psychologist's tool, where individuals are invited to say what they 'see' in the shape of an inkblot; the idea is that what they each 'see' betrays their state of mind.“
Exkurs: Die Marke in Interaktion mit dem Konsumenten
Nach Homans schafft Kontakt Sympathie. Und wie oben erwähnt entsteht Identität hauptsächlich in der direkten Interaktion. Je stärker also die Interaktion des Konsumenten mit der Marke ist, desto stärker ist auch dessen Identifikation mit derselben. Daß Direktmarketing immer mehr an Bedeutung und Marktanteilen gewinnt sei ein Indiz (Statistik) hierfür.
Produkt-Clubs Internet
Social sponsoring
Bus-Häuschen die über Werbung finanziert werden machten hier den Anfang
„Für 150 hessische Schulen spendierte K2 jeweils 20 Inline-Skates, komplette Schutzausrüstungen und ein Trainingsprogramm für die Sportlehrer. Inzwischen lernen (...) bundesweit Kinder an 1400 Schulen mit Unterstützung der Sportartikelfirma Brems-, Fahr- und Falltechniken.“
„Ähnlich ist die Entwicklung in den Niederlanden. Fast-food-Ketten, die Klassenzimmer einrichten, oder Süßwarenhersteller, die Schulfeste veranstalten, sind im westlichen Nachbarland gang und gäbe.“

Der Konsument

Konsumtypen
Es gibt verschiedene Arten wie Konsumenten konsumieren. Es geht hier nicht darum, was sie konsumieren, sondern wie sie es tun. Hinsichtlich von Konsumtypen lassen sich z.B. im zeitlichen Wandel Unterschiede feststellen.
Karmasin unterscheidet
Gabriel und Yannis unterscheiden z.B
Interessant schien mir auch folgender Konsumtyp, wie er in einem trendigen englischen Lifestyle-Magazin beschrieben wird, das sich fast ausschließlich mit konsumorientierten Themen beschäftigt. Die Tendenz zur Pluralisierung und Individualisierung findet hier seine Entsprechung im Konsumverhalten. Die 80er mit ihrem Konsum-Protagonisten: dem Yuppie waren sehr materialistisch, während in den 90ern scheinbar eine antimaterialistisch, spirituelle Phase folgte, während sich nun zum Ende der Decade wieder ein konsumbegeisterter Typ die Bahn bricht. „This new creature is the cappie: the consumer of alternative pricey products.“ Der Unterschied zwischen Yuppie und Cappie ist folgender: Der Yuppie setzte Konsum vor allem zur Distinktion und Statusdemonstration nach außen ein. Er benutzte daher Marken, die aufgrund ihres preises Exclusivität garantierten, aber keine ausgesprochene Kennerschaft verlangten sondern auch dem Mainstream bekannt waren. Sie sollen ja gerade auch denen bekannt sein, von denen man sich unterscheiden will. Der Cappie hingegen benützt Konsum zur Selbst-Stilisierung, also eher nach innen. Die verwendeten Marken sind nicht allgemein bekannt und erfordern eine gewisse Kennerschaft.(Bild !!!) Identität bedeutet hier eine Ausdifferenzierung des Konsumverhaltens im Sinne der Individualisierung. „His clan membership is willfully small, identified by these prcise codes of consumption.“

Produkterlebnisse konstruieren narrative-Identität
„There are indeed people who exercise a good deal of self-discipline over their consumption behaviour in pursuit of the creation of something that might be described as a narrative of self.“ In der Übertragung auf seine persönliche Lebenswelt kann der Konsument die angebotenen Produktgeschichten dafür verwenden eigene Produkterlebnisse zu generieren, die seine narrative Identität aufbauen und verfestigen helfen. „However, advertising can also be used as a symbolic resource for the construction of narratives to give sense to our life history and personal situation.“
Marken helfen dem einzelnen gelungene Lebensbewältigung zu dokumentieren und dadurch seine Identität zu stabilisieren; eine Balance zwischen Vorstellung und Realität zu finden und die Widersprüche zwischen seinen einzelnen Identitätsteilen einzuebnen. Thompson bei seiner Studie mit berufstätigen Frauen: „The personally salient meanings and benefits these women attributed to goods and services arose within this narrative theme of being a balanced person.“
Wir entwerfen unsere narrative Identität auf einer Zeitschiene. Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft, die Zeit liefert die Erzählstruktur in der wir unsere Erlebnisse einordnen. Greifbare Objekte, also auch Marken können uns dabei helfen; sie markieren Erlebnisse und symbolisieren bzw. tragen Geschichte in sich. „Because meaning is dependent upon a relationship or a history that exists between an object and ist owner, objects become symbols of events, people and places.“
Marken können den zeitlichen Ablauf unseres Lebens sichtbar machen. Sie stehen für Ereignisse, die unser Leben in Abschnitte gliedern und dadurch erfahrbar und erzählbar machen. „Goods, in this perspective, are ritual adjuncts; consumption is a ritual process whose primary function is to make sense of the inchoate flux of events.“
Die Dinge die uns umgeben sind für uns also auch eine Art Archiv. „Possessions are a convenient means of storing the memories and feelings that attach our sense of past.“
Ich erzähle die Geschichte meines Lebens anhand Erlebnissen die ich mit dem verwandten Produkt hatte. Die Marke ist ein beständiger Faktor auf den ich jederzeit zurückgreifen kann, um für mich lebensweltliche Erfahrung zu konstruieren. „In this way, some material objects can become central charakters of our personal histories, without which our histories would be unthinkable.“ Es ist etwas über das ich Kontrolle habe und von dem ich aktiv Besitz ergreife. „Products are (...) increasing the participants’ sense of control;“
So erlange ich auch scheinbar Kontrolle über mein Leben und dies ist ein dringend benötigtes Gefühl, da ich in Wahrheit den meisten gesellschaftlichen Risiken hilflos ausgeliefert bin, wie Arbeitslosigkeit, Armut, Auseinanderbrechen der sozialen Bindungen usw.. Auf diese Weise kann der einzelne seine Ängste unterdrücken und der postmodernen Unübersichtlichkeit und dem dadurch drohenden Kontrollverlust entgegenwirken. Konsum befriedigt hier also ein Kontrollbedürfnis und verschafft dem Konsumenten das Gefühl Herr über sein Leben zu sein; für den einzelnen bedeutet dies einen Zugewinn an Selbstsicherheit. Lassen sich diese gelebten positiven Erfahrungen immer wieder herstellen baue ich zu der Marke Vertrauen auf. „As in human social relationships, from consistency over time develops predictability, then dependability and eventually trust in the brand.“ Die Marke ist wie eine alte Bekannte auf den man sich verlassen kann; man freut sich wenn man sie trifft z.B. in einer fremden Stadt, weil sie in mitten von verunsicherndem Unbekanntem einen vertrauten Anblick bietet. Ich weiß bei der Marke woran ich bin. So kann die Marke zum Begleiter durch das Leben werden. Auch zu Hause im Alltag ist die Marke ein Anblick der einem Sicherheit und Verläßlichkeit vermittelt. „Asone moves through one’s daily routine, there is a certain measure of reassurance in the familiar advertisements, signage and logos that one encounters.“
Mit der Marke kann man Erinnerungen und Geschichten verbinden, wie z.B. die Umstände des Kaufes. „In this way, the search for particular objects, the adventures encountered along the way, the glory and fame achieved by its discovery, these can all become part of an individuals identity.“ Erst vor kurzem erzählte mir jemand eine geschlagene Viertelstunde lang, unter welch abenteuerlichen Umständen er sein Handy erworben hatte. „A significant discovery that emerged from the data suggests that more time respondents allocated to shopping, the more they expressed attachement to the object.“
Gerade Marken, die einen Menschen seit seiner Kindheit begleiten bzw. Stationen markieren können für dessen narrative Identität eine wichtige Rolle spielen. „Consumption becomes the core Element in the rite of passage to adulthood.“ Meines Erachtens etwas sehr stark formuliert, aber vom Gedanken her durchaus zutreffend. Gerade in unserer Marktwirtschaft ist es der Konsum anhand dessen sich Entwicklungen des Individuums dokumentieren lassen. Das erste Fahrrad, der eigene Fernseher, der erste Computer, das eigene Telefon, das erste Auto usw.. Die erste größere Anschaffung kann also z.B. ein Zeichen für die neugewonnene Selbstständigkeit sein. Ich habe einen langen Zeitraum gespart, um mir die ersten selbstgekauften Paar Schuhe Marke Sisley aus dem Benetton-Laden an der Giselastraße kaufen zu können. Es blieb ein fest in meiner Erinnerung verankertes Ereignis. Gerade die Geschlechter-Identität wird durch adäquate Produkte entwicklungsgeschichtlich begleitet. Grob gesagt: Die Mädchen bekommen die Puppen, die Buben die Matchbox-Autos.
Dabei sind es nicht nur die eigenen Erlebnisse mit der Marke, sondern auch die Erlebnisse die sich in Verbindung mit der Marke mit anderen Menschen ergeben. „Through consumption activities they form relationships that allow them to share meaning and mutual support.“
Herausheben sollte man, daß meist ein bestimmtes Konsumverhalten und damit dementsprechende Produkterlebnisse der Einstellung des Konsumenten zu einer Marke vorangehen. „(...) it is often brand experience that drives attitude change, not attitude change that drives brand growth.“
Narrative Identität ist, wie erwähnt zeitlich strukturiert in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der einzelne versucht für sich und sein Umfeld positive Erinnerungen zu schaffen.Produkte können hier dazu beitragen. Mit Konsum kann man Fixpunkte in seiner Selbstnarration schaffen. Das Einkaufen mit der Familie, das Ikea-Regal aufbauen etc.. Wichtig ist für den einzelnen dabei, zu erkennen, wann Konsum kompensatorisch eingesetzt wird und zum Selbstzweck gerät. Thompson beschreibt solche Tendenzen inseiner Studie: „The participants further interpreted these products as partially compensating for gaps in the support available from their social network, such as an absence of nearby relatives or a spouse who is unable (or unwilling) to take a proactive role in day-to-day domestic responsibilities.“ (Siehe auch: Konsum und Kontrollverlust)
Markenbindung
Wie oben erwähnt, kann zwischen Marke und Konsument Vertrauen entstehen, wenn ich genügend positive Erfahrungen mit der Marke gesammelt habe. Der Konsument baut über die Interaktion mit der Marke eine Beziehung zu ihr auf. „Marketing actions conducted under the rubric of interactive and adressable communications qualify the brand as areciprocating partner.“ Innerhalb der in der Wechselwirkung zwischen Konsumenten und Marke entstandenen Bedeutung der Marke, erhält diese Zuschreibungen, wie sie im zwischenmenschlichen Bereich ebenso existieren. Und genauso wie der Vergleich mit anderen Menschen Enfluß auf unsere Identität nimmt spielen die Beziehungen zwischen den einzelnen Marken eine Rolle bei der Wahrnehmung und Einschätzung derselben. Die Positionierung der Marke im soziokulturellen Kontext ist dabei mitentscheidend ob Markenbindung entstehen kann. Welche Konsumenten in welcher Art und Weise die Marke verwenden wirkt dann wieder zurück auf die Positionierung im soziokulturellen Kontext. „Relationships both affect, and are affected by the contexts in which they are embedded.“
Markenbindung entsteht also unter anderem, wenn das Produkt für den Konsumenten mehr bedeutet als die ihm zugrundeliegenden funktionalen Kriterien. Es geht um eine emotionle Bindung an das Objekt vergleichbar zu einem anderen Menschen. „(...) a functional oject such as a bike will havbe more meaning to the individual whose self it si a part of than merely being a means of transportation.“
Wenn die mit dem Produkt verbundenen Assoziationen mir eine emotionale Verbundenheit mit dem Produkt ermöglichen, es Teil meiner Identität werden kann, besteht die Möglichkeit, daß Markenbindung entsteht.
„The potential brand loyality, accessory interest, and word of mouth of individuals who have incorporated an object (...) into their extended self provide marketing opportunities unlike those found with consumers who are only minimally self-invested in particular products.“
Beeinträchtigt wird Markenbindung, wenn Konsumenten bewußt wahrnehmen, daß zwischen den Hauptkonkurrenten am Markt kaum produktspezifische Unterschiede bestehen; Muncy nennt dies ‘Brand Parity’. „The consumer with high parity perceptions appears to be less brand loyal, more price sensitive, and less receptive to marketplace information.“
Soziale Verortung über Konsum
Wie erwähnt kann mir mein Konsumverhalten dabei helfen, mich sozial zu verorten, das heißt wie ich die Welt sehe und zu wen oder was ich mich zugehörig fühle. „The symbolic meanings of the consumer`s possessions may portray essences of her/his individuality, or reflect her/his desirable connections with others, and symbolic consumption helps the consumer to categorise his or her self in society, to ease his or her self-transitions and to achieve a sense of continuity (...)“ Ich identifiziere mich mit einer gruppe und dem dahinterstehenden Werte- und Normensystem. Dies dokumentiere ich über den Gebrauch adäquater Produkte bzw. Marken die diese Werthaltungen über ihren symbolischen Gehalt nach außen repräsentieren. „This social meaning derives from the commodity sign and the semiotic potential of goods as a key way of expression and defining group membership and group values through shared consumption symbols.“
Keller sieht dies ähnlich, erwähnt aber zusätzlich, daß Konsumverhalten auch über eine Projektion auf ein Ideales-Selbst entstehen kann und damit vor allem eine Innenwirkung hat: „As a result, consuming these brands may be means by which consumers can communicate to others - or even to themselves - the type of person they are or would like to be.“
Konsumprodukte und im speziellen eben Marken symbolisieren Identität nach außen. Sie verkörpern in anschaulicher, greifbarer Weise, was sonst nur schwer zu vermitteln ist bzw. erst durch ein direktes Gespräch geklärt werden könnte. Marken helfen dank ihrer Außenwirkung dabei diese Inhalte non-verbal zu kommunizieren. „Brands not only furnish the environment in which i live, but they also enrobe me, and by so doing, help define who i am. They help define who i am not: if i were to tell you which brands I avoid, you would learn still more about me.“
Man grenzt sich von Menschen ab und fühlt sich anderen zugehörig. Marken sind für den einzelnen Mittel um sich selbst zu lokalisieren und dies gleichzeitig für andere sichtbar zu machen. „It is the objects, and consumer goods above all, that substantiate their place in the social world. It is through objects that they relate to other people and make judgments about shared values and interests.“ Der Mensch definiert sich über seine Beziehung zu den Dingen.
Konsum hilft mir also auch dabei im stetigen Wandel meiner Identität so etwas wie Kontinuität zu symbolisieren bzw. zu simulieren. „ Nevertheless, for those included, consumption offers security to individuals by confirming their self-image.“ Konsumverhalten kann mich entlasten meine Position in der Gesellschaft zu dokumentieren und zwar ohne dies ständig sagen zu müssen. Konsum ist zum Teil nonverbale Kommunikation und das bedeutet, daß ich nach außen signalisiere, quasi öffentlich mache, was ich bin, wofür ich stehe, was Teil meiner Identität ist. „The symbolic consumption of brands can help establish and communicate some of the fundamental cultural categories such as social status, gender, age, and such cultural values as family, tradition and authenticity.“ (MC Cracken 93)
Produkte verdichten den Lebensstil, den sie symbolisieren zu einer greifbaren Orientierungshilfe, mit der die Konsumenten ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe dokumentieren können. „ A curious corollary of globalization, the accelerated movement of people, products, capital, and information, is the apparent explosion both of claims to ethnicity and expressions of subculture through consumption.“ Minderheiten können ihre Gruppen-Identität durch gemeinsam geteiltes Konsumverhalten stärken . „The creation and maintenance of subcultures is in part dependent on the ability of the group to differentiate themselves from the hegemonic ideology of the cultural whole and to maintain their subcultural identity through a shared use and interpretation of consumption-based symbols, often based on a overt relocation of symbolic meaning.“ Neben diese Minderheits-Gruppierungen, die ihre kulturelle Identität (Z.B. nationale Minderheiten-Identität) über gemeinsam geteiltes Konsumverhalten dokumentieren, gibt es Gruppen, deren identifizierende gemeinsamkeit das gemeinsam geteilte konsumverhalten, die Verwendung einer bestimmten marke ist. Diese Gruppe definiert sich nicht unbedingt über direkte Interaktion, sondern ganz generell über einen übergreifenden Verhaltenscodex, der sich aus Verhaltensweisen speist, die direkt mit dem Produkt verbunden sind oder sich aus dem von dem Produkt symbolisierten Lebensstil herleiten. Subcultures of consumption nennt man solche Gruppen in der Ethnographie (Schouten, 95). „A subculture of consumption comes into existence as people identify with certain objects or consumption activities and, through those objects or activities, identify with other people. The unifying consumption patterns are governed by a unique ethos or set of common values.“ Das Produkt fungiert sozusagen als eine Art „Ikone“, als Referenz-Symbol über das sich Gleichgesinnte hinsichtlich einer bestimmten Lebenshaltung und dem damit verbundenen Lebensstil identifizieren. „Commitment to key brands and product usage behaviors may de held with religious intensity, even to the point of elevating certain brands to the status of icons.“ In abgemilderter Form gilt dies auch für Mainstream-Konsumenten-Gruppen. Der Besitzer eines BMWs wird sich dabei möglicherweise als Mitglied einer leistungsbereiten mittleren Oberschicht sehen, das seinen gesellschaftlichen Erfolg durch ein sportliches Auto der Oberklasse dokumentiert und die damit verbundene junge und dynamische Lebenshaltung unterstreicht; als aktives Mitglied im BMW-Fahrer-Club wird die Marke möglicherweise immer mehr in die Kernbereiche seiner Identität vordringen und damit zu einer Art Selbstzweck. (MARKTFORSCHUNG nachschauen!!!!)
Diese marktinduzierte ‘HyperCulture’ (Askegaard und Arnould 1998) überspringt nationale Grenzen und schafft Gemeinsamkeiten über die Identifikation mit einer Marke jenseits kultureller Unterschiede. „In other words, the essence of hyperculture is that it sustains new cultural identities through consumption of marketized and commodified cultural forms.“
Der Grad der Identifikation erweist sich dabei als die Schnittmenge der Verhaltensweisen die im weiteren Sinne mit dem Produkt in Verbindung stehen und der Gesamtheit aller zur Verfügung stehenden Verhaltensweisen.(Grafik!) Hundertprozentige Übereinstimmung bedeutet hier totale Identifikation mit dem mit dem Produkt verbundenen Lebensstil. Shouten beschreibt dies am Beispiel von in Clubs organisierten Harley-Besitzern folgendermaßen: „Outlaws with full club membership constitute a hard core that is absolutely committed to the club's ideology, bylaws, norms, and welfare.“ Diese krasse Form dürfte aber eher die Ausnahme bilden. Meistens ist es wohl doch so, daß das Produkt den Lebensstil begleitet und nicht umgekehrt. Aber gerade an solchen Extrem-Beispielen kann man deutlich die grundlegende Wirkrichtung von identitätsbildenden Konsumverhalten erkennen. Gerade weil es immer schwieriger wird Konsumenten über Kategorien wie Alter, Geschlecht Beruf o.ä. zu klassifizieren, betont Shouten die allgemeine Tragfähigkeit seines Konzeptes der „Subcultures of consumption“. „The concept of the subculture of consumption is robust enough to encompass virtually any group of people united by common consumption values and behaviour.“
Ein ähnliches Konzept verfolgt Baumann mit seinem von ihm eingeführten Begriff der „neo-tribes“. Wie traditionelle Stämme unterstreichen sie ihre kollektive Identität durch Distinktion von anderen Gruppen. Der augenfälligste Unterschied zu traditionellen Stämmen dürfte sein, daß die Zugehörigkeit nicht automatisch durch Geburt erfolgt sondern ein aktiver Prozeß ist. „Wether excluded or included, membership of the pre-modern tribe was seldom a matter of individual choice; in contrast, neo-tribes are formed by a multitude of individual acts of self-identification.“ Die Zuschreibung erfolgt nicht automatisch und bleibt erhalten, sondern muß immer wieder aufs neue bewiesen und bestätigt werden. Die Grenzen von Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit sind fließend. Man könnte von Verdichtungen von bestimmten adäquaten Verhaltensweisen sprechen. Es gibt keine Autoritäten, die den Zugang erlauben oder verbieten. Das richtige konsumverhalten ist Erkennungsmerkmal und einzige Zutritts-Bedingung. „Membership does not require an admission procedure; neo-tribes exist solely by virtue of individual decisions to sport the insignia of tribal allegiance.“ Der einzige der hier verbindliche Richtlinien vorgibt ist der Markt.
Da es sich hier um eine fließende Struktur handelt, ist es auch schwer diese mit traditionellen sozialwissenschaftlichen Begriffen zu kategorisieren. Man könnte eher von einer Art Kunst der Selbst-Stilisierung von Identität sprechen, die auch abgetrennt sein können von räumlicher nähe zu anderen Mitgliedern, also ohne direkte Interaktion auskommen. „The role of aesthetics (...) is visible in the practices of self-fashioning adopted in contemporary tribes, practices in which the individual fashions or creates his or her own self-identity as if it were an artwork.“ Konsum kann hier also Zugehörigkeit suggerieren ohne direkte Interaktion. Für den einzelnen könnte das bedeuten der Verantwortung und den Schwierigkeiten direkter persönlicher Beziehungen aus dem Weg zu gehen und sich mit dem Surrogat von sozialer Nähe zufrieden zu geben ohne die langfristigen negativen Folgen zu begreifen, die sich für ihn und auch für sein Umfeld in Wechselwirkung ergeben. Das driften innerhalb sich ständig verändernder gesellschaftlicher koordinaten, wie Sennett es an seinem Protagonisten Rico deutlich gemacht hat. Die Verweigerung von gegenseitiger Verantwortung und das Leugnen von bestehenden Abhängigkeiten markieren hier die negativen Entwicklungen die mit Konsum verbunden werden können, das Risiko. Diese locker und unverbindlich aggregierten sozialen Gebilde können die durch die Auflösung der traditionellen Lebenszusammenhänge entstandenen Lücken nicht füllen. Der Versuch diese Lücke auf diese Weise schließen zu wollen zeigt nur den Bedarf an. Die Chance die Konsum bieten kann ist, daß hier über Konsumverhalten Gemeinsamkeiten und soziale Kontakte hergestellt werden können. Wie oben erwähnt sind soziale Nähe und direkte Interaktion unabdingbar für erfolgreiche Identitätsentwicklung, nur so kann Authentizität erzeugt werden. „Im Erwachsenenleben ist eine ‘in gesundem Sinne selbständige Person’ in der Lage, sich auf andere zu stützen, ‘wenn die Situation es erfordert’.“ Konsum, nicht zum Selbstzweck pervertiert kann hier eine nützliche Funktion übernehmen. Bestehende Beziehungen zu festigen und darüber hinausgehend Identitäterweiternde neue Zugehörigkeiten zu entwickln. „In other words, consumer culture provides an important context for the development of novel relationships of individual self-assembly and group membership.“
Aber aufgrund der Tendenz der Individualisierung und der damit einhergehende Fragmentarisierung der Lebenswelt kann durch dieses Konzept auch nur eine Teilidentität des Postmodernen Selbst erklärt werden. es dürfte schwierig sein hier neue wirklich trennscharfe soziale Kategorien zu entwerfen. Sinnvoller wäre es möglicherweise, wie oben erwähnt, von Schnittmengen von konsumorientierten Verhaltensweisen zu sprechen über die der einzelne Teilidentitäten seines selbst formiert. Denn, um beim obigen Beispiel zu bleiben: vielleicht ist der BMW-Fahrer auch noch Veganer, wobei das dazugehörige Konsumverhalten auch einen Teil seiner Identität mitbestimmt. Je differenzierter, desto weiter ließe sich dieses Spiel treiben.
Passung der Marken-Identität
Wenn der Konsument ein Produkt über die Medien, Werbung oder sein soziales Umfeld wahrgenommen hat und er glaubt, daß es für ihn in Frage kommen könnte, kommt es in der Folge zu Probe-Passungen. Dies geschieht über Visualisierungen im intermediären Raum, also in der Vorstellung des Konsumenten. Hier wird das Risiko eines Kaufes mit den damit verbundenen negativen oder positiven Folgen abgeschätzt. Die mit der Marke verbundenen Assoziationen liefern dm Konsumenten hier Orientierungshilfen und damit Entscheidungskriterien bei seiner Wahl. „ The behavioral aspects of brand strength (e.g. brand loyality) are, in large part, manifestations of the favorability of the associations consumers hold toward a brand and how confident they are in using these associations to facilitate decision making.“
Erscheinen die Veränderungen die sich durch einen Kauf ergeben für den Konsumenten in seiner Vorstellung als erstrebenswert, wird er versuchen weitere seine Entscheidung unterstützende Argumente zu finden.
Im Zusammenhang mit der hier behandelten Thematik, könnte ein Kriterium für eine gelungene Passung das Zustandekommen von kongruenter Kommunikation sein. Wenn ich also einen Teil meiner Identität (situationsspezifisch und kontext- bzw. systemabhängig) über Konsumverhalten illustrieren will, sollte dies in authentischer Weise geschehen. Diese Form der non-verbalen Kommunikation muß im Einklang mit der verbalen Kommunikation und der gelebten Realität stehen. Nur wenn die ‘Gesamt-Kommunikation’ in sich stimmig ist, wird mir der Imagetransfer gelingen und ich erkennbar Identität gewinnen, andernfalls könnte es zu einem Bruch in der Identität kommen.
Ein Beispiel für einen mißlungenen Imagetransfer: Die Zuschreibung des sozialen Umfeldes erfolgt nicht in der vom Konsumenten erwünschten Weise:
Im August 1994, als Lothar Kuzydlowski im Lotto 3,9 Millionen Mark gewann, sich, begleitet von der deutschen Boulevardpresse, einen roten Lamborghini kaufen ging. An seiner Goldkette baumelte das Kürzel „LLL“: für Lotto, Lothar, Lamborghini.

Lotto-Lothar und sein Lamborghini.
Authentisch oder nicht?
Konsum-Attribute müssen auch vom Umfeld zugeschrieben werden, damit sie identitätsstabilisierend wirken. Der Spiegel umriß das Problem :
"Weil einer wie er nicht weiß, wie man eine Forelle ißt, immer zuviel trinkt und auch sonst keine Manieren hat. Weil einer wie er eine Kette trägt, auf der dreimal der Buchstabe "L" steht ("Lotto, Lothar, Lambo"), und auch sonst keinen Geschmack hat. Weil einer wie er nur selten ein Buch liest, nur Simmel und Jerry Cotton, sein größtes Idol John Wayne ausspricht, als handele es sich um einen Chinesen: Yon Wein. Und auch sonst keine Bildung hat. Weil einer wie er für Liberale, CDU-Freunde und SPD-Lehrer, kurz, für die große Koalition deutscher Mittelstands-Bonvivants nie mehr sein wird als armer, reich gewordener Abschaum: ein Sozialfall mit Millionen." Gut man könnte dem Spiegel entgegenhalten: Zu so einem Proll passt ein "Lambo" hervorragend, aber wenn sein Motiv war, durch den Kauf mehr gesellschaftliche Anerkennung zu erhalten oder gar aufzusteigen, könnte man das Projekt wohl als gescheitert betrachten. Helfen würde hier ein qualitatives Interview über die genaue Motivstruktur von Lotto Lothar. Leider nicht mehr möglich, denn er hat sich schon totgesoffen. Mit Bier
Wenn sich jemand als treusorgende pflichtbewußte Hausfrau versteht, könnte im situationsspezifischen Kontext Haushalt/Familie der Kauf eines Fertiggerichtes also ein Kommunikationsakt sein, der zu einem Bruch in der Identität führt. Hier geht es dabei um Identitätsteile, die dem einzelnen wichtig sind und deshalb nach außen kommuniziert werden sollen. Aaker spricht deshalb von: „(...) schematic traits, defined as the set of personality traits held to be extremely descriptive of and important to a person(...)“
Der einzelne versucht die Vorstellung, die er von sich hat - sein Selbstbild- gegenüber seinem Umfeld zu kommunizieren. Über das Feedback das er dazu erhält kann er Identität generieren. Marken können dem einzelenen dabei behilflich sein dieses Bild das er von sich hat nach außen zu tragen. „It is proposed here that brands, according to their associations with a specific set of personality traits, are an additional vehicle that consumers use for such self-expression. Therefore, individuals who are schematic versus aschematic on a particular personality dimension should have a greater preference for brands that are highly descriptive on that personality dimension, a process referred to here as ‘self congruity’.“ Was sich in ihrer Studie bestätigt. Inwiefern man es jetzt Selbst-Kongruenz, Authentizität oder auch Dissonanzreduktion nennen mag; in jedem Fall geht es bei dieser Art Konsum darum, ein in sich stimmiges Bild nach außen zu liefern. „To minimize a dissonance associated with a purchase, the consumer must achieve a consistent self-image by buying the right products from the right manufacturers at the right stores.“ Dissonanzreduktion bedeutet hier, daß ich versuche Marken zu kaufen, die zu meinem Selbstbild passen. Das Bild, das der Konsument in diesem Fall von sich durch sein Konsumverhalten nach außen trägt, soll in sich stimmig, soll kongruent sein. Heath sieht dies ähnlich: „(...) consumers who perceive the product image to be consistent with their actual self-concept are likely to feel motivated to purchase and consume that product. This occurs because the greater the congruity of self-concept with a particular product, the greater the likelihood that the product will satisfy a consumer.“
Im Sinne des inneren Teams gibt es hier dann verschiedene Repräsentanzen die situationsspezifisch verschiedene Identitätsteile repräsentieren und dementsprechendes Verhalten nach sich ziehen. In verschiedenen Situationen lege ich ein spezifisches Rollenverhalten an den Tag, was wiederum mein Konsumverhalten in diesem Zusammenhang beeinflußt, wie oben erwähnt ist Identität situationsspezifisch. „A person’s self-image can vary with the particular role being assumed at the moment. The significance of this phenomenon is that the interaction of the person’s self-concept and role may exert some influence on his purchase bahavior.“
Die Ergebnisse der Studie von Aaker bestätigen die Situations-Gebundenheit von Konsumverhalten beim Einsatz von Marken-Images als identitätsbildender Faktor. „However, this research suggests considerable influence of situational cues on behavior even with an individualist culture.“
Den betrachteten westlichen marktwirtschaftlichen Gesellschaften liegt tendenziell eher eine individualistisch ausgerichtete Wertorientierung zugrunde. Man könnte also annehmen, daß sich diese haltung auch generell auf das Konsumverhalten niederschlägt. Aber auch hier zeigt sich, daß Konsum zielgerichtet und sehr situationsspezifisch motiviert ist. „“(...) people do not always behave in a strict individualistic or collectivistic manner, but rather exercise individualistic and collectivistic behavior depending on their motivational goals associated with purchase.“
Die verschiedenen Identitätsteile können im jeweiligen Kontext als authentisch wahrgenommen werden auch wenn sie einander möglicherweise widersprechen. Während die Hausfrau im Kontext der Familie pflichtbewußt und fürsorglich erscheinen mag, sieht sie sich im Rahmen ihres Damen-Kegelclubs eher als gesellig und ausgelassen und dokumentiert dies durch den Konsum von Asbach-Uralt-Rüscherl und den Besuch der Chippendales. „In other words, the impact of the social situation on a person’s behavior is mediated by situational cues, which are stored as cognitive representations in memory.“
Identität ist wie erwähnt situationsspezifisch und damit in verschiedene Teilidentitäten gegliedert. Es ist also nahezu unmöglich, die ganze komplexe Identität eines Menschen über ein einziges Produkt zu repräsentieren. „(...) rather than a single product or brand representing all of one’s self-concept, only a complete ensemble of consumption objects may be able to represent the diverse and possibly incongrous aspects of the total self.“
Produkte werden situationsspezifisch unterschiedlich kommunikativ verwendet. „According to the type of situation, consumers may have different perceptions of their self as they seek particular brands for specific situations to match their situational self-concepts.“
In manchen Situationen werde ich mehr Wert bzw. Augenmerk auf mein Konsumverhalten legen. Es sind dies Situationen, wo ich mich beobachtet fühle, bzw. wo ich mir der Signale, die ich aussende bewußt werde. Wo ich von meinem Umfeld akzeptiert werden möchte und versuche einem Image gerecht zu werden. „In situations where consumers become more conscious of their self, so they are more likely to compare their self against standards of correctness or against reference values.“
Verschiedene Konsumenten verwenden die gleiche Marke auf unterschiedliche Weise. Marken werden kontextabhängig unterschiedlich genutzt; es muß also nicht zwangsläufig eine Image-Kongruenz zwischen Konsument und Marke bestehen. Heath dazu: „(...) The research results question the generalisability of self-concept and image congruence theory and do not support the idea that owners of competing brands will always have significantly different self-concepts.“
Auch in der Studie von Fournier wird die Bedeutung der Image-Kongruenz als alleiniger Indikator für die Marken-Wahl bzw. Markenbindung in Frage gestellt. Wie auch Gabriel und Lang herausstellen gibt es für die Markenwahl die unterschiedlichsten Ziele bzw. Motive. „As the data so vividly illustrate, consumer-brand relationships are more a matter of perceived goal compatibility than congruence between discreet product-attributes and personality trait images.“ Produkte müssen nicht zwangsläufig im Sinne einer kongruenten Kommunikation verwandt werden. Es kann durchaus auch sein, daß man versucht über Den Kauf einer Marke einem Ideal-Bild oder Image gerecht zu werden. „It should also be noted that consumers may not want to express themselves in a purchase, but rather project an image that is seen as desirable to others.“
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es eben ‘interindividuell und intraindividuell’ ganz unterschiedliche Nutzens-Orientierungen auch in Bezug auf ein und dasselbe Produkt. Wie ich es kommunikativ verwende bzw. ob ich es überhaupt kommunikativ und in diesem Sinne unter Umständen identitätsbildend verwende kann sowohl zwischen einzelnen Konsumenten, als auch situationsspezifisch unterschiedlich sein.
„That one brand often fits multiple thematic categories for the same or different consumers reveals the fluid and polysemous nature of goal-derived brand categories.“
Auch Belk bestätigt in seiner Studie die Zielgebundenheit und situationsspezifische Unterschiedlichkeit von das Selbst-Konzept betreffenden Konsums. „In the context of self concept, the goals of an individual could be to maintain (actual self concept), enhance (ideal self concept), or project a certain self concept to significant others (social self concept). (...) Given the variation in goals, we may expect the differential role of self concept to vary over individuals, procuct categories and situations.“
Wie ich oben schon ausgeführt habe werden die Menschen immer mehr von den traditionellen Zwängen befreit, aber dafür entstehen neue Zwänge; eben unter anderem im Bereich des Konsumverhaltens. „The follies of those who assume images above their station, those who seek to deceive others with cheap imitations or those who deceive themselves with studied and affected life-styles attract the same ridicule and censure today as they did in the age of Molière’s Bourgeois Gentilhomme, the classic statement of a man who makes a fool of himself by seeking to give the appearance of one above his station.“ Das Umfeld übt so bei jedem kommunikativen Konsumakt Kontrolle über dessen Authentizität aus. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, daß stabile Verhaltensmuster auch im Konsum-Bereich direkte Interaktion voraussetzen. Denn: „Influence requires the opportunity for social interaction or public scrutiny of behavior.“
Letztendlich erschafft sich jeder Konsument seine persönliche brandscape bzw. brandspace. (Grafik)
Jeder Konsument legt sich entspechend seinem Selbstverständnis eine persönliche Landkarte an ausgekleidet mit Produkten die seiner Ansicht nach zu ihm passen. Jedes weitere neue Produkt muß sich hier einfügen lassen können, es muß mit dem bereits vorhandenen in Einklang gebracht werden können.(..) a consumer may decide not to buy a product or not to shop at a particular store if he feels that these actions are not consistent with his own perceptions of himself.“
Marken-Identität und Interaktion
Die gelebte Realität, also das Verhalten im alltäglichen Miteinander, hat weit mehr Einfluß auf unsere Einstellungen und damit unsere Identität, als Werbung und andere medienvermittelte Inhalte. „Thus lived experience with a brand, through purchase and usage over the life cycle, will tend to dominate the mediated experience of advertising, and both forms of experience will be validated through social interaction, particularly for brands with social-symbolic positioning.“ Die Marken-Identität erfährt also in dem jeweiligen sozialen Kontext eine Bewertung, an der sich der einzelne beteiligt, teilweise diese übernimmt, teilweise interpretativ eine eigene Bewertung neu erstellt. Die Inhalte der Massenmedien und damit auch die Werbung sind allgegenwärtig und finden daher auch Eingang in die alltäglichen interpersonalen Diskurs. Auf diese Weise entfalten sie auch auf diesem Weg ihre Wirkung. Werbung wirkt also sowohl direkt, als auch bereits interpretiert über Dritte auf uns ein. Unser Bild von der Marke ist kein festes und wir erstellen es in einem fortlaufenden Prozeß immer wieder neu her und zwar so wie wir aufgrund unseres soziokulturellen Hintergrundes unsere diesbezüglichen Wahrnehmungen verarbeiten. Die Inhalte der Werbung spielen also auch in der alltäglichen Interaktion eine Rolle. Dies erfordert von den Einzelnen auch, Kenntnis von den Werbeinhalten zu haben, die in meinem sozialen Umfeld Gesprächsgrundlage und damit auch Grundlage für den Aufbau von Identität sind. Ich muß die Marken-Codes beherrschen, um an den dazugehörenden Diskurs teilnehmen zu können. In welchem kulturellen Kontext steht die Marke, wie sehen die Konsum-Rituale aus, in welchen Zusammenhängen benutze ich die Marke und in welchen nicht, bzw. was ist diesbezüglich tabu? Das ist gerade dann der Fall, wenn Marken und Marken-Werbung es schaffen, Ausdruck oder Träger eines herrschenden Lebensstils zu werden, wenn hier Gemeinsamkeiten und Identität über die Marke hergestellt werden, wenn die Marke Grundlage von Gesprächen und Auslöser sozialer Interaktion ist. Denn nur hier wird aus dem medial vermittelten Bild der Marke das konkrete Marken-Bild, das für das einzelne Individuum eine erkennbare Bedeutung gewinnt und das kommuniziert werden kann. „Until meanings from mediated experiences of advertising, have been subjected to discursive elaboration in a social context, and interwoven with behavioural significations derived from lived experience with the brand, they remain viscous, liable to be rejected or just forgotten. Only after this discursive elaboration can symbolic meanings be fully concretised (...)“
Richte ich mein Konsumverhalten nach Bezugsgruppen, die nicht meinem direkten Umfeld entsprechen, d.h. mit denen ich keinen Kontakt habe - sprich einer Fremdgruppe, können Kommunikations-Störungen auftreten. Ein Beispiel: Ich lese in der I-D, einem englischen Szene-Magazin, daß die Adidas Samba momentan sehr angesagt sind und ich kaufe diese. In meinem Fußballverein sind Adidas Samba aber stinknormale Hallenfußballschuhe und nicht weiter der Rede wert. Der im anderen Kontext erstellte Code - die Botschaft - wird nicht verstanden. Kommunikation ist das, was ankommt. Gerade wenn ich Konsum als non-verbale Kommunikation sehe, muß ich darauf achten, ob der mit dem verwendeten Zeichen verbundene Inhalt auch von meinen Partnern so verstanden wird wie ich das will. „in order for any object to function as a symbol, there must be a shared reality among consumers which leads to styles of consumption and the creation of specific social identities for subcultural groups.“
Ein Kommunikationsakt den niemand sieht bzw. niemand versteht kann keine Wirkung erzeugen und so auch nicht auf mich identitätsbildend zurückwirken. Wenn ich Kommunikation betreibe, die keiner in meinem sozialen Umfeld versteht isoliert mich das. Kann ich also letztendlich keinen Kontakt zur Bezugsgruppe herstellen, kann dieser Identitätsaspekt auch nur schwer integriert werden. Gerade das Beispiel bei Schnierer auf S. 130 (Beispiel erläutern!!) zeigt doch, daß es sich bei den Nachbarn um eine Gruppe handelt mit der man in Kontakt steht. Auch wenn man vielleicht nicht miteinander redet, so ist der neue Rasenmähertraktor eine deutliche Kommunikation, die in einem ‘Spießer’-Kontext durchaus als solche verstanden werden kann; vor allem wenn ich nur einen normalen Rasenmäher habe. Es gibt im Bereich des Konsumverhaltens eben nicht nur Gruppenkonformität, sondern auch solcherart überoptimale Anpassung. Identitätsbildung geschieht auch über Distinktion. Man denke nur an die Feindschaft zwischen Golf GTI Fahrern und Manta-Fahrern. Da werden auf Manta-Treffen schon mal GTIs umgeschmissen. Aber diese Aversion/Distinktion ist ein Inhalt, ein identitätsstiftendes Element, das ich mit meiner Mitgliedschaftsgruppe teile und so kann ich es auch integrieren, was mir isoliert wohl schwerfallen würde.
Ein Beispiel bringen Blanz et al. in ihrer Studie. Ostdeutsche als statusniedrigere Gruppe mit nur geringer Chance auf Wechsel betonen stärker ihre gruppenspezifische und damit ostdeutsche Identität in Abgrenzung zur westdeutschen Vergleichsgruppe. Dies geschieht eben auch über ein Konsumverhalten, das ihre ostdeutsche Identität unterstreicht, wie man an dem Erfolg von ostdeutschen Produkten (Z.B. R 6????, Rotkäppchen-Sekt)in dieser Region sieht.
Andererseits ist Konsumverhalten im Vergleich zu anderen Bereichen geringer normiert und sanktioniert. Daher ist es gut möglich mich in meinem Konsumverhalten von meiner Mitgliedschaftsgruppe abzugrenzen, ohne gleich isoliert zu sein. aber dieser Kommunikationsakt muß von meinem Umfelde als solcher erkannt werden, um identitätsbildend zu wirken. Wenn jemand z.B. eine sehr rare stussy-world-tribe Jacke getragen hat, die eine Zeitlang sehr in war. War sich der Träger vielleicht sehr bewußt, daß er sich allein schon aufgrund des geringen Verbreitungsgrades von seiner Mitgliedschaftsgruppe abgrenzt; aber gleichzeitig konnte er sich sicher sein, daß der Code im Skater-Milieu verstanden wurde.
„Individuals appear to act in a manner that is consistent with the social group with which they identify. From a consumer-behavior perspective, it appears that products and brands that individuals select can be influenced by their reference groups.“
Dabei unterscheidet Childers zwischen komparativen und normativen Bezugsgruppen. Der komparativen Gruppe gehört man nicht an , würde aber gerne angehören, also eine Art Aspirations-Gruppe. „(...) socially distant reference groups can influence consumers if consumers hold favorable attitudes toward the members or activities of that group.“
Der normativen Gruppe gehört man an. Sie wirkt normensetzend, Einstellungen und Werthaltungen werden hier geprägt.
Die Identifikation mit einer ‘imaginären’ Gruppe, bzw. Aspirationsgruppe ohne direkte Interaktion, kann so etwas identitätsbildend wirken? Gabriel dazu: „individuals will identify with each other through shared life-styles or shared fantasies, their self-images temporarily shaped by memberships to imaginary clubs and societies, ‘imagined communities’, ‘invented traditions’ or ‘neo-tribes’.“ Nachdem ich oben die Wichtigkeit des sozialen Umfeldes und der direkten Interaktion für die Identitätsbildung ausgeführt habe, muß ich diesbezüglich zwangsläufig skeptisch sein, was die Integration von solchen ‘imaginären Identitätselementen’ betrifft. Okleshen und Grossbart die den Einfluß von Usenet-Gruppen auf das Konsumverhalten beobachteten kamen in ihrer Studie zu ähnlichen Ergbnissen. Je stärker ein Individuum seine Gruppenmitgliedschaft wahrnimmt bzw. empfindet und jeaktiver es an dem Gruppen spezifischen verhalten und Miteinander teilnimmt, desto stärker wird auch sein Konsumverhalten von der Gruppe geprägt sein. „Social influence is typically strongest in situations in which consumers physically observe and interact with each other.“
Etwas später konstatiert auch Gabriel: „Identity which does not command the respect of others and does not lead to self-love is quite pointless;“ Weiter unten zitiere ich im Rahmen von öffentlichen/verdeckten Konsum auch noch einmal Aaker , die den beträchtlichen Einfluß der Konsumsituation hervorhebt, also die Wichtigkeit des sozialen Kontextes für das situatiosspezifische Konsumverhalten unterstreicht. Ebenso Childers: „influence requires the opportunity for social interaction or public scrutiny of behavior.“ Auch Feltham konstatiert in seiner Studie die Bedeutung des sozialen Kontextes für das Konsumverhalten; in diesem Fall bei Studenten. „Indeed, it appears that for a variety of commonly purchased household and personal care items, the level of parental influence declines, but does not disappear. (...) From first to fourth year, the young adults surveyed purchased brands increasingly like their roommates.“
Dies verdeutlicht meines Erachtens den kommunikativen Gehalt der Marken im Rahmen des Konsumverhaltens. Denn Konsumverhalten wirkt vor allem dann identitätsbildend, wenn es nach außen wirkt, also kommunikativ ist. Das Umfeld mit dem ich am häufigsten im Austausch stehe wird also den größten Einfluß auf meine Markenwahl haben.
Aber die gemeinsame Identifikation über eine Marke setzt nicht zwangsläufig direkte Interaktion voraus. Mercedes A-Klassen Fahrer grüßen sich z.B. gegenseitig, obwohl sie keinen direkten Kontakt miteinander haben.
Ich kann mich also wie gesagt auch mit Gruppen identifizieren mit denen ich nicht in direkter Interaktion stehe. Der norm- und verhaltensbildende Effekt wird nicht so stark sein, aber es entsteht auch hier Konsumverhalten; eben auch weil Konsumverhalten vergleichsweise weniger stark normiert ist. Im Sinne der Trennung Actual-Self und Ideal-Self unterscheidet Fisher hier zwei verschiedene Motive bezüglich von Konsumverhalten. Attraktivität (Attractiveness) und Ähnlichkeit (Similarity) der komparativen Gruppe. „The patient doesn’t actually want to be the doctor, but rather sees the relationship as an important part of the self. Similar self-defining relationships may be found between fans and their favorite sports teams, students and their teachers, and clients and their consultants. (...) in each case it is the attractiveness of the target individual that leads to self-definition effects.“
Ein Beipiel im Bereich des Konsumverhaltens wäre hier die Tatsache, daß der FC Bayern in Hamburg mehr Trikots verkauft als der Hamburger SV und der FC St. Pauli zusammen.
Neben der Attraktivität ist es der Faktor Ähnlichkeit der ein Kriterium für den Grad der Identifikation darstellt.
„One factor that may offer additional insights into the process of group identification is the perceived similarity of the group to the individual. (...) The greater the number of attributes that were similar between one individual and another, the stronger the identification.“ Als der TSV 1860 München noch in der Bayernliga spielte besuchte ich regelmäßig die Heimspiele im atmosphärisch dichten und kultigen Grünwalder Stadion und kaufte mir das Hacker-Pschorr Trikot, einen Schal und sogar eine blau-weisse Strickmütze mit Bommel. Nachdem der Erfolg über 1860 kam und sie in die Profiliga aufstiegen erlahmte mein Interesse und damit auch meine Motivation adäquate Produkte zu kaufen. Die Identifikation mit dem ehemaligen Underdog-Verein als Repräsentant der Arbeiterklasse im weiteren Sinne war nicht mehr aufrechtzuerhalten. Keines der weiteren Trikots wanderte in meinen Besitz, obwohl ich die Kombination Löwen-Löwenbräeu zugegebenermaßen durchaus reizvoll empfand. Die empfundene Nähe, die Möglichkeit zur Identifikation bildet also ein Motiv für Konsumverhalten. „The results highlight the importance of group identification as a variable explaining consumption behaviors that are derived from voluntary group associations.“ (Graphik S.287)
Nähe kann indiesem Fall auch lokale Nähe sein. Wo ich wohne, was ich als meine Heimat empfinde kann ebenso einen Teil meiner Identität ausmachen. „(...) a local identity may develop from the positive feelings one receives from one’s association with the community.“ Je stärker ausgeprägt die jeweilige lokale Identität ist, desto stärker wird sie sich auch auf das Konsumverhalten der Einwohner niederschlagen. „Greater levels of community identification lead to greater levels of community consumer ethnocentrism. Greater levels of community-based ethnocentrism, in turn, result in tendency to express a preference for locally manufactured products.“ Wer sich als richtiger Münchner fühlt trinkt automatisch Augustiner Edelstoff bzw. Helles. Dieses Bier - für das so gut wie keine Werbung gemacht wird - gibt es fast nur im Raum München und weist den Trinker als echten Bier-Kenner und Lokalpatrioten aus. Wobei ich mir sicher bin, daß viele überzeugte Augustiner-Anhänger in einem Blindtest keinen Geschmacksunterschied zu anderen vergleichbaren Biermarken feststellen könnten. Hier kann dann so etwas wie eine Wechselwirkung entstehen. Ich konsumiere lokale Produkte, weil ich eine lokale Identität habe; und weil ich lokale Produkte konsumiere verstärkt sich meine lokale Identität.
Gerade bei Produkten, die sich wenig im Preis unterscheiden, kann die Herkunft des Produktes beim Kauf eine Rolle spielen - wie lantz und Loeb in ihrer Studie feststellen. „(...) when dealing with mundane, low involvement products, undifferentiated by price, the country of origin is an important variable for all respondents.“
Verdeckter - öffentlicher Konsum
Häufig wird zwischen verdecktem und öffentlichem Konsum unterschieden und dabei die kommunikative Wirksamkeit von verdecktem Konsum bestritten. Heißt das, daß verdeckter Konsum - also z.B. mein neuer Kühlschrank - nicht kommunikativ und damit nicht identitätsbildend wirken kann? Die Frage ist zum einen: welche Lebensbereiche sind heutzutage tatsächlich noch der Öffentlichkeit ausgeschlossen. Das Beispiel mit der Marken-Unterhose, das gerne zitiert wird, zieht diesbezüglich meines Erachtens nicht so recht. Zum einen trägt man modische Marken-Unterhosen heute sichtbar über der Hose und spätestens bei Sport, Fitness oder Sex wird sie endgültig sichtbar. Zum anderen wird auch die Verwendung von verdeckt benutzten Produkten im jeweiligen sozialen Umfeld diskutiert. „But even so, if a person normally chooses his soap and pares his nails for entirely nonsocial reasons the advertising industry is wildly wrong. The lonely walks may count as private hygiene, too, as long as the walker never shares his experience by speaking or writing about it.“
Und wenn jemand zu Hause im stillen Kämmerlein sein Wiurstbrot mit Senf statt mit Marmelade und den Pudding nach und nicht vor dem Hauptgericht ißt, dann sind das sozial augenscheinlich konstruierte Verhaltensweisen, die er da nachvollzieht. Und solche Konstrukte müssen irgendwann einmal ausgehandelt worden sein. Baron und Isherwood über diesen einsamen Esser: „He is sharing ain an intensely social, cultural process. so, too, is the solitary eater who unthinkingly adopts the sequential rules and categories of the wider society;“
Und sind Neuerwerbungen nicht immer auch Thema im Freundeskreis. Außerdem hängt es immer von dem einzelnen ab, ob und wie er den kommunikativen Gehalt einer Marke einsetzt. In unterschiedlichem Kontext verändert sich dieser. Eine Hausfrau (oder vielleicht ein schwuler Single mit Hausfrauenfimmel) wird dem Kauf eines Kühlschranks mehr Bedeutung beimessen und dementsprechend thematisieren, als ein Geschäftsmann, der das gleiche Gerät für seine Zweitwohnung kauft. „Offensichtlich können auch die meisten der als verdeckt eingeordneten Produkte durch andere zur Kenntnis genommen werden, sei es durch direkten Einblick oder aber über Kommunikation.“
Sinn macht die Unterscheidung lediglich, wenn man die Kommunikations-Situation als solche isoliert betrachtet, sozusagen als Momentaufnahme. Wenn ich mit meinen neuen Sneakers alleine durch den Wald laufe, wird in diesem Moment niemand meine Signale empfangen.
Die Grenzen inwieweit ich Marken kommunikativ und damit identitätsbildend einsetzte sind fließend. Ich würde also in puncto Identitätsbildung nicht von verdecktem und öffentlichem Konsum sprechen, sondern von dem Grad des kommunikativen Gehalts den die Marke in einem bestimmten Kontext für jemanden hat. Z.B. sind Computer für den einen lediglich ein Schreibgerät, das keiner weiteren Aufmerksamkeit bedarf. Für viele andere ist er dagegen ein bedeutendes Thema. Wahl des Betriebssystems, Speicherkapazität, Schnelligkeit, Peripherie u.ä. laden zu Vergleichen ein und können sich zu Glaubensfragen entwickeln. Ein Blick in die dazugehörige Fachpresse gibt einen Eindruck davon.
Illustriert wirde dieser Sachverhalt durch eine Studie von Childers und Rao, die eine Vorgänger-Studie von Bearden und Etzel bestätigen. „(...) these findings demonstrate the relatively large influence of peers for public products and luxuries. (...) Clearly, private luxuries (such as trash compactors or washing machines) are important and expensive (or at least more discretionary) products and are more likely to say something about the individual than a private necessity (such as a lamp or toothpaste) would.“
Je mehr ein Produkt bzw. Marke nach außen wirkt, desto größer ist der Einfluß meines Umfelds auf mein Konsumverhalten und kann so in der Interaktion auch einen dementsprechenden identitätsbildenden Effekt entfalten.
Es gibt eben natürlich neben der individuellen Unterschiedlichkeit der kommunikativen Relevanz von Produkten/Marken für den einzelnen auch noch eine allgemeine Tendenz bzw. eine Art generelle Übereinkunft bezüglich der generellen Stärke des kommunikativen Gehalts von Marken in unserer Kultur. Interkulturell kann dies auch wieder unterschiedlich sein. „The television has emerged as perhaps the most symbolic purchase an individual or couple makes in modern China. (...) Purchases which might be considered more symbolic in the West, such as cars or houses, are seldom possibilities in China. (...) The television is also a symbol of economic and political freedom.“
Ein Auto hat in unserer Kultur z.B. allgemein akzepiert einen höheren kommunikativen Gehlt als z.B. Salz und dabei spielt natürlich auch die Öffentlichkeit des Konsums eine Rolle. Außerdem kann der Kauf eines Produktes auch einen ganz selbstbezogenen Aspekt haben. „Recent qualitative research has shown, however, that, in line with the general decline of the ‘status seeking’ motive and the growing self-indulgence trend observed in western societies, the major force underlying luxury purchases and consumption is shifting from an interpersonal to a personal nature. More and more consumers seem to buy luxury goods more to gratify themselves than to impress others.“
Konsumnormen und Selbstwahrnehmung
Je mehr wir unsere Identität aktiv gestalten müssen, desto mehr Verantwortung lastet auf unseren Schultern, was das Gelingen dieses Projektes betrifft. Die Folge ist eine kontinuieriche Selbstbeobachtung, die teilweise narzistische Züge trägt. Wie stehe ich da. Wie komme ich rüber. „Today’s Narcissus spends endless amounts of time looking at himself in mirrors, but is not lost in self-admiration. He is not happy with what he sees.“ In dieser ego-zentrierten Selbstüberprüfung geraten die anderen zu Erfüllungsgehilfen seiner Wunsch-Identität. Es geht nicht um gegenseitiges Verständnis sondern um die bloße Akklamation oberflächlicher Kriterien, die ein erfolgreiches Dasein markieren. Die Medien sind eifrig dabei immer neue Felder des Lebens mit derlei Koordinaten festzulegen. Identitätsbildung wird zu einem Kult der Oberflächlichkeit. Am Beispiel der in dem Kapitel ‘Konsum schafft Werte’ bereits angefürten Thematik Körperkult wird dies besonders deutlich. „The state of the body is seen as a reflection of the state of ist owner, who is responsible for it and could refashion it. The body can be taken as a reflection of the self because it can and should be treated as something to be worked upon, and generally worked upon using commodities, for example intensively regulated, self-disciplined, scrutinized through diets, fitness regimes, fashion, self-help books and advice, in order to produce it as an commodity.“ Die ‘Zero tolerance’ der Nichts-ist-unmöglich Gesellschaft legt die gesamte Last gelungener Lebensführung dem einzelnen auf die Schultern. (The pursuit of happiness!!! - ein Eigentor) Die Individualisierung erhöht die Selbstverantwortlichkeit des einzelnen auch in Bezug auf seinen Körper. „Dies ist eine Sichtweise, die individuelleVerantwortung maximiert und gesellschaftlich-kulturelle Beiträge minimiert.“ Das Weltbild das von der Werbung in Bezug auf den Körper vermittelt wird greift den Körperkult auf und überhöht ihn. Das Ziel ist der perfekte Body, durchtrainiert und schlank. Je nachdem wie stark dieses Weltbild Eingang in meine subjektive Wirklichkeitskonstruktion findet und damit meine Selbstwahrnehmung beeinflußt kann dies auch negative Folgen haben. Eine Studie von Richins bestätigt, daß Werbung hier ein negatives Selbstbild auslösen kann. „Two laboratory studies demonstrated that satisfaction was lower among subjects exposed to idealized advertising images.“ Was wiederum weitergehende noch gravierendere Folgen haben kann, wie z.B. Eßstörungen wie Magersucht und Bulemie. „Eßprobleme entstehen durch individuellenVersuche, sich an das derzeitige Frauenideal anzupassen. Bulimische Frauen arbeiten beständig und heimlich daran, ihren Körper nach dem Vorbild des dünnen Schlankheitsideals zu modellieren.“ Es soll hier nicht behauptet werden, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Bulemie und dem in der Werbung vermittelten Körperideal besteht, aber das Risiko einer Eßstörung steigt je nachdem in welchem soziokulturellen Zusammenhang man hineingeboren wird. „Auffällig ist weiterhin, daß Eßstörungen fast ausschließlich in hoch entwickelten Industrienationen verbreitet sind; d.h. die von Bulemie betroffenen Frauen stammen aus den USA, Westeuropa und teilweise Japan.“ Der Markt wird immer ein Weltbild bevorzugen, daß den Konsum ankurbelt und die Wirtschaft prosperieren läßt. Wenn ich schlank bin, bin ich erfolgreich, wenn ich erfolgreich bin, krieg ich einen Job, wenn ich einen Job habe, kann ich konsumieren und wenn ich konsumiere, fuktioniert unsere Gesellschaft. „Die Schlankheits- und Schönheitsindustrie ist zu einem beträchtlichen Wirtschaftsfaktor geworden.“ Andererseits leiden nicht alle Frauen in marktwirtschaftlich orientierten Ländern an Eßstörungen. Es beeinflußen eben auch individuelle Voraussetzungen und das soziale Umfeld die Selbstwahrnehmung. Das Vorhandensein der nötigen Ressoucen könnte hier das Entstehen solcher Identitätsprobleme möglicherweise verhindern.
Weil die Identitätsbildung über Konsum so oberflächlichlich und leer ist, ja aufgrund der erforderlichen Massentauglichkeit sein muß, bedarf sie der ständigen Bestätigung. Dieser Umstand führt gerade zu einer narzistischen Grundhaltung. Im Sinne der Erlebnisgesellschaft geht es nicht mehr um das Verstehen des anderen, sondern lediglich darum ein gutes Gefühl zu haben und das möglichst schnell. Liebesbedürftigkeit und Liebesunfähigkeit prallen so aufeinander.
Dieser Narzismus ist eine übersteigerte Form des natürlichen Bedürfnisses nach Anerkennung, An - Erkennen der Identität. Nur wenn dies im Austausch geschieht ich mir wie Senntt schreibt meiner Äbhängigkeiten bewußt bin geschieht dies auf eine ‘gesunde’ Weise, wenn ich nichts zurückgebe, sondern wie narziß nur mich sehe und alle Aufmeerksamkeit lediglich aufsauge wird es krankhaft und gesellschaftlich dysfunktional.
So wird Aufmerksamkeit in unserer schnellebigen Konsumgesellschaft zu einem kostbaren, weil raren Gut um das Menschen und Medien gleichermaßen buhlen und das z.B. über Einschaltquoten marktwirtschaftlich bewertet werden kann. (Ökonomie der Aufmerksamkeit)
Da gibt es dann Ratgeber zur Kommunikationsfähigkeit zu kaufen, die einem erklären wie man dem anderen am besten vorgaukelt verstanden worden zu sein und ihm so das erwünschte gute Gefühl zu vermitteln. Im flexiblen Kapitalismus wird diese Tendenz sich verstärken, weil keiner mehr stringente Lebensgeschichten erzählen kann, Identität stark situationsabhängig und funktional ist und daher fehlende Tiefe kompensiert werden muß. Da Verstehen und Erkennen meiner Identität erfordert, daß ich für etwas stehe. „Identity is no mere life-story but a life-story which commands attention, respect and emotion.“
Aber dem postmodernen Menschen generell eine narzistische Grundhaltung zu attestieren halte ich für zu weit gegriffen. Eine übertrieben konsumkritische Sicht wie sie auch von Gabriel (S.95 f.) illustriert wird, funktioniert folgendermaßen:
1. Man hält alle für Narzisten
2. Folgerichtig müssen alle ihren Narzismus befriedigen.
3. also mißbrauchen sie Konsum um diese Befriedigung zu erhalten.
4. ergo Konsum ist suchtbildend und damit schlecht.
Voraussetzung für diese Argumentation ist, daß man die Konsumenten für uneinsichtig genug hält, um zu glauben, daß sie über Konsum eine tragfähige Brücken zwischen ihrem Idealbild und dem ‘aktuellen Selbst’ bauen können. Und gleichzeitig dem Konsum ein Suchtgefährdungs-Potential vergleichbar dem von Kokain unterstellt, wie bei Lasch geschehen. Derlei konsumkritischen Sichtweisen hält Gabriel selbst an anderer Stelle folgendes entgegen: „Consumers have proved that in spite of the best efforts to constrain, control and manipulate them, they can act in ways which are unpredictable, inconsistent and contradictory.“
Man sollte weder die Augen vor möglichen Problemen verschließen, aber auch nicht auf diese Art die Lösung dieser Probleme von vornherein ausschließen.
Wie oben bereits erwähnt kommt es hier darauf an die nötige Kompetenz zu entwickeln, daß die idealisierten und unrealistischen Darstellungen in der Werbung keinen negativen Effekt auf den Betrachter ausüben und zu Selbstzweifel führen. „Several processes may be employed to circumvent such dissatisfation. One possible process could be that of using perceptual processes to reinterpret idealized advertising claims within a more deflated perspective and relying more on comparisons against actual self rather than ideal self.“ Der Konsument muß hier lernen das Zeichensystem der Werbung zu dechiffrieren. Dies sieht auch Richins so: „Ads are not taken literally; the consumer is equipped with his own criteria, and subtracts automatically from the pictures of felicity and luxury with which smile at him from the billboards.“


Konsum und Kontrollverlust
„Desires are also dangerous, both because they are often transgressive and because they threaten a loss of control.“ Belk et al. Fanden fanden kulturübergreifend Metaphern für den Bereich Konsum, die sich sprachlich von den Themen Hunger, Sex und Sucht herleiten ließen. Bereiche, die stark von Gefühlen bestimmt werden und in denen der Mensch bedroht ist die Kontrolle über sein Verhalten zu verlieren.
Die Beliebigkeit der Lebensentwürfe in der pluralisierten Gesellschaft befördert wie oben erwähnt die Unsicherheit des einzelnen bezüglich seiner Identität. Die Industrie liefert hier dem Konsumenten vorgefertigte massentaugliche Identitätsangebote zur Übernahme. „Consumerism simultaneously exploits mass identity crisis by proffering ist goods as solutions to the problems of identity, and in the process intensifies it by offering ever more plural values and ways of being.“ Der Produzent will im Sinne der Gewinnmaximierung möglichst viele seiner Produkte verkaufen. Daher müssen die mit der Marke verbundenen Identitätsangebote eben massentauglich sein. Individualität bleibt hier also zwangsläufig auf der Strecke und deshalb kann diese Art der Identitätsbildung dem Individuum auch nicht gerecht werden, wenn dies dessen einzige Quelle darstellt. „The consumption of ever-novel goods becomes in some part a substitute for the genuine development of the self.“ ‘Echte’, dem Individuum in seiner Einzigartigkeit gerecht werdende Identität über Konsum zu erhalten ist mehr als problematisch zu sehen; vorausgesetzt es bleiben die einzigen Bemühungen in diese Richtung. Denn Identität kann man nicht kaufen. Der Konsument begibt sich lediglich in einen Teufelskreis. Er kauft ein Produkt, um seine Identität zu stabilisieren. Die erreichte Identität ist aber nur eine scheinbare und die Wirkung wird bald verblassen. Also kauft er wieder ein Produkt, nur um festzustellen, daß sich dasselbe wiederholt. Der Konsument manövriert sich in die Lage eines Sisyphos. Genauso geschieht es dem Gegenüber. Ich kann die Botschaften der Marken analysieren und interpretieren, aber wirklich kennenlernen kann ich den anderen so nicht. „“The more obsessively we interpret, analyse and classify others in terms of the messages emitted by their shoes, their clothes and their preferred drinks, the less we know about them.“
Erich Fromm deutet diese Zwiespältigkeit des Konsums folgendermaßen an und sieht darin einen Auswuchs einer Lebenshaltung: der des Habens - im Unterschied zum Sein. „Konsumieren ist etwas Zweideutiges. Es vermindert die Angst, weil mir das Konsumierte nicht weggenommen werden kann, aber es zwingt mich auch, immer mehr zu konsumieren, denn das einmal konsumierte hört bald auf mich zu befriedigen. Der moderne Konsument könnte sich mit der Formel identifizieren: Ich bin, was ich habe und was ich konsumiere.“ Denn die Produzenten können die von ihnen geschaffenen Marken-Codes beliebig oft durch einen neuen ablösen und der neue Nachfolger macht den symbolischen Gehalt des Vorgängers wertlos. „(...) now fashion has spread through all classes, and has speeded up in time. The possibilities are readily grasped by commodity producers able to accelerate swings of fashion as well as to differentiate goods by very minute gradients.“ Diese Methode einen Markt künstlich zu erzeugen, treibt gerade in der Computer-Branche geradezu absonderliche Blüten. Die wenigsten brauchen noch mehr Rechenleistung, aber immer wieder löst eine neue Generation die alte ab.
Für den einzelnen bedeutet dies aber auch einen Kontrollverlust. Er übergibt die Kontrolle über einen Teil seiner Identität an den Produzenten. Der Imagetransfer funktioniert nur, wenn ich mich dem Mechanismus ausliefere. Wenn ich von dem Angebot profitieren will muß ich ihm auch gerecht werden. Die Passung kann nur auf der Seite des Konsumenten geschehen, weil das Image der Marke unveränderbar ist für den Konsumenten und nur er selbst flexibel. Die vermeintlich aktive Wahl wird zu einer passiven reaktivenTransferleistung.
Andererseits könnte man diesen Imagetransfer auch als Dienstleistung betrachten für den, der zu wenig Zeit hat oder den der vor der Aufgabe eine eigene Identität zu entwickeln kapituliert. Vorausgesetzt er akzeptiert sich als Abziehbild und kann das auch noch echt rüberbringen. Die Frage ist nur ob eine authentische Passung mit einem Image aus der Massenfertigung überhaupt möglich ist. Denn so eindimensional wie hier gearbeitet wird und werden muß, kann kein Mensch sein.
Identitätsbildung über Produkte, beinhaltet ein weiteres Risiko, das Risiko des Verlustes. Sayre und Horne stellten diesbezüglich in ihrer Studie ein verändertes Verhältnis zu materiellem Besitz nach einem Verlusterlebnis in Folge einer Brand-katastrophe fest. „The porous relationship that existed between being (self) and having (objects) before the fire was transformed into a fixed relationship: possessions took on a finite value and were less important for self-definition after disaster than they had been prior to the catastrophic event.“
Kaufentscheidung und Risiko
Wie in kaum einem anderen Lebensbereich ist Konsumverhalten nur sehr gering entsprechenden Normierungen unterworfen. (..) most people are less restricted in the field of consumption than in any other part of their lives.“ Alan Warde erklärt dies zum einen durch den Prozeß der Individualisierung aufgehobenen Konformitätszwang hinsichtlich der zugehörigen Gruppe und der Informalisierung vormals rigider und festgefahrener Konsumnormen. Zu diesen, die Wahlfreiheit • ermöglichenden gesellschaftlichen Tendenzen hat Warde gegenläufige Entwicklungen festgestellt, die diese Wahlfreiheit wieder einzuschränken drohen. Gegenläufig zur Informalisierung sieht er die Stilisierung. „In addition, there is a trend that might be called stylisation, one that, by ist very nature, reintroduces a kind of discipline or regulation over both self-image and consumer practice.“ Als Beispiel nennt er jugendliche Subkulturen, die einen rigiden Dresscode und genaue Geschmacksrichtungen z.B. bezüglich Musik u.ä. ihr eigen nennen. Imagined communities nennt Warde diese informellen Gruppen, die sich über einen gemeinsam geteilten Lifestyle definieren und damit auch einen ähnlichen Konsumstil pflegen. „So, new groups with disciplined purchasing habits are emerging, smaller than classes or churches, but nevertheless observing highly regulated patterns of appropriate consumption.“ Wie oben erwähnt ist für den einzelnen gerade im Hinblick auf seine Identitätsbildung der soziale Kontakt von eminenter Bedeutung. Will ich nun zu einer Gruppe dazugehören und die Anerkennung der einzelnen Mitglieder, stehe ich automatisch unter einem Anpassungsdruck, eben auch und gerade im Konsumbereich. Da mir Isolation droht werde ich wahrscheinlich die Einschränkung meiner Wahlfreiheit akzeptieren und möglicherweise ist dann meine Kaufentscheidung auch mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. „If the correct choice creates a secure self, presumably the wrong choice entails self-destruction.“ Aber zumindest besteht das Risiko, daß eine erfolgreiche Identitätsbildung bedroht sein kann. Da es hier weniger um die funktionale Qualität des Produktes geht kann man also eher von einem sozialen bzw. psychologischem Risiko sprechen. „Perceived risk can be functional, physica, financial and psychological.“
Das hängt natürlich auch davon ab, wie sehr ich mein Konsumverhalten für meine Identitätsbildung in Anspruch nehme. Wenn ich nun in einer Gruppe Mitglied bin, bzw. mich einer Subkultur zugehörig fühle, die großen Wert auf Konsumverhalten legt und diesbezüglich wenig Toleranz zeigt, kann dies einen negativen Einfluß auf meine Wahlfreiheit haben und damit auch negative Effekte auf meine Identitätsbildung ausüben.
Diesen Effekt verstärkt die Werbung, indem sie immer neue Markenimages generiert und damit den Zwang zur Wahl verstärkt und gleichzeitig das Risiko zu eine falsche Wahl zu treffen erhöht. „Consumer culture (particularly typified in the form of advertising) increases the individual experience of risk and anxiety by offering ever more choice and images of different identities and by increasing the sense of social risk involved in making the ‘wrong choice’.“ Hier zeigt sie ein paradoxes Gesicht. Zum einen soll sie dem einzelnen seine Kaufentscheidung erleichtern, indem sie ihm eine Passung anbietet. Zum anderen erhöht sie wie erwähnt die Wahlmöglichkeiten und damit das Risiko für den einzelnen. Das erinnert an eine Psychische Krankheit (Namen finden!!!!) Eine Mutter gibt ihrem Kind vergiftete Nahrung, um es dann aufopferungsvoll zu pflegen.
Um sich aus diesen Zwängen zu befreien bedarf es der dafür nötigen Ressourcen, der Kompetenzen, die einen befähigen diese Zwänge zu erkennen.
Generell kann man wohl sagen, je stabiler, im Sinne von kohärent und balanciert, die Identität eines Menschen, desto weniger bedarf er der Unterstützung durch materielle Objekte wie zum Beispiel eben Konsumartikel. „(...) the stronger the individual’s unextended or core self, the less the need to acquire, save, and care for a number of possessions forming a part of the extended self.“
Wie verringere ich die Risiken der Wahl?
Der Konsument hat graduell eine freie Wahl, aber mit dieser freien Wahl steigt auch das Risiko eine falsche Wahl zu treffen mit all den damit verbundenen Folgen. Um diesen Prozeß zu unterstützen, versorgt die Werbung die Konsumenten mit Rationalisierungen für deren Kaufentscheidungen und hilft bei der Wahl bzw. lindert die Ängste eine falsche Wahl getroffen zu haben. Oder versucht dies zumindest. „Lifestyle advertisements, endorsement of products by well-known public personalities, the authority of scientific tests, the knowledge that a great many other people also use the same product, all these advertising ploys reassure people that choices are right and rational.“ (-Baumann!)
Das Vertrauen in die mit der Marke verbundenen Attribute kann dabei helfen die wahrgenommenen Risiken beim Kauf zu minimieren. Ich weiß was ich kaufe, wenn ich eine Marke kaufe und brauche mich nicht immer aufs neue zu orientieren. „Specifically, brands facilitate consumer decision making by providing a summary of information that, in addition to improving decision-making efficiency, also serves as a vehicle for reducing perceived risk.“
Dabei ist Werbung natürlich nicht die einzige Instanz, die dem Konsumenten seine Kaufentscheidung zu erleichtern versucht. Zeitschriften, TV, Radio, Internet usw. geben auch außerhalb der Werbezeiten Ratschläge zu Produkten und liefern so natürlich auch Legitimationen für den Kauf. „(...) consumer culture offers extensive guidance on the relation between the expanding domain of meaningful goods, services and experiences and the project of maintaining a self. This comes in the form, for example, of consumer magazines and consumerist editorials in more general magazines, but also in the form of advertising itself.“ Die Verquickung von ‘echter’ Werbung und redaktionellen Konsumententips ist in bestimmten Lifestyle-Magazinen beträchtlich und bisweilen so fließend, daß dem Leser die Unterscheidung, wenn es denn noch eine gibt, schwer fallen muß. Der Vorwurf der gezielten Manipulation mag hier nahe liegen.
Wie wir oben bereits erwähnt haben entwickelt sich Identität aber erst in der Interaktion. Daher hat diesbezüglich natürlich das soziale Umfeld den größten Einfluß auf das Kaufverhalten des Konsumenten. „Social networks, friends, peers, colleagues, family, all contribute to the decisions about what to buy, what objects mean and how they might be properly deployed.“ Dabei ist natürlich zu bedenken, daß das soziale Umfeld gleichzeitig auch wieder durch Werbung und Medien beeinflußt wird. Dies alles findet statt vor den umgebenden kulturellen Rahmenbedingungen, die ebenfalls auf alle Teilnehmer einwirken.
Konsumenten mit hohem Risiko
Falsche Identitäts-inadäquate Konsumentscheidungen können dazu führen in seinem sozialen Umfeld bloßgestellt zu werden. Wenn der einzelne sich dieser Gefahr bewußt wird, kann dies zu einer andauernden Verunsicherung, ja Angst führen, was sich wiederum auf seine Identität destabilisierend auswirkt. Diese Gefahr ist in solchen Gruppen am größten, in denen Identität bevorzugt durch oberflächliche Symbole hergestellt wird. „Anxiety is likely to be highest among those with greatest investment in self-identity as achieved through adornment.“ Je leichter erkennbar Identität wird umso besser ist sie auch kontrollierbar. Trage ich nicht die richtige Kleidung, oder kaufe die richtigen CDs usw. dann werde ich isoliert. Identifiziere ich mich über mein Konsumverhalten erhöhe ich für mich auch gleichzeitig den Konformitätsdruck, dies umso mehr, wenn dies auch mein soziales Umfeld so praktiziert. „The groups most subject to this are ones which are high in consumer cultural capital and/or most highly conformist, where pressures to uniformity are greatest.“ Die in diesen Gruppen stattfindenden Formen der Selbst-Stilisierung sind klaren Regeln unterworfen und erzeugen so eine relativ starke soziale Bindung. Stylisation umschreibt Warde, wie oben erwähnt, diese Tendenz, die der Individualisierung und Informalisierung entgegenläuft.
„The paradox arises because those for whom consumption is most meaningful, who consider their behaviour carefully, and who would suffer the most embarrassment should their decisions be wrong, are those least likely to make a mistake: for their consumption behaviour is well-informed, well-regulated and disciplined through their extensive knowledge or their close attachment to a social group. Those for whom choice matters are highly informed about the proper things to consume. Though they feel greatst responsibility for their consumption practice, their range of options is restricted and constrained. They solve the problem of anxiety by avoiding the likelihood of a mistake by their preparation and investment in knowledge (whether cognitve - or affective), which makes error unlikely.“
Gerade Gruppen die eine starke Kohäsion aufweisen können auf den einzelnen einen starken Druck ausüben. „Whilst it is clear that the adoption of shared consumption symbolism enables a subcultural group to construct and maintain their group identity and so to derive significant benefits, it is possible that at the same time, the individual is experiencing considerable emotional tension. By surrendering aspects of the self to the social group by the purchase and display of shared consumption imagery, the individual may experience painful threats to their self-identity which may be in conflict with their adopted symbols.“


Konsumenten mit geringem Risiko
„For those without a strong group or principled reference point, embarrassement is unlikely.“ Ohne die Gefahr aufgrund einer falschen Konsumentscheidung sozial isoliert zu werden, ist Konsum, was die vorliegende Thematik betrifft, auch nicht mit einem Risiko behaftet. Der Konsumenten mußt zwar aufgrund des vorhandenen Angebotes immer noch eine Wahl treffen, nur ist diese mit keinen drohenden negativen Auswirkungen für seine Identität verbunden. „In a sense, they are selecting rather than choosing, since without aesthetic principles or group instruction, they have no reason to feel any responsibility.“ Diese Gruppe/n zu lokalisieren dürfte schwierig sein. Möglicherweise Nonkonformisten, linke Konsumkritiker, Menschen, die sich aus religiösen Gründen dem Konsum enthalten, alte und kranke Menschen die sich zurückgezogen haben und natürlich auch die große Zahl derer, die aus materiellen Gründen nicht konsumieren usw. (Statistiken nachschauen!!)
Anzumerken sei hier noch, daß gerade wenn jemand betont, daß er keinen Wert auf Konsum legt, noch lange nicht gesagt ist, daß Konsum keine Bedeutung für seine Identität hätte. Denn wahlloser Konsum, der Kauf von No-Name Produkten oder eben auch der Nicht-Konsum sind Verhaltensweisen, die sich auf Konsum beziehen, so von seiner Umwelt wahrgenommen werden und somit Identitätsbildend wirken. Gerade weil es sich hier um eine Form von Kommunikation handelt und zwar um symbolische Kommunikation, kann man im Sinne von Watzlawick sagen: Man kann nicht nicht Kommunizieren.
Möglicherweise gibt es nicht viele Menschen deren Konsumverhalten derartigen Zwängen unterworfen ist, daß sie Unsicherheit oder gar Ängste empfinden. Nur markieren sie einen Extrempunkt einer Möglichkeits-Skala von Konsum-Verhaltenseweisen. Der andere Extrempunkt wären die, die tatsächlich keinen Gedanken an die Bedeutung ihrer konsumentscheidungen verschwenden also sozusagen wahllos konsumieren. Und vielleicht sind beides auch nur Konstrukte, die zur Erklärung gesellschaftlicher Wirklichkeit diene. In der Realität werden die meisten Menschen zwar keine Ängste beim Einkaufen empfinden, sich aber dennoch bewußt sein, daß ihre Entscheidung eine gewisse Bedeutung hat und demnach auch eine mehr oder weniger bewußte Wahl treffen. Wobei diese Wahl durch die gesellschaftliche Eingebundenheit des Konsumenten von vornherein eingeschränkt ist. „Obsession with the obligation to choose ignores the sense in which consumption exhibits a not inconsiderable degree of social discipline.“ ??? Bildung, Beruf, Einkommen, der Status, das sind Stichwörter die die gesellschaftliche Stellung des einzelnen markieren und Ausschlußkriterien für das jeweilige Konsumverhalten darstellen. Wobei die verschiedenen Kriterien je nach gesellschaftlicher Stellung unterschiedlich wirksam werden.
Einem Manager der mittleren Führungsebene sind schon aufgrund seiner beruflichen Stellung Konsumwelten die z.B. einen alternativen Lebensstil „dekorieren“ von vornherein etwas aus dem Blickfeld und damit auch aus seinem Entscheidungsspielraum genommen. Während einem Soziologie-Studenten aufgrund seines wahrscheinlich geringen Einkommens materiell intensive Konsumbereiche von vornherein verschlossen bleiben.
Darum möchte ich der Behauptung von Alan Warde entgegentreten, daß Konsumentscheidungen denen keine bewußte und mit allen ihren Folgen bedachte Wahl vorangegangen ist keine Auswirkungen auf die Identität des betreffenden Konsumenten hätten. Was er wiefolgt ausführt: „But that selection is unlikely to have much impact upon their sense of selfidentity because the outcome of the selection process is of little moment. Their selection is more or less meaningless. The outcome is not one for which they need to feel any responsibility - it is as if they have selected but not chosen.“ Wenn wir davon ausgehen, daß es sich bei Konsum um symbolische Kommunikation handelt und können wir daher wie oben erwähnt konstatieren, daß es nicht möglich ist nicht zu kommunizieren. Man könnte daher auch sagen: Kommunikation ist das was ankommt. Und weil es sich bei der Identitätsbildung um einen dialogischen Prozeß handelt ist es daher durchaus von Bedeutung welche non-verbalen Signale ich meinem Gegenüber vor Beginn eines Gespräches sende. Der erste Eindruck wird eben vor allem von solchen Oberflächen-Reizen bestimmt und dieser erste Eindruck bestimmt wiederum wie mein Gesprächspartner mich einschätzt was wiederum Auswirkungen auf den Gesprächsverlauf hat. Wenn ich im Prada Anzug ausgerüstet mit Handy, Labtop im BMW oder im Hirtenpulli mit Birkenstock-Sandalen und Nickelbrille auf einem alten Postfahrrad bei einem ersten Treffen erscheine wird das gewiß unterschiedliche Auswirkungen nach sich ziehen.
Konsum-Verzicht
Wie stark Konsum in unseren Alltag eingreift ihn bestimmt und welche Eigendynamik erdabei entwickelt zeigt auch das Paradox der Öko-Konsumenten. Eigentlich waren sie angetreteten, um eine antimaterialistische und antikapitalistische Weltanschauung in die Tat umzusetzen. Ihr erklärtes Feindbild war die Wegwerf- und Konsumgesellschaft, in der uns die Handels-Multis über die Supermärkte mit immer mehr unnützen Produkten „zumüllen“ und deren Verpackungswahn unsere Natur belastet. Gleichzeitig dokumentierte sich diese grüne Identität zu einem großen Teil eben über ihr Konsumverhalten und schuff auf diese Weise einen neuen Geschäftszweig. Immer mehr Öko-Läden schoßen aus dem Boden mit einer immer breiter werdenden Produktpallette. Produkte auf die der normale Aldi Kunde nicht im Traum draufkommen würde zu kaufen.
„From this point of view, it is interesting to note that some aspects of both the contemporary ethos of anti-materialism and green politics are explicitly intertwined with a politics of consumption. How one exercises the will to choose - either by choosing to purchase one good rather than another, or by choosing not to purchase certain goods at all - is still taken as an indication of who one is.“ Wenn ich mich innerhalb eines Systems befinde, kann ich nicht aus ihm heraustreten und denke damit auch in der Logik des Systems.
Konsum als Spiel
Wir haben gesehen, daß Konsum durchaus eine zweischneidige Angelegenheit ist. Er kann für mich eine Chance darstellen, aber auch zu einem Risiko werden. Wir haben oben gesehen, daß Kaufentscheidungen umso riskanter für mich werden, je mehr ich meine Identität über materielle Gesichtspunkte definiere und umgekehrt. Wenn ich nun über ein Identitäts-Fundament verfüge, das sich nicht über Konsum manifestiert, kann ich bei meinen Kaufentscheidungen viel freier agieren. „(...)the dominant Western ideal of personal identity is that it is unique and autonomous, uninfluenced by other people and socio-cultural surroundings. Idealistically, then, personal identity should be independent of material context in the sense that we are who we are no matter what we possess.“ Da wir uns aber zwangsweise mit der materiellen Kultur auseinandersetzen müssen, bleibt uns nur folgende Lösung. Wir nehmen der Konsum-Kultur ihren Stachel, wenn wir es zu einem Spiel erklären. „Baumann, one of the most insightful theorists of the intersection of consumption, identity and postmodernity, sees in consumer freedom the possibility of a healthy competition, which does not disintegrate into warfare and destruction.“
Je mehr sich die Konsumenten von den Vorgaben der Produzenten lösen entziehen sie sich deren Kontrolle und können in gewissen Grenzen selbstbestimmt konsumieren. „The unmanaged dimensions of consumption lie, not so much in the rejection of consumer nproducts, let alone in the rejection of consumption itself, but in unorthodox appropriation and uses of these products, especially in ways which express protest.“
Als Beispiel zu nennen wäre hier die Bemalung des Rolls-Royce der Beatles. Sie bemalten dieses Statussymbol der Oberschicht mit einer Art psychodelischen Farbkombination; zu deren Zeit ein Sakrileg.
So können wir die Botschaft der Produkte umdeuten indem wir sie verändern oder in einen anderen Zusammenhang als den von der Werbung intendierten bringen; die Dinge in unserem Sinn neu kombinieren. „Advertising agencies today are only too aware how deft consumers have become at subverting some sign-values, ridiculing others or appropriating others for the ‘wrong’ purposes.“ In Tecno-Kreisen waren eine Zeitlang Bauarbeiter-Signaljacken en vogue. Hier wird ein Produkt aus dem von den Herstellern intendierten Zusammenhang gerissen und in einen neuen vom Konsumenten gewollten Zusammenhang gebracht. „This ‘new existentialism’ demonstrates the ability of consumers to re-signify commodity-signs in personalised, unintended directions.“ Ritson, Elliott und Eccles kommen in ihrer Studie zu folgendem Ergebnis. „The results suggest that a double refraiming of consumption meanings take place. First, the subculture alters the symbolic meaning of Ikea to create group identity. Second, that altered symbol is again reframed by each individual member in creating the self-construct.“
Konsumverhalten sollte für unsere Identitätsbildung nicht entscheidend sein. In der Studie von Heath wird darauf hingewiesen, daß dieses Wissen in der Bevölkerung auch existiert. „For some population segments self-concept aspects with matters other than the product brand may have a greater level of importance.“
Bestimmte Themen berühren bei uns Identitätsteile, die in unserer gesamt-Identität eine größere Rolle spielen, whärend andere wie unter Umständen z.B. Konsum mehr an der Oberfläche bleiben. Jeder Mensch gewichtet hier die auf ihn einwirkenden Erlebnisse anders. „An individual can be said to have a taxonomy of social identities and the proposition has been accepted that an individual holds several identities contemporaneously and that any one may hold greater importance, depending on characteristics of the individual and the situation.“
Konsum spielt sich lediglich an der Oberfläche ab und tangiert daher auch nicht die für uns wichtigen Tiefen unserer Identität. Belk führt dazu eine Studie von Ellis aus dem Jahre 1985 an, die die verschiedenen Tiefenbereiche der Identität in folgende hierarchischer Ordnung beschreibt: „(1) one’s body, (2) personal space, (3) ingestibles, (4) territory, (5) domicile, (6) copulatory partners, (7) offspring, (8) friends, (9) tools, and (10) objects of aesthetic appeal, play and amusement, pets and mementos.“
Das heißt wir verleugnen oder bekämpfen Konsum nicht, sondern können ihm eine Rolle zuweisen, die ihm keine krankmachende Gewalt verleiht. „Possessions can be used to express, transform, even create identity, but this creation is not to be taken seriously - it is only play - and thus does not contradict the belief that we are who we are no matter what we possess.“ Wie kann ich eine solche Einstellung befördern? Dies wächst sich zu einer politischen gesellschaftsgestaltenden Frage aus. Und Identität wird immer mehr zu einem politischen Gebiet. „As it has become possible for the individual to construct personal identities in a reflexively organized environment, so identity has become a social issue, a topic for public debate, and a site of political change.“ Wenn ich eine solche Einstellung als erzieherisches Ideal propagiere, entwerte ich zwangsläufig Konsum und seine materiellen Insignien. Damit greife ich einen der Grundwerte unserer Gesellschaft an. Wenn ich jeden Tag um acht Uhr morgens aufstehe und bis um sechs Uhr abends rackere, um mir den gewünschten materiellen Wohlstand zu erarbeiten, den ich dann mit den adäquaten Konsumartikeln dokumentiere, dann bestmmt das mein Leben ganz elementar und dann wird das manchen möglicherweise schwer fallen, das Ganze zu einem Spiel zu erklären.
Auf der anderen Seite sind die wenigsten unter uns markt-determinierte Konsum-Zombies.
„We can and do reinterpret, transform, rework, reccuperate the material and experiential commodities that are offered to us; indeed; indeed we have to be capable of all this simply in order to make sense of what is on offer and to assimilate it into everyday life in either critical or conformist mode. We also deploy a wide variety of devices ironically to distance ourselves from identification with the system of goods, to make it a matter of play, into something superficial and endlessly transformable rather than deep, fixed and fixing;“
Wie verhält sich die Ressourcenproblematik dazu? Wenn ich nicht die nötigen Ressourcen habe, kann ich das Spiel letztendlich nicht mitspielen. Da ich aber dem Ganzen aufgrund meiner Einstellung nicht diese Wichtigkeit beimesse, leide ich auch nicht darunter, daß ich nicht teilnehmen kann. Gerade unter dem Gesichtspunkt, daß in Zukunft immer weniger Menschen einen Arbeitsplatz besitzen werden, wäre ein dementsprechender Wertewandel positiv zu sehen. „20 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung würden im kommenden Jahrhundert ausreichen, um die Weltwitschaft in Schwung zu halten. ‘Mehr Arbeitskraft wird nicht gebraucht’, meint Magnat Washington SyCip. Ein Fünftel aller Arbeitssuchenden werde genügen, um alle Waren zu produzieren und die hochwertigen Dienstleistungen zu erbringen, die sich die Weltgesellschaft leisten könne. Diese 20 Prozent werden damit aktiv am Leben, Verdienen und Konsumieren teilnehmen - egal, in welchem Land. “ (Gorz, Andre Globalisierungsfalle+Kritik.)
Die Möglichkeit über meinen Beruf Identität zu gewinnen fällt für immer mehr Menschen weg. „Zwei Prozent Arbeitslose, Normalarbeit als Regelfall, soziale Identität und Sicherheit qua Job: Das ist Geschichte. Doch die Politiker bringen nicht den Mut auf, die bittere Wahrheit über das Ende der Vollbeschäftigung auszusprechen.“
Außerdem wird diese Art der Konsum-Kompetenz selbst zu einer Ressource, zu einer Art kulturellen Kapital. Die Frage ist dann: Lebe ich in einem Umfeld, das es mir ermöglicht dieses kulturelle Kapital zu erwerben? Die notwendigen Ressourcen sind also Voraussetzung für den gelungenen Einsatz von Marken bei der Identitätsbildung. „Cognitively complex individuals can form more precise images of the product alternatives and of themselves, and are thus able to better match the two while forming preferences.“
Als Einwand könnte man anführen, daß jedes Spiel auch Regeln beinhaltet an die man sich halten muß. „This active sense of the term connotes that the player is not distanced from the game, but rather he or she is immersed in ist unfolding structure. To play well, a person cannot do anything he or she wants.“ Aber es geht hier auch mehr um die innere Einstellung zu Konsum und dessen Bewertung.
Resümee
Sich und seiner Umwelt Bedeutung zu verleihen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Seit der Entstehung einer Zeichenkultur mit der Höhlenmalerei hat der Mensch dieses Projekt immer weiter fortgeführt. Die Markenwelt und die ihr Bedeutung verleihende bzw. unterstützende Werbung liefern ein Zeichensystem, das es dem Menschen ermöglicht Teile seiner Identität zu illustrieren.
Verstehen alle die Idealisierungen dieses Zeichensystems. Immer mehr reflexive Werbung deutet darauf hin.
In jedem Fall gilt: Konsum ist integraler Bestandteil unserer Kultur und egal ob ich ihn ablehne oder befürworte, seine Allgegenwart zwingt jedermann zu einer Haltung. Ich muß also zwangsläufig Position beziehen und so wird Konsum in jedem Fall, eben auch in der Negation, Teil meiner Identität. Je nachdem wie der einzelne dann Konsum und das Spiel mit den Marken-Images für seine Identitätsbildung zu nutzen versteht bzw. nutzen will, wird Konsum für seine Identität unterschiedlich bedeutsam. Aber daß Konsum in unserer Gesellschaft eine Bedeutung für unsere Identität hat, steht zweifelsohne außer Frage. Gerade in einer Zeit in der Identität bedroht ist durch die Folgen der Individualisierung. Der einzelne sieht sich konfrontiert mit der Fragmentierung seines lebensweltlichen Kontextes und den damit einhergehenden Schwierigkeiten sich sozial zu verorten und dabei Identität zu gewinnen. Verantwortungsvolles und kompetentes Konsumverhalten kann dabei helfen Identität aufzubauen. „Brands can also be used to counter some of the threats to the self posed by postmodernity, such as fragmentation, loss of meaning and loss of individuality.“

Man könnte diese Fertigkeit durchaus als eine Art Kunstform sehen. Die Gefahr, daß Konsum zum Selbstzweck mutiert und damit sozial unverträglich wird, besteht wie in anderen Bereichen unserer Kultur auch. Eine Markenidentität ist eine Form kollektiver Identität, einfach aufgrund ihrer marktbedingten Massentauglichkeit und kann deshalb auch individuelle Identität niemals vollständig ausdrücken; und man sollte ihr diesen Anspruch auch nicht unterstellen. Konsumkompetenz bedeutet sich dieser Beschränkungen bewußt zu sein und Marken adäquat einzusetzen.
Setze ich die Marke also bewußt ein indem ich im Sinne einer kongruenten Kommunikation ein in sich stimmiges Bild nach außen trage oder vielleicht will ich genau das Gegenteil:bewußt falsche Fährten legen, unberechenbar bleiben, verwirren - wie z.B. Madonna oder wie Harold in ‘Harold and Maude’
Der zivilisatorisch überlebenswichtige Aggressionstrieb wird in kompetitiven Spielen ausgelebt und sublimiert. Unsere Kultur bietet hier neben z.B. Sport eben auch den Konsum an. Letztlich sollten wir nie vergessen, daß der demonstrative Konsum immer auch dazu dient Weibchen anzulocken, bzw. Konkurrenten zu beeindrucken.
Diese Verhaltensweise der Konsumenten gleiche Marken auf subjektiv unterschiedliche Art zu nutzen legt nahe, die Marke nicht auf eine nur schwer zu identifizierende Zielgruppe festzulegen, sondern eine klar identifizierbare, starke Marken-Identität zu entwickeln auf die sich dann die Konsumenten festlegen können.
„Brands can be used by the consumer as resources for the symbolic construction of the self.“
Als eine von vielen möglichen Ressourcen.
„In postmodern consumer culture individuals are engaged in a constant task of negotiating meanings from lived and mediated experience as they endeavour to construct and maintain their identity. As part of the resources for this task they utilise the symbolic meanings of consumer goods and through an understanding of the dynamics of the process of identity construction, opportunities can be identified for brands to play an important role in the symbolic project of the self.“
Hard sell wird immer mehr in der direkten Interaktion augehandelt sprich Direkt-Marketing und immer mehr auch das Internet. Zurechtschneidern eines individuellen Produktes Aushandeln des Preises usw. Custom-made products. Der Konsument kann sich im Internet seine Turnschuhe nach Farbe, Materialien etc. selbst zusammenstellen/designen.
Die klassische Werbung wird immer mehr zum Kreateur des symbolischen Gehalts der Marke. „But the increasing speed of technological change is such that there would appear to be better opportunities for developing stronger, more erosion-resistant brands, by allocating a larger share of resources to the so-called softer side of image than is currently the case.“
Werbung und Marken können Teil einer Lebens-Kunst sein. Marken werden situationsspezifisch verwandt. Es ist also besser keine bestimmte Zielgruppe im Auge zu haben und zu versuchen für diese ein maßgeschneidertes Produkt zu entwerfen. Sinnvoller erscheint es mir, dem Konsumenten mit einer starken Marke ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem er dann zielgerichtet ganz individuell seine speziellen Verwendungsmotive in Bezug auf die Martke verwirklichen kann.

Einig sind sich alle Autoren vor allem darin, daß weitere Forschung in diesem Bereich not tut.

Epilog
Die Sucht nach Individualität, die Sucht sich von dem anderen zu unterscheiden führt zum Zwang hierarchischer Distinktion und damit der Bewertung von Individuen. Erfolg und Scheitern liefern hier die Kriterien nach denen der Wert eines Menschen bemessen wird. Tiefergehendes Verstehen und damit Menschlichkeit drohen in so einem Wertesystem auf der Strecke zu bleiben. Kann man nur moralisch bleiben, wenn man sich heraushält, sich nicht die Finger schmutzig macht? Eine dialektisch Herangehensweise bietet sich hier an: Zum einen die normative Kraft des Faktischen in soweit zu akzeptieren als man nichts dagegen machen kann, zum anderen versuchen die waltenden Zwänge zu durchschauen und in seinem Rahmen etwas zur Verbesserung, Vermenschlichung der Verhältnisse beitragen.



Managerial Implications
Salience und Involvement sind die maßgebenden Richtgrößen für eine sinnvolle Werbestrategie. Die Mittel die dahinführen sind vielfältig und lassen viel Raum für eine kreative Umsetzung.
Wenn du jedermanns Liebling sein willst, bist du bald jedermanns Arschloch. Erkennbarkeit heißt auch bewußte Distinktion.
Es geht darum das Gefühl von Nähe und Gemeinsamkeit beim Konsumenten zu erzeugen und das geht nicht ohne eine klar definierte Identität, die dem Konsumenten die Identifikation ermöglicht.
Bei der Marke geht es meines Erachtens vorrangig darum eine gleichzeitig reichhaltige und trotzdem klar konturierte, lebendige, im besten Sinne organische Marken-Identität zu entwerfen. Die Mensch-Marke Analogie liefert hier eine optimale Richtlinie für ein dementsprechend strategisches Vorgehen am Markt.
„But the increasing speed of technological change is such that there would appear to be better opportunities for developing stronger, more erosion-resistant brands, by allocating a larger share of resources to the so-called softer side of image than is currently the case.“ Die emotionale Bindung der Konsumeneten an die Marke  ist bei zunehmender materieller Gleichartigkeit der Produkte eine zwingende Notwendigkeit.
„If present and potential consumers of a product are to identify with a particular group for a specific self concept, the promotional efforts must be directed to associate the product with the self concept desired by the customers.“ Um das Produkt herum muß eine authentische Lebenswelt generiert werden, die eine echte "Fankultur" ermöglicht.
Meines Erachtens ist dabei eine Bindung die auf Nähe beruht nachhaltiger, als eine die den Faktor Erfolg in den Mittelpunkt rückt. „From a practical perspective, the results suggest that sports marketers may benefit from emphasizing the similarities between the fans and their team rather than the attractiveness. (...) Promotional campaigns that ignore the need for perceived similarity between fans and their team may be ineffective even if the team’s players have aspirational qualities.“